Lukas von Hoyer

Der Tourismus hat sich am Gardasee zuletzt rasant entwickelt. Von 2014 bis 2024 stieg die Zahl an Urlauberinnen und Urlaubern, die die Region besuchten, um 27 Prozent. Das geht aus einer Studie des Umweltverbandes Legambiente hervor. Demnach besuchen in den vier heißesten Monaten des Jahres 18 Millionen Touristinnen und Touristen die Gardasee-Region. Zu viele Menschen, wie die Autorinnen und Autoren der Studie glauben. Sie fordern daher zehn neue Regeln gegen den Übertourismus.

Übertourismus am Gardasee: Organisation fordert „grundlegendes Umdenken“

Das Gebiet rund um den Gardasee ist in drei Regionen aufgeteilt: Der Norden gehört zur Region Trentino-Südtirol, der Süden zu Venetien und der Westen zur Lombardei. Insgesamt leben in den Regionen 190.000 Menschen. Wenn man diese Zahl mit den Besucherzahlen vergleicht, kann man verstehen, dass die Orte an ihre Belastungsgrenze kommen. Besonders betroffen ist laut der Studie Venetien, das einen Tourismus-Anstieg von 32 Prozent in den Jahren 2014 bis 2024 verzeichnete. In der Lombardei stiegen die Zahlen der Übernachtungen um 23 Prozent, im Trentino immerhin um 19 Prozent.

„Zu viele Touristen auf zu engem Raum bedeuten weniger Lebensqualität für die Bewohner und Dienstleistungen an der Belastungsgrenze. Die Folgen sind auch zunehmende wirtschaftliche Ungleichgewichte und eine immer fragilere Umwelt“, erklären Luigi Lazzaro, Barbara Meggetto und Andrea Pugliese, die Legambiente-Vorsitzenden von Trentino, Venetien und der Lombardei in einer gemeinsamen Mitteilung. So fordern nun ein „grundlegendes Umdenken“ – und appellieren an die Politik.

Gardasee: Zehn-Punkte-Plan für den Massentourismus

Legambiente hat konkrete Vorschläge veröffentlicht, wie mit dem Übertourismus am Gardasee umgegangen werden sollte. Diese sind in einem Zehn-Punkte-Plan zusammengefasst, von dem unter anderem der Merkur berichtet:

  1. Touristen-Kapazitäten: Es sollen individuelle Obergrenzen für die verschiedenen Orte aufgestellt werden, um das ökologische und soziale Gleichgewicht zu wahren. Vor allem in den Sommermonaten könnten die Touristenströme dadurch reguliert werden.

  2. Entlastung des Verkehrs: Schaffung eines zentralen Mobilitätskonzepts, welches weniger Autos zur Folge haben soll.

  3. Vermietung: Anreize für die Vermietung von Wohnungen und Häusern an Anwohner schaffen.

  4. Kurtaxen: Die Einnahmen sollen in lokale Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen gesteckt werden.

  5. Zertifizierungssystem: Die Verkehrsströme sollen durch ein neues System geordnet werden. Ziel sind die Verringerung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltbelastung.

  6. Bürger-Stammtische: Dauerhafte Stammtische für Bürgerinnen und Bürger sollen dafür sorgen, dass die Sorgen und Ideen der Einheimischen gehört werden.

  7. Diversifikation des Angebots: Das touristische Angebot soll vielseitiger gestaltet werden, um die Konzentration auf die Hochsaison aufzubrechen. Dafür ist eine Erweiterung der Zielgruppe geplant.

  8. Geheimtipps fördern: Die Werbung für bereits überlaufene Orte soll verringert werden. Stattdessen sollen andere Orte beworben werden.

  9. Menschenmassen verhindern: Organisierter Massen-Tourismus soll verhindert werden. Damit sind wohl vor allem sehr große Reisegruppen gemeint.

  10. Gardasee-Handbuch: Urlauberinnen und Urlauber sollen in Zukunft ein Handbuch erhalten, in dem Regeln und Hinweise für ein verantwortungsvolles Verhalten aufgelistet sind.

Teils sind die Forderungen schon recht konkret, teils noch etwas vage formuliert. Erreichen will die Organisation mit ihnen vor allem die italienische Regierung, regionale Behörden und lokale Amtsträger. Aber auch Touristinnen und Touristen sollen durch den Zehn-Punkte-Plan von Legambiente in die Pflicht genommen werden.

In Sirmione, einer beliebten Stadt am Gardasee, wird unterdessen bereits über strengere Regelungen für Touristinnen und Touristen nachgedacht. Ausschlaggeben war das erste Maiwochenende, an dem die Stadt von Urlauberinnen und Urlaubern völlig überrannt wurde.