Pfullendorf – Erneuter Paukenschlag bei Alno in Pfullendorf: Der zahlungsunfähige Küchenbauer mit Hauptsitz in der Linzgaustadt hat beim zuständigen Insolvenzgericht in Hechingen beantragt, das vorläufige Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung aufzuheben. Dies gaben der Vorstand und die Geschäftsführungen der drei Tochtergesellschaften, darunter die Pino Küchen GmbH, am Dienstag bekannt. Rechtsanwalt Martin Hörmann, zuvor Generalbevollmächtigter, von der Kanzlei Anchor wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. "Mit diesem Antrag wird der erheblichen Verunsicherung bei Kunden, Lieferanten und Arbeitnehmern der Alno-Gruppe Rechnung getragen", sagte Unternehmenssprecher Markus Gögele.

Gefordert hatte diesen Schritt in den vergangenen Wochen bereits eine Gruppe von Gläubigern, unter anderem die in Liechtenstein ansässige First Epa Holding, die für die Alno-Tochterfirma Pino geboten hatte. Dem Management des Pfullendorfer Küchenbauers war in einem 49-seitigen Antrag, der ebenfalls an das Amtsgericht Hechingen ging, "inkompetente Führung" vorgeworfen worden. Druck kam auch von Zulieferern, wie dem Hausgerätehersteller Bauknecht. Er hatte sogar mit einem Lieferstopp gedroht, sollte die Insolvenz in Eigenverwaltung weiter vorangetrieben werden.

In der offiziellen Begründung des Antrags auf Beendigung der Eigenverwaltung ist davon nicht die Rede. Stattdessen heißt es in dem Text: "Die Geschäftsleitungen der Unternehmen der Alno-Gruppe wollen mit diesem Schritt der freiwilligen Rücknahme der Anträge auf Eigenverwaltung die weitere Fortführung der Unternehmen im Insolvenzverfahren sicherstellen." Ziel des weiteren Verfahrens bleibe es, Alno zu erhalten und die Gläubiger bestmöglich zu bedienen. Die Rede ist von einem Schuldenberg in Höhe von 241 Millionen Euro. Dabei handele es sich allerdings um eine vorläufige Zahl.

Ehemaligen Vorstandsmitgliedern werden Verfehlungen vorgeworfen, die den Interessen der Gläubiger zuwidergelaufen sein sollen. Mögliche Ansprüche sollen ermittelt und geltend gemacht werden, teilte Unternehmenssprecher Gögele mit. Dies werde aber wohl mehrere Jahre dauern – eine Eigenverwaltung sei daher nicht mehr die richtige und passende Verfahrensart, hieß es am Dienstagnachmittag von der zuständigen Kanzlei Anchor.

Seit Monaten tobt ein Machtkampf zwischen dem Küchenhersteller sowie der früheren Finanzchefin Ipek Demirtas und dem Ex-Alno-Chef Max Müller. Ipek Demirtas war im Dezember 2016 abgelöst und im März dieses Jahres fristlos gekündigt worden. Ende Mai hatte dann auch Max Müller sein Amt niedergelegt. Nachgerückt war Christian Brenner, ein Mann des Alno-Großaktionärs Tahoe Investors, der zur Unternehmensgruppe Hastor gehört. Ipek Demirtas und Max Müller sollen hinter dem Übernahmeangebot der First Epa Holding für die Tochtergesellschaft Pino stecken. Doch das Karussell im Alno-Vorstand dreht sich weiter: Christian Brenner wird nun durch Rolf Rickmeyer ersetzt.

Rickmeyer sei ein sanierungserfahrener Manager, teilte die Kanzlei Anchor in ihrer Presseerklärung mit. Getroffen wurde diese Personalentscheidung in Absprache mit dem Gläubigerausschuss und der Geschäftsführung. Wie geht es nun für Alno weiter? Wahrscheinlich ist eine übertragene Sanierung, also ein Verkauf. Dabei gibt es zwei Optionen: Die Zukunft kann mithilfe des Insolvenzverfahrens gestaltet werden und möglichst viele Arbeitsplätze bleiben erhalten. Oder an den Alno-Standorten beginnt bald der große Ausverkauf.

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