"Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass unsere Kunden, wie etwa die großen Möbelhäuser, Alno-Küchen langfristig und nachhaltig wieder bei uns bestellen", sagte der vorläufige Alno-Insolvenzverwalter Martin Hörmann unserer Zeitung. Dazu spreche man mit Lieferanten und Gläubigern. Von besonderer Wichtigkeit sei es, "Ruhe ins Unternehmen zu bringen und das Vertrauen bei den Kunden und Lieferanten wieder aufzubauen", so Hörmann.

Dies gilt umso mehr, als dass Alno bei seinen Sanierungsbemühungen die Zeit davonläuft. Die Löhne und Gehälter der Angestellten – am Stammsitz Pfullendorf sind aktuell rund 750 Menschen beschäftigt – werden nur noch bis Ende des Monates von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt. Danach läuft die Gewährung des sogenannten Insolvenzgeldes aus. Was dann kommt, ist unsicher, hat Alno doch jüngst bei der Vorlage seiner Bilanz selbst Pessimisten mit tiefroten Zahlen überrascht.

Frisches Geld muss her

Die Mitte August vorgelegte Jahresbilanz fiel nämlich verheerend aus. Der Umsatz ist im Sinkflug, das Eigenkapital ist mit knapp 100 Millionen Euro tief ins Minus gerutscht, und im operativen Geschäft schreibt man rot. Daher muss schnell frisches Geld her. "Wir loten alle Fortführungsmöglichkeiten aus und arbeiten an einer Lösung, die Zahlung der Löhne und Gehälter auch über den 30. September hinaus zu sichern", sagte Hörmann. Ziel sei es, "eine Fortführungslösung für Alno sowie Investoren zu finden und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten", sagt Hörmann. Mittlerweile haben alle vier produzierenden Konzerngesellschaften des Unternehmens Insolvenz angemeldet.

Hoffnung, Alno auf der Zielgeraden doch noch zu sanieren, besteht aber schon. Seit rund zwei Wochen trommeln die Verantwortlichen, um Interessenten zum Einstieg in das Traditionsunternehmen zu bewegen. Es gebe "Interessenbekundungen seitens möglicher Investoren", sich bei Alno zu engagieren, sagt nun Hörmann. Erste mögliche Investoren prüften bereits die Unterlagen. Ob die beginnenden Gespräche aber zum Ziel führen, ist offen, denn mögliche Geldgeber müssten auch von Seiten der Insolvenzverwaltung auf ihre Seriosität hin geprüft werden. Gleichwohl stehe Alno "als gesamtes Unternehmen oder in Teilen" zum Verkauf.

Der Küchenbauer war nach Jahren der roten Zahlen im Juli in die Pleite gerutscht, nachdem man über Jahre rote Zahlen eingefahren hatte. Übrigens gegen den landläufigen Branchentrend. Denn eigentlich boomt der Küchenbau in Deutschland. Konkurrenzunternehmen weisen teils überdurchschnittliche Wachstumszahlen aus, auch weil sowohl die Bevölkerungszahl als auch die Bautätigkeit im Land seit einiger Zeit spürbar anzieht. Zudem gewinnen Küchen als hochwertiger Einrichtungsgegenstand zusehends an Prestige.

Nur noch auf Sparflamme

Bei Alno läuft die Produktion im Pfullendorfer Stammwerk derweil nach Informationen unserer Zeitung nur noch auf Sparflamme, insbesondere weil der Teilnachschub im Verlauf der vergangenen Wochen ins Stocken geraten ist. Ende August hatte das Alno-Management um den damaligen Vorstandschef Christian Brenner den Versuch aufgegeben, Alno in Eigenregie zu sanieren. Brenner repräsentierte im Vorstand den neuen Alno-Großaktionär Tahoe, hinter dem die bosnische Industriellenfamilie Hastor steht. Durch den Schritt verloren die Hastors, die im Verlauf weniger Monate dem Vernehmen nach rund 100 Millionen Euro in Alno investiert hatten, maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen.

Trotz massiver Kostensenkungen gelang es aber auch ihnen nicht, Alno auf einen Wachstumspfad zurückzuführen. Mehr noch: Offenbar verloren Teile der deutschen Küchenbranche – insbesondere Zulieferer wie der Stuttgarter Küchengerätehersteller Bauknecht, aber auch große Möbelketten – das Vertrauen in den Hauptanteilseigner und wirkten aktiv auf ein Ende der Hastor-Präsenz im Unternehmen hin.

Das Mittel: Druck ausüben, um die Sanierung des Unternehmens in Eigenregie abzublasen und ein ordentliches Insolvenzverfahren einzuleiten. Dies ist nun geschehen. Seitdem haben bei Alno nicht mehr die Hastors beziehungsweise der Großaktionär Tahoe, sondern der vorläufige Insolvenzverwalter Hörmann das Sagen.

Verkompliziert wird die Lage, durch eine sich anbahnende juristische Auseinandersetzung. Es gebe "Hinweise, die eine vertiefte Aufarbeitung der Vergangenheit auslösen", sagte Hörmann. Hierzu habe man "eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und eine Anwaltskanzlei beauftragt, um etwaige Anfechtungstatbestände sowie haftungsrechtliche Fragen zu klären".

In der Vergangenheit waren Vorwürfe laut geworden, ehemalige Alno-Verantwortliche hätten "persönliche und finanzielle Vorteile aus ihrem Engagement bei Alno gezogen", wie Insider aus dem Umfeld des Großaktionärs Tahoe der "FAZ" sagten. In Einzelfällen müssten daher von der Insolvenzverwaltung auch Geschäftsvorfälle untersucht werden, die länger zurücklägen, sagte Insolvenzverwalter Hörmann. Die Prüfungen würden sicherlich Jahre dauern. Dieser Blick in den Rückspiegel wird erfolgen, habe aktuell aber nicht Priorität, sagte der Insolvenzverwalter. "Wichtigstes Ziel ist es, das Unternehmen zu stabilisieren."