Nach dem Versuch von Gegnern der Corona-Maßnahmen, im Rahmen eines sogenannten Spaziergangs zum privaten Wohnhaus von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann vorzudringen, haben etliche Politiker aus dem Südwesten mit Unverständnis reagiert. „Die Nachricht aus Sigmaringen macht mich persönlich betroffen. Das Ausmaß an persönlichen Anfeindungen wird immer unerträglicher“, teilte der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß (Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen) mit.
„Bei allem Verständnis für politische Meinungsäußerung, hier wird eine Grenze überschritten, die nichts mehr mit Demokratie zu tun hat und nur noch Angst und Schrecken verursachen soll. Meine volle Solidarität gilt der ganzen Familie Kretschmann“, so Bareiß.
Strobl: „Das ist Psycho-Terror“
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, lobte nach dem verhinderten Aufmarsch in Laiz die Polizei. Sie habe „konsequent, klug und besonnen einen Aufmarsch von Demonstranten vor dem Wohnhaus von Herrn Ministerpräsident Kretschmann verhindert“, so der CDU-Politiker.
„Wer unter dem Deckmantel eines Aufzugs durch Städte und Dörfer irrlichtert und vor dem Wohnsitz von Politikern aufmarschieren möchte, überschreitet eine Grenze. Das ist Psycho-Terror.“ Man werde „derartige Einschüchterungsversuche“ keinesfalls dulden, sagte Strobl weiter und betonte: „Hier gilt ganz klar: Wehret den Anfängen!“
Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, Manuel Hagel, findet es „okay, wenn Menschen in unserem Land gegen die Corona-Politik der Regierung demonstrieren. Das unterscheidet uns von vielen anderen Staaten auf der Welt“. Freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht seien die höchsten Güter der Verfassung und müssten deshalb geschützt werden.
Jedes Recht habe aber auch Grenzen, jede Freiheit ihre rote Linie,so der Politiker. „Mit dem Versuch, vor das Haus unseres Ministerpräsidenten vorzudringen, haben einige Demonstranten beides überschritten. Ich finde es ein absolutes No-Go.“
Grüne sprechen von Einschüchterungsversuchen
Die Landesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen in Baden-Württemberg, Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller, verurteilten die Demonstrationen vor Winfried Kretschmanns Privatwohnsitz scharf: Protest-Aktionen vor privaten Wohnungen und Häusern von Politikerinnen und Politikern seien eine deutliche Grenzüberschreitung.
„Es handelt sich hier klar um persönliche Bedrohungs-Szenarien und um Einschüchterungsversuche gegen politisch Verantwortliche und ihrer Familien. Diese kalkulierte Einschüchterung ist erschreckend und inakzeptabel.“ Jeder habe im Rahmen des Demonstrationsrechts die Möglichkeit, seine Haltung kundzutun. „Unangemeldete Demonstrationszüge, die unter dem Tarnbegriff ,Spaziergänge‘ abgehalten werden, fallen nicht darunter. Sie sind eine strategische Selbstverharmlosung“, hieß es weiter.
Andreas Stoch, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag, verurteilte den Vorfall in Laiz ebenfalls: „Vor dem Privathaus des Ministerpräsidenten zu demonstrieren, geht gar nicht. Da geht es nicht darum, seine Meinung kundzutun, sondern um reines Machtgehabe und den Versuch von Einschüchterung.“ Wer Kritik äußern wolle, der habe viele Möglichkeiten dazu. „Wer andere belagern und bedrängen will, geht zu weit und muss in die Schranken gewiesen werden“, so Stoch weiter.