Fast täglich sterben in der Ukraine weiterhin Zivilisten durch Bomben, Raketen und Granaten der russischen Armee. Damit wollte US-Präsident Donald Trump schon längst Schluss gemacht haben und als schneller Friedensbringer in die Geschichte eingehen. Doch die Realität hat Trump eingeholt.
Russlands Machthaber Wladimir Putin hat eine Verhandlungsbereitschaft bisher nur vorgetäuscht und betreibt seine Landnahme und Luftangriffe ohne Unterbrechung weiter.
Immer lauter macht Trump seiner Enttäuschung über das Taktieren des Kreml Luft. Wie es aussieht, scheint er nicht weiter gewillt zu sein, der fortgesetzten Aggression Russlands tatenlos zuzuschauen. Zieht er die Daumenschrauben an? Waffen liefern die USA den Ukrainern wieder, die Menge müsste also erhöht werden – was man Trump daheim als Bruch eines Wahlversprechens auslegen könnte.
Was Putin beeindruckt
Einfacher wäre es, ein weiteres Paket bei den Sanktionen gegen Russland draufzusatteln. Würde das aber auf Putin Eindruck machen? Auf den ersten Blick wäre das unwahrscheinlich. Rund 40 Staaten – angeführt von den USA und der Europäischen Union – haben einen komplexen Sanktionsapparat geschaffen, dessen Anfänge auf die russische Besetzung der Krim 2014 zurückgehen.
Der fein verästelte Maßnahmenkatalog, ausgebaut nach dem Überfall auf die Ukraine 2022, umfasst inzwischen 34.000 Einzelposten, was eine übergreifende Analyse ihrer Wirkungen auf Putins Regime mehr als erschwert.
Die EU arbeitet derzeit an ihrem 16. Sanktionspaket. Aber was kurz nach der Invasion in Moskau als harter Schlag ankam und das russische Bankensystem ins Wanken brachte, hat seine Wirkung deutlich eingebüßt.
So konnte Russland seine Waffenproduktion während seines Krieges sogar verdoppeln, weil es immer darauf achtete, dass seine Lieferketten im Inland verlaufen. Nötige Halbleiter erhält es aus China, das jetzt 50 Prozent der russischen Importe liefert.
Die USA erwägen, Putins Regime an einer empfindlichen Stelle zu treffen, dem Öl. Immerhin kommen zehn Prozent der globalen Ölproduktion aus Russland, die Einnahmen sind für die Finanzierung seiner Kriegswirtschaft entscheidend. Treue Abnehmer sind die Türkei, Indien und China.
Beim Öl und Gas macht Putin noch genug Geld
Den vom Westen ersonnenen Ölpreisdeckel hat der Kreml erfolgreich unterlaufen. Durch Rabatte und höhere Transportkosten entgehen Russland zwar Öl-Einnahmen von 25 Milliarden Dollar jährlich, und auch die Verluste durch den Gas-Lieferstopp addieren sich auf 20 bis 30 Milliarden Dollar im Jahr.
Doch angesichts eines Gesamtexports von 466 Milliarden Dollar, den es 2023 einfahren konnte, kann das Putin-Reich diesen Aderlass wegstecken. Es muss an seinen Eroberungszielen in der Ukraine keine Abstriche machen, solange die Energiepreise nicht einbrechen.
Würde Donald Trump versuchen, Putins Öleinnahmen zu beschneiden, könnte dieser Schuss sogar nach hinten losgehen. Denn schon eine leichte Verknappung des Angebots auf dem Weltmarkt kann den Preis pro Barrel massiv treiben, und daran hat niemand Interesse.
Da stellt sich die Frage, ob die Wirkung der Sanktionen den Aufwand, der um sie getrieben wird, überhaupt rechtfertigt. Davon leiten ließen sich jüngst sogar Zwischenrufer aus den Reihen der CDU, die schon wieder von billigem russischen Gas aus einer reparierten Nordstream-2-Leitung träumen.
Diesen Vorstößen Raum zu geben, wäre allerdings fatal. Sanktionen wurden, seit der damalige US-Präsident Woodrow Wilson sie in den 1920er-Jahren als eine politische Waffe und Alternative zum Krieg entdeckte, nie nur aufgrund ihrer wirtschaftlichen Effekte erlassen. Sie besitzen auch eine politische Seite, die sanktionierte Staaten langfristig durchaus zu einem Kurswechsel motivieren kann.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die russische Bevölkerung wegen Inflation und Verarmung gegen Putin erhebt, geht zwar gegen Null. Aber die Sanktionen und ihre Aufhebung sind bei möglichen Friedensverhandlungen ein wertvolles Druckmittel.
Vermutlich deshalb werden die eingefrorenen 300 Milliarden Dollar der russischen Zentralbank nicht direkt in den Wiederaufbau der Ukraine gesteckt, der bisher nur von Zinsen aus dieser Summe profitiert.
Schaden dem Westen nicht wirklich
Bei den Sanktionen gegen Putins Kriegskurs kommt hinzu, dass sie dem Westen nicht wirklich schaden. Der Handel mit Russland war vor dem Krieg überschaubar. Vom russischen Gas und Öl hat sich Europa weitgehend unabhängig gemacht und dadurch seine Energiewende beschleunigt.
Angesichts der Folgen des Klimawandels sind unter dem Strich die Gewinne durch die Sanktionspolitik deutlich höher als die Verluste durch das Aus des Russlandhandels. Ein Ende der Sanktionen wären nur realistisch, wenn Russland einen politischen Wandel in einer Ära nach Putin einleiten würde. Danach sieht es im Moment nicht aus.