Herr Hutter, wenn Sie jetzt im Winter an die Dreharbeiten zu „Ein Sommer in Italien“ zurückdenken, wird Ihnen da warm ums Herz?
Ja. (lacht) Man hat als Schauspieler manchmal harte Arbeitsbedingungen und lange Drehtage. Wenn man dann so ein Projekt macht, wo man in einer schönen Umgebung bei angenehmen Temperaturen drehen darf, ist das ein Riesengeschenk.
Wann haben Sie denn gedreht?
Das war im Mai vergangenen Jahres. Es war keine 30 Grad und wir hatten leider auch etwas Pech mit dem Wetter, weshalb wir den Dreh manchmal unterbrechen mussten, wenn es geregnet hat, aber dennoch war es natürlich ein um einiges wärmerer Frühling als in Deutschland.
Schauen Sie sich Ihre fertigen Filme eigentlich gern an?
Es ist zumindest für mich tatsächlich jedes Mal eine große Überraschung, wenn ich mich selber sehe. Und auch in gewisser Weise eine Irritation. (lacht) Ich muss mir wirklich aktiv die Zeit nehmen und mir einen Film anschauen, um zu sehen, ob die Idee, die ich hatte, letztendlich aufgegangen ist.
Und ich muss aufpassen, dass ich nicht zu kritisch mir selbst gegenüber bin. Ich glaube, man kann sich selber nicht objektiv anschauen, deshalb muss man versuchen, das aus der Distanz zu tun, um zu sehen, was gelungen ist und was nicht und dann ein Resümee zu ziehen.
„Ein Sommer in Italien“ ist ja ein Liebesfilm. Mögen Sie das Genre?
Ja, weil Geschichten, die sich um die Liebe und Beziehungen drehen, etwas sind, das jeden anspricht. Jeder kennt das ja auch aus seinem eigenen Leben, die Suche, das Sehnen nach einer Partnerschaft. Und das bleibt auch in Zeiten von digitalem Dating extrem relevant und aktuell.

Wie gut kannten Sie Italien eigentlich vor den Dreharbeiten?
Tatsächlich war ich im Jahr zuvor das erste Mal länger in Italien. Es ist für mich ein sehr faszinierendes Land, unglaublich reich an Kultur. Und ich finde vor allem die Menschen dort sehr beeindruckend. Wir haben ja in einer eher strukturschwachen Region gedreht, die vom Tourismus lebt.
Wir waren noch vor der Saison da, einer Zeit, als noch ganz wenig los war. Und es hat mich schon beeindruckt, wie die Leute in ihrer positiven Art ihrem Leben nachgehen, auch wenn es manchmal nicht leicht ist, Geld zu verdienen.
Ist es das, was für Sie das italienische Lebensgefühl ausmacht?
Das ist schwierig in Worte zu fassen … Bei den Dreharbeiten hatten wir ein italienisch-deutsches Team. Bei den Italienern hatte ich das Gefühl, es wird alles mit mehr Leichtigkeit und mehr Humor genommen. Und man kommt am Ende auch ans Ziel, selbst wenn es manchmal vielleicht zehn Minuten länger dauert. Die Arbeit hat sich nicht wie Arbeit angefühlt und trotzdem hat man am Ende ein Ergebnis gehabt, das fand ich beeindruckend. Das Leichte um das Arbeiten herum, das hat mir sehr gefallen.
Sie hatten einen besonderen Kollegen: den Papagei Vincenzo, der im Film Pavarotti heißt. Wie war das?
Es war am Set vor allem für die Leute vom Ton eine große Last, glaube ich. Ich habe viel mit dem Papagei gedreht, und er hat wirklich ganz viel ganz laut ausgerufen – das war für den Tonmann ganz schwierig, weil mein Ansteckmikrofron immer aufgedreht war. Sobald der Papagei gekreischt hat, war das bei ihm über die Kopfhörer bestimmt zehnmal so laut wie bei mir. (lacht)
Es war tatsächlich sehr witzig, mit dem Papagei zu drehen, aber es hat auch zu Problemen geführt. Es gab eine Szene auf dem Balkon, in der ich einen Espresso trinke – und in der Tasse war auch wirklich Espresso drin. Dann füttere ich den Papagei, er beißt mir in den Finger und ich lasse die Espressotasse in der anderen Hand fallen – es ging alles auf mein Kostüm. Und wir mussten noch weiter drehen!
Wie würden Sie denn Ihre Figur Raffaele als Mensch beschreiben?
Er ist ein junger Mann auf der Suche nach der großen Liebe. Jemand, der sich von seinem Job sehr vereinnahmen lässt. Weil er auf sich fokussiert ist, tut er sich schwer in Beziehungen, bis jemand kommt, der es schafft, ihn zu nehmen, wie er ist.

Raffaele ist Fotograf. Fotografieren Sie auch hin und wieder?
Ja, tatsächlich fotografiere ich gern, es ist ein kleines Hobby von mir. Ich habe zum Beispiel auch am Set fotografiert und dann ein Album für das Team zusammengestellt. Ich hatte ja immer eine Kamera dabei und habe dann nicht nur so getan, sondern wirklich Fotos geschossen, während wir gedreht haben. Daraus sind tatsächlich 400 wunderschöne Fotos vom ganzen Team entstanden.
Sie sind gebürtiger Schweizer und nicht weit vom Bodensee aufgewachsen, bis Sie sieben Jahre alt waren. Haben Sie noch Erinnerungen an die Zeit?
Ja, gerade auch an den Bodensee, weil wir später in den Sommerferien von Naumburg, wo wir dann gewohnt haben, immer nach Süden gefahren sind und am Bodensee gecampt haben. Mal auf der Schweizer und mal auf der deutschen Seite, wobei ich das deutsche Ufer zum Campen tatsächlich schöner finde. Und wir waren dann natürlich auch oft in der Schweiz, um unsere Verwandten zu besuchen.
Sind Sie auch heute noch ab und zu in der Schweiz?
Nicht mehr so oft, aber vergangenes Jahr war ich länger in St. Gallen, weil ich einfach mal ein bisschen die Region kennenlernen wollte, in der meine Mutter aufgewachsen ist, und auch wieder Bezug zu dem Land bekommen wollte, in dem ich geboren wurde. Weil ich in Deutschland aufgewachsen bin, schlagen doch zwei Seelen in meiner Brust.
Wie schweizerisch fühlen Sie sich denn noch?
Es gibt natürlich Prägungen. Was ich von meinen Eltern kenne, ist eine sehr große Höflichkeit. Das fällt mir auch jedes Mal auf, wenn ich wieder in der Schweiz bin. Dieses extrem Höfliche ist etwas, was ich persönlich sehr schätze, und was ich auch im Alltag in Deutschland nicht zu verlieren versuche.
Sie sind seit ein paar Jahren in der ZDF-Reihe „Die Chefin“ dabei. Gibt das Ihnen als freischaffender Schauspieler Sicherheit?
Es ist auf jeden Fall ein Geschenk, wenn man etwas Festes hat, wo man sich über einen längeren Zeitraum entwickeln kann und wo man einen sicheren Hafen hat. Das ist in unserer Branche nicht leicht, oft nicht zu wissen, was kommt. Da gibt so eine Reihe eine gewisse Sicherheit.

Sie haben einige Jahre in Baden-Württemberg verbracht. Sie haben in Karlsruhe ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht, haben in Stuttgart Schauspieler studiert und in Freiburg Theater gespielt. Wie sind Ihre Erinnerungen?
Das Erste, was mir einfällt, ist der Dialekt, der damals neu für mich war. (lacht) Und ich habe mich auch gleich wieder näher an der Schweiz gefühlt. Das merkt man sofort an den Leuten, gerade in Freiburg, und an der Landschaft.
Ihre Mutter ist studierte Pflegefachfrau, ihr Vater Bildhauer. Beide waren aber auch länger als Pastoren tätig, Sie selbst gehen noch regelmäßig in die Kirche. Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Gottesdienst aus?
Ich glaube, ein guter Gottesdienst ist ein Raum, in den ich gern reingehe, egal ob ich gläubig bin oder nicht. Wo ich mich willkommen geheißen fühle, wo ich mich auf ehrliche Art und Weise mit der Bibel auseinandersetzen kann und mit dem christlichen Glauben.
Spielt auch die Musik eine Rolle, also beispielsweise ob Orgel oder Band zum Einsatz kommen?
Das ist für mich zweitrangig, weil ich beides mag. Ein klassischer Gottesdienst kann genauso toll sein wie ein moderner. Das Format ist für mich gar nicht so entscheidend. Aber ich freue mich natürlich immer, wenn gute Musik gespielt wird. Durch Musik spürt man oft mehr und versteht auch manchmal mehr im Herzen, als wenn es nur Worte sind.
Sie sind mit dem Schauspieler Samuel Koch befreundet. Es gab mal eine Tradition bei Ihnen, die Woche mit einem gemeinsamen Gebet zu starten. Gibt es die immer noch?
Ja, die gibt es tatsächlich noch. Aber ich muss ehrlich sagen, dass es schon passieren kann, dass das zwar am Montag stattfindet, aber erst nach sieben verpassten Anrufen oder so. (lacht) Wir haben sehr unterschiedliche Arbeitsrhythmen.
Wenn ein Drehtag morgens um sieben beginnt, ist man um halb sechs aus dem Haus, dann ist es schwierig, sich zu erreichen. Es kann auch sein, dass das Montaggebet auf den Mittwoch fällt, aber ja, wir versuchen uns regelmäßig zu erreichen, einen Austausch zu haben und für die Woche und die Herausforderungen, die anstehen, kurz zu beten.