Lange wurde es geheim gehalten, zweimal überarbeitet; am kommenden Montag nun soll es endlich veröffentlicht werden. Das sogenannte Fluglärm-Gutachten der drei Landkreise Waldshut, Schwarzwald-Baar und Konstanz werde bei einer Pressekonferenz im Landratsamt Waldshut vorgestellt, wie Jürgen Glocker vom Landkreis Waldshut mitteilte.

Erarbeitet wurde die Studie von der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GfL) Dresden, die in Luftfahrtkreisen einen Namen hat. Zu den gewichtigen Kunden zählen neben Luftfahrtunternehmen wie Lufthansa und Swiss auch Airports wie der Flughafen Zürich und Flugsicherungen wie die Deutsche Flugsicherung und die Schweizer Skyguide. Über das Gutachten wird schon seit Monaten spekuliert. Ursprünglich sollte es in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 fertig sein. Zu Verzögerungen kam es aber, weil die Auftraggeber Nachbesserungen angemeldet haben sollen.

Ziel der Studie ist das Aufzeigen von Alternativen, um den inzwischen auf breiter Front vorgetragenen Forderungen der Schweiz nach einer Verlagerung der Flugverkehrsbelastung in den Norden etwas entgegenzusetzen. So will der Flughafen Zürich im Rahmen eines neuen Betriebsreglements neue An- und Abflugverfahren definieren, von denen Süddeutschland betroffen wäre. Für die Nutzung dieses sogenannten Ostkonzepts müsste in Deutschland freilich auch die Durchführungsverordnung (DVO) angepasst werden. Dafür ist das deutsche Bundesamt für Flugsicherung (Baf) zuständig, das die Verfahren gegenwärtig prüft.

Als Hauptgrund für das neue Anflugverfahren nennt die Schweiz eine Verbesserung der Sicherheit am Flughafen Zürich, weil das Ostkonzept weniger komplex sei. Mehr als 100.000 Euro hat das 148 Seiten (ohne Anhang) starke Gutachten dem Vernehmen nach gekostet. Die Finanzierung teilen sich die drei Landkreise und das Land Baden-Württemberg.

Vor der Pressekonferenz am Montagnachmittag soll das Gutachten von Hartmut Fricke und Daniel Fiedler (GfL) im Landratsamt Waldshut vorgestellt werden. Auf der langen Einladungsliste stehen die regionalen Abgeordneten des Bundes- und des Landtags, Vertreter der Landesregierung und des Regierungspräsidiums, die Landräte der betroffenen Kreise, Bürgermeister, Vertreter der Bürgerinitiativen, der IHK sowie der Deutsche Botschafter in Bern und ein Vertreter des Kantons Aargau, insgesamt sind es 38 Personen.

Ostkonzept bringt mehr Fluglärm

Das Gutachten, das dem SÜDKURIER in seiner letzten Fassung vorliegt, geht bei einer Umsetzung des Ostkonzepts von einer Zunahme der Flugbewegungen über den Landkreisen Waldshut, Konstanz und Schwarzwald-Baar zwischen 2000 und 10.000 jährlich aus. Derzeit gibt es rund 100.000 Zürich-Anflüge über Süddeutschland, was rund 80 Prozent aller Anflüge entspricht.Unter den drei Alternativen zum Ostkonzept empfiehlt das Gutachten, unter Vorbehalt, Alternative 3. Diese ist nahezu deckungsgleich mit dem bisher geflogenen Ostkonzept, das den Süden Deutschlands weitgehend verschont.

Die Ausführungen der Gutachter in der Langfassung enthalten zahlreiche Zahlen, Tabellen, Grafiken, Fußnoten und Texte mit fachspezifischen Formulierungen, in denen versucht wird, eine Wertung vorzunehmen. Abschließend stellen die Gutachter fest, „dass Alternative 3 den höchsten Nutzwert im Sinne des Untersuchungsauftrags liefert.“

Im Vorfeld der Montags-Zusammenkunft schaltete sich bereits der Konstanzer Landtagsabgeordnete Siegfried Lehmann (Grüne) in die Diskussion ein. Er warnt in einer Mitteilung davor, dass Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Änderungsantrag für das in der Schweiz favorisierte Ostkonzept zustimmen könnte, da es „eine weitere Zunahme der Fluglärmbelastung“ für die deutsche Bevölkerung bringen werde.

Verwundert zeigte er sich über eine Stellungnahme des beim Bundesumweltministerium angesiedelten Umweltbundesamtes, das keine Bedenken gegenüber den Wünschen der Schweiz erhebt. Dabei verweist er auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts, das gerade die sensible Umwelt der Region betont hat. Kritik kommt auch aus den Reihen der Bürgerschaft im Landkreis Waldshut.

In einer Mitteilung bezeichnet die Initiative „Bürgerbrief – Flugverkehrsbelastung“ die Studie als „Gefälligkeitsgutachten“, das den Schweizer Interessen mehr nütze als den südbadischen. Das Papier stütze sich als Hauptargument auf Schallberechnungen, statt die Notwendigkeit für eine Verlagerung der Belastungen nach Deutschland zu hinterfragen. So hätte schon der Auftrag formuliert sein müssen, was offenbar nicht geschehen sei. „Das GfL-Gutachten schwächt aus unserer Sicht erkennbar und nachhaltig die Position der belasteten Region“, lautet das Fazit.Für eine Stellungnahme war die GfL gestern nicht zu erreichen.