Wegen der Grundsteuerreform arbeiten die Finanzämter seit Monaten am Limit. Schätzungsweise 32 Millionen Grundsteuererklärungen sind bis heute bei den Finanzämtern eingereicht, etwa 60 Prozent davon sind bereits bearbeitet, wie Florian Köbler berichtet, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft in Berlin.
Zugleich ist eine riesige Veto-Welle angelaufen, immer mehr Immobilieneigentümer stemmen sich gegen die neue Grundsteuer, die 2025 greifen soll. Gegen gut jeden vierten Bescheid werde aktuell Einspruch eingelegt, sagt Köbler. In den Amtsstuben stapelten sich knapp 4,9 Millionen Einsprüche. Täglich werden es mehr.
Die Frist läuft ab
Auch in Baden-Württemberg warten die Finanzämter noch auf zahlreiche Grundsteuererklärungen von Eigentümern von Häusern und Eigentumswohnungen, obwohl die Abgabefrist schon vor einem halben Jahr verstrichen ist. Für die sogenannte Grundsteuer B, die bebaute und unbebaute Grundstücke umfasst, wurden inzwischen 89 Prozent der Erklärungen abgegeben, wie eine Sprecherin des Finanzministeriums in Stuttgart bestätigte.
Wer seine Erklärung für die Grundsteuer B noch nicht abgegeben hat, bekommt derzeit ein Erinnerungsschreiben vom Finanzamt, in dem ein neuer Abgabetermin genannt ist – dann endet die Kulanzzeit. Danach kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für das betroffene Grundstück schätzen – und nach eigenem Ermessen einen Verspätungszuschlag verlangen.
Bei der Grundsteuer A, die Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft betrifft, belaufe sich die Quote aktuell auf 62 Prozent. Hier endete die Frist Ende März.
Viele Eigentümer befürchten, dass die neue Abgabe künftig um ein Vielfaches höher ausfallen wird als bisher, vor allem, wenn es nach dem Bundesmodell geht. Wie hoch sie sein wird, hängt nicht zuletzt auch von der Kommune ab, in der die Immobilie steht. Der endgültige Bescheid der Kommunen, wie stark sie ab 2025 zur Kasse bitten, kommt erst in der zweiten Jahreshälfte 2024.
Doch schon heute geht die Furcht vor starker Verteuerung um. Denn: Der Boom der vergangenen Jahre führte zu massiven Wertsteigerungen von Immobilien und Grund. Dazu kommt: Die Gemeinden brauchen Geld. „Es wird mit Sicherheit teurer“, ist Hans-Joachim Beck überzeugt, Leiter der Steuerabteilung des Immobilienverbands IVD und davor viele Jahre Vorsitzender Richter des Finanzgerichts Berlin. Aber ob die Steigerung zwei, vier oder zehn mal so hoch ausfällt wie der alte Einheitswert, könne jetzt niemand seriös vorhersagen.
Wer sich bei seiner Grundsteuererklärung vertan oder Sorgen um deutlich gestiegene Bodenrichtwerte hat, sollte in jedem Fall Einspruch einlegen – und zwar gleich gegen den ersten Bescheid des Finanzamts, empfiehlt Experte Beck. Experten erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht die Reform in einigen Jahren in zentralen Punkten korrigieren dürfte. Wer davon profitieren will, muss allerdings gegen den ersten Grundsteuer-Bescheid des Finanzamts vorgehen, der im Briefkasten liegt.
Ein Monat Zeit für den Einspruch
Für den Einspruch bleibt nur ein Monat Zeit, wie Timo Gansel, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Berlin, betont. Das Veto sollte am besten mit verfassungsrechtlichen Bedenken begründet werden, rät Beck. Musterbriefe gibt es unter anderem hier. Ein Einspruch geht kostenfrei.
„Ist die Monatsfrist vorbei, ist das Zeitfenster zu“, betont Beck. Eine Änderung könne dann nur noch über eine sogenannte fehlerbeseitigende Wertfortschreibung erkämpft werden, wie Gansel erläutert. Das kann für den Steuerbürger richtig aufwändig und kostspielig sein. Gegen den endgültigen Bescheid der Kommune, wie viel Grundsteuer ab 2025 tatsächlich fällig ist, ist nichts mehr auszurichten. Er lässt sich nicht mehr anfechten.
Wichtig für alle, die ihre Grundsteuererklärung immer noch nicht abgegeben haben: Zum Jahresende ist bei den Finanzämtern Schluss mit lustig. Trödler und Verweigerer werden dann geschätzt und bekommen entsprechende Grundsteuer-Bescheide zugestellt, wie Köbler betont.