Schwester Birgit, Sie haben früher viel mit Kindern im Kindergarten gearbeitet. Gibt es Heilpflanzen, die sich bei den Kleinen anbieten?

Der Spitzwegerich hilft schnell bei Insektenstichen oder bei Schürfwunden, wenn Kinder hinfallen.

Wie genau bringt man die Pflanze denn auf?

Wird ein Kind gestochen, dann kann man die Blätter in der Hand zerreiben, bis der Saft austritt und diesen dann auftragen. Schmerz und Juckreiz verschwinden ganz schnell, denn der Spitzwegerich enthält ein natürliches Antibiotikum, das Aucubin. Auch Umschläge mit Blättern und Blütenköpfchen von Gänseblümchen oder auch Schafgarbe-Blätter wirken als Wiesenwundpflaster. Einfach ein zerriebenes Blatt auf Wunden, Insektenstiche oder blaue Flecken auflegen.

Gerät durch die Pflanzen kein Schmutz in die Wunde?

Ich streife die Blätter immer etwas ab. Aber die Pflanzen haben eine antiseptische Wirkung.

Sie selbst lieben Bitterstoffe. Warum sind sie so gesund?

Bitterstoffe sind zum Beispiel in Enzian, Wermut, Schafgarbe, Löwenzahn, Ringelblume und Giersch enthalten. Auch in Spargel, Sellerie, Chicorée oder Radicchio sind Bitterstoffe. Sie stärken das Immunsystem und regen die Verdauung an und sind gut für die Nerven und die Konzentration. Je mehr Bitterkräuter man isst, desto weniger verlangt der Körper nach Süßem.

Wie nehmen Sie die Kräuter zu sich?

Den Ingwer zum Beispiel schneide ich klein und verarbeite ihn in einer Handmühle zu einem Mus. Das gebe ich zur Suppe oder in den Salat. Gerade in zunehmendem Alter sollte man vermehrt Bitterstoffe essen, weil die Organe schlaffer werden.

Scharf und gesund: Eine Ingwerknolle wird aufgeschnitten.
Scharf und gesund: Eine Ingwerknolle wird aufgeschnitten. | Bild: dpa

Wie viel machen Sie denn jeweils ins Essen? Der Ingwer ist ja ganz schön scharf...

Man nimmt eine gute Messerspitze. Nicht nach dem Motto „viel hilft viel“, sondern lieber regelmäßig. Ich richte mir morgens schon die Kräuter, dann habe ich sie fertig, wenn ich später zum Mittagessen gehe.

Welche Kräuter essen sie zur Zeit sonst noch?

Momentan nehme ich die Petersilie, die viele Vitamine und Eisen enthält, aber auch Schnittlauch und Maggikraut. Auch die feinen Blätter vom Löwenzahn, der ja wie Endivie ist, und dem wild wachsenden Gundermann kommen dazu. Ich gebe ein- bis zwei Teelöffel klein geschnittene Kräuter zum Essen.

Wie machen Sie die Kräuter haltbar, damit Sie sie auch im Winter essen können?

Ich friere die frischgeschnittenen Kräuter in kleinen Portionen ein. Zitronenmelisse und Schafgarbe trockne ich in Pulverform.

Tipps aus Schwester Birgits Buch

Geschälte und geriebene Meerrettich-Wurzeln.
Geschälte und geriebene Meerrettich-Wurzeln. | Bild: sharky photography, Shutterstock
Die Melisse hilft auch bei Lippen-Herpes: 1 bis 2 Blätter zerreiben, bis Saft entsteht und 10 bis 20 Mal auf beginnende Bläschen auftragen.
Die Melisse hilft auch bei Lippen-Herpes: 1 bis 2 Blätter zerreiben, bis Saft entsteht und 10 bis 20 Mal auf beginnende Bläschen auftragen. | Bild: Peter Radacsi, Shutterstock
Thymian enthält Bitterstoffe, die die Verdauung anregen. Mit Thymiantee lässt sich bei Entzündungen auch gurgeln. Bild: Finken & Bumiller
Thymian enthält Bitterstoffe, die die Verdauung anregen. Mit Thymiantee lässt sich bei Entzündungen auch gurgeln. Bild: Finken & Bumiller | Bild: Finken & Bumiller Stuttgart
Kapuzinerkresse: Ein „Penicillin“-Ersatz mit Breitbandwirkung, schreibt Schwester Birgit, und viel Vitamin C.
Kapuzinerkresse: Ein „Penicillin“-Ersatz mit Breitbandwirkung, schreibt Schwester Birgit, und viel Vitamin C. | Bild: Alison Bellringer, Shutterstock

Gibt es bestimmte Tees, die Sie gerne trinken?

Wir haben im Kloster unseren Sieben-Kräuter-Tee, in dem auch Zitronenmelisse drin ist, der Vital-Tee enthält insbesondere Pfefferminze und Rosmarin, die den Kreislauf anregen. Wenn es kalt ist, trinke ich den Sauwetter-Tee mit Spitzwegerich, Linden- und Holunderblüten. So wird der Körper von innen erwärmt.

In Ihrem Buch ist das Lied abgedruckt, das eine Gruppe von Schwestern mal bei einer Feier vorgetragen hat. Darin steht zum Bohnenkraut: Es lockert auf, schenkt euch den Schwung und macht euch rundum wieder jung. Was hat es mit diesem Kraut auf sich?

Bohnenkraut ist das Kraut, das belebt. Schon früher bei der Tour de France wurde den Fahrern ein Getränk angeboten (vom Pflanzenheilkundler Maurice Mességué, 1921-2017, Anm. d. Red.) aus Bohnenkraut, Thymian, Rosmarin, Pfefferminze und Zitronenmelisse. Die Kräuter wurden in Apfelsaft ausgezogen. Auch in alten Kräuterbüchern steht dieser Effekt der pflanzlichen Vitalisierung.

Wenn ich Führungen in unserem Klostergarten mache, und die Besucher schon eine Stunde gelaufen sind, dann biete ich immer ein solches Vitalgetränk an und etwas Brot mit Brotaufstrichen aus Kräutern.

Hilft das auch, wenn man einen Tag am Schreibtisch vor sich hat?

Auf jeden Fall. Schon wenn man an Rosmarinnadeln reibt, und daran riecht, wird man munter und wach.

Das Buch: Birgit Bek/Paulin Link „Gesundheit aus dem Garten Gottes – die große Hausapotheke aus dem Kloster“, Patmos ...
Das Buch: Birgit Bek/Paulin Link „Gesundheit aus dem Garten Gottes – die große Hausapotheke aus dem Kloster“, Patmos Verlag, 216 Seiten, 29,90 Euro | Bild: patmos/burkhard finken

Wie viele Kräuter nehmen Sie für eine Tasse Tee?

In der Regel übergießt man einen Teelöffel mit 200 Milliliter heißem, aber nicht mehr kochendem Wasser. Ein Deckel ist wichtig, denn die ätherischen Öle sind leicht flüchtig und würden an der Decke hängen statt in der Tasse. Manche Kräutertees haben sehr grobe Blätter, da hat man natürlich nur zwei bis drei Pflanzen im Tee. Unsere Mischungen sind nicht zu grob, aber auch nicht zu fein, damit von allem, was drin ist.

Wie macht man Kräuter haltbar?

Man kann sie einfrieren oder trocknen. Wenn man zum Beispiel Wurzeln zerkleinert, könnte man sie in 70-prozentigem Alkohol ansetzen. Manches kann man in Wein aufkochen, wie Hildegard von Bingen das gemacht hat. Man kann Heilkräuter aber auch in 38-prozentigem Korn, in Öl oder Salz konservieren.

Gibt es einen besten Zeitpunkt für die Ernte zum Beispiel beim Thymian?

Bei Thymian ist das zur Zeit der Blüte. Dann enthält er die meisten ätherischen Öle. Zur Zeit schneide ich nur noch die oberen Spitzen ab.

Mit welchen Kräutern kommt man gut über den Winter?

Da kann man anfangen mit der Kapuzinerkresse und später mit dem Meerrettich weitermachen. Dann hat man ein Depot an diesen natürlichen Antibiotika. Ingwer erwärmt den Körper von innen. Zur Zeit esse ich noch viel frische Kräuter, im Winter dann die getrockneten.

Zehn Blüten Kapuzinerkresse über den Tag verteilt essen und über den Salat streuen – das sieht schön aus und mir läuft beim Anblick schon das Wasser im Mund zusammen. Das ist die erste Verdauungshilfe.

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Zu welchen Kräutern raten Sie, wenn man abends Probleme mit dem Einschlafen hat?

Wir stellen einen Gutenachttee aus Zitronenmelisse, Passionsblume, Hopfen her. Man kann auch selbst Lavendel und Zitronenmelisse mischen und als Tee trinken. Auch ein 20-minütiges Fußbad mit einem halben Esslöffel Meersalz und zwei bis drei Tropfen ätherischem Lavendelöl hilft.

Kräuter begleiten Sie über den Tag. Und am nächsten Morgen, wie sieht Ihr Frühstück aus?

Ich esse morgens Dinkelmüsli mit Säften, weil ich keine Milch vertrage. Darunter mische ich gedünstetes Obst aus Kirschen oder Zwetschgen und etwas Hagebutten-Pulver zur Stärkung des Immunsystems durch Vitamin C.

Das Hagebutten-Pulver stelle ich selbst her, man kann das Pulver aber auch in der Apotheke kaufen. Dazu gebe ich Braunhirse, die gut für die Knochen ist und Gelenkschmerzen vorbeugt. Mein Vater war Landwirt. Und er hat immer gesagt: Wir schmieren den Wagen, bevor er pfeift. Da warten wir nicht, bis er quietscht!