Es ist eine Geschichte des Scheiterns, aus der jedoch ein neues Projekt gemeinsamer regionaler deutsch-französischer Erinnerungsarbeit hervorgehen wird. Für die seit Mai 1917 im sogenannten Winterbergtunnel in Ostfrankreich verschütteten rund 250 vorwiegend badischen Soldaten wird es ein würdiges Gedenken geben.

Zehntausende Tote an der Aisne

Die Verantwortung dafür hat der deutsch-französische Ministerrat unter Leitung von Präsident Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel übernommen. Der Rat stellte jetzt ein Mahnmal für die Toten in Aussicht. Möglicherweise entsteht ein Dokumentationszentrum, das die Geschichte der schweren Kämpfe am Chemin des Dames im Departement Aisne aufarbeitet, wo zwischen 1914 und 1918 zehntausende von Franzosen und Deutsche ums Leben kamen.

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Provisorisches Gedenken: Bei den Grabungen am Winterberg stellte der Volksbund Fotos von vermissten Soldaten auf.
Provisorisches Gedenken: Bei den Grabungen am Winterberg stellte der Volksbund Fotos von vermissten Soldaten auf. | Bild: Uwe Zucchi/Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Dieses Ergebnis fußt maßgeblich auf der Berichterstattung des SÜDKURIER. Nachdem der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Ende April wegen Munitionsfunden und Hangrutschungen den Versuch abgebrochen hatte, die Toten zu bergen, wandte sich die Redaktion an den Konstanzer CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung, der Co-Vorsitzender der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung (DFPV) ist.

SÜDKURIER am 8. Mai: Das Ringen um das Gedenken an die toten Badener bestimmt die Titelseite der Ausgabe.
SÜDKURIER am 8. Mai: Das Ringen um das Gedenken an die toten Badener bestimmt die Titelseite der Ausgabe. | Bild: SK

Jung zeigte sich interessiert und schloss sich dem Ziel an, ein würdiges Gedenken an die Toten herbeizuführen. Zwar hatte auch der Volksbund eine Art Gedenkplatte ins Spiel gebracht, doch mit Jungs Vorstoß erweitert sich die Perspektive des gemeinsamen Erinnerns an das Massensterben erheblich.

Historiker könnten ein Konzept erarbeiten

Andreas Jung initiierte zusammen mit seinem französischen Counterpart Christophe Arend eine entsprechende Erklärung der DFPV, der sich der deutsch-französische Ministerrat in seiner jüngsten Sitzung in Anwesenheit von Merkel und Macron anschloss. Gegenüber dem SÜDKURIER sprach sich Jung für die Einberufung einer gemeinsamen Historikerkommission aus. „Der Gedenkort könnte mit einer Ausstellungshalle verbunden werden, wie sie im Elsass am Hartmannsweilerkopf entstanden ist“, so Jung.

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Jung und Arend zeigten sich erfreut, „dass die beiden Regierungen unsere Initiative aus der DFPV aufgegriffen haben“. Nach vielen Jahrzehnten werde damit der Weg beschritten für ein gemeinsames, würdevolles Gedenken an die im Ersten Weltkrieg im Winterbergtunnel Gefallenen und an die bei der Minenräumung in Elsass-Lothringen umgekommenen Kriegsgefangenen nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Beim Minenräumen starben etwa 1800 Deutsche und 500 Franzosen. Auch an diese Toten soll erinnert werden.

Soldaten des Konstanzer Reserve-Infanterieregiments 111 bei der Bestattung eines Kameraden. Rund 250 Männer dieser Einheit kamen im ...
Soldaten des Konstanzer Reserve-Infanterieregiments 111 bei der Bestattung eines Kameraden. Rund 250 Männer dieser Einheit kamen im Winterbergtunnel ums Leben. | Bild: Sammlung Schmieschek

Wie Jung gegenüber dem SÜDKURIER betonte, ist das Gremium des deutsch-französischen Ministerrats in Europa „einzigartig“. Initiativen, die im Rat angeschoben werden, gälten als „verbindlich vereinbart“. Es handelte sich also keineswegs um bloße Absichtserklärungen. Flankierend steht das Projekt für den Gedenkort Winterbergtunnel unter dem Dach des Aachener Vertrags, der seit 2019 die deutsch-französische Zusammenarbeit neu belebt und den Élysée-Vertrag von 1963 fortschreibt. Er gilt als Fundament der deutsch-französischen Freundschaft und wurde von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Staatspräsident Charles de Gaulle in Paris unterzeichnet.

Vorbild Hartmannsweilerkopf

Mögliches Vorbild für ein Dokumentationszentrum am Winterberg bei Craonne könnte nach Vorstellung Jungs das neue Museum am Berg Hartmannsweilerkopf im Elsass sein, das Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Emmanuel Macron im November 2017 gemeinsam eingeweiht hatten. „Ein solcher Gedenkort mit einer Ausstellungshalle wäre auch am Winterbergtunnel denkbar“, hatte der CDU-Politiker kürzlich dem SÜDKURIER gesagt.