256.876 Menschen wurden bisher in Baden-Württemberg mit Astrazeneca einmal geimpft, die Impfkampagne schien zuletzt langsam Fahrt aufzunehmen. Am Montag folgte dann aber der Paukenschlag mit bundesweiten Folgen: Deutschland hat die Impfungen mit Astrazeneca vorerst ausgesetzt, eine mögliche Häufung von schweren Nebenwirkungen soll untersucht werden. Unzählige Termine fallen damit aus.
Mehrere hunderttausend Menschen im Südwesten bereits geimpft
Was ist nun mit den Menschen in Baden-Württemberg, die auf ihre Zweitimpfung warten und bis zum vergangenen Montagmittag voller Hoffnung waren, bald mit einem sichereren Gefühl den Alltag bewältigen zu können? Was geht ihnen durch den Kopf? Fakt ist, diese Gruppe ist alles andere als klein: 256.876 von 883.965 Erstimpfungen in Baden-Württemberg waren mit Astrazeneca, das entspricht rund 29,1 Prozent.
Einer, der die Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten hat, ist Manuel Oberdorfer. Dem 26-Jährigen aus Pfullendorf wurde in der vergangenen Woche, am 10. März, der Wirkstoff gespritzt. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Ordnungsamtsleiter war Oberdorfer trotz seines Alters bereits jetzt berechtigt, da er als verantwortlicher Sicherheitsbeauftragter bei Corona-Demonstrationen einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt ist.
Sein zweiter Impftermin soll eigentlich am 15. Mai stattfinden. Eigentlich. Denn wird das der Fall sein? Und wenn ja, welches Präparat wird ihm überhaupt gespritzt? Dass Oberdorfer dies noch nicht weiß, bedauert er.
Nachdem sich am Montag die Ereignisse in den Medien überschlugen, stellt er sich nun wie wohl jeder der betroffenen Baden-Württembergern die Frage, wie es für Astrazeneca-Erstgeimpfte weiter geht: „Bis jetzt habe ich noch keine Informationen bekommen. Aber ich rechne damit, dass ich bald benachrichtigt werde“, sagt der Pfullendorfer, der im Anschluss an seinen Impftermin am Folgetag leichte Kopfschmerzen, ansonsten aber keine Beschwerden hatte.
Er zeigt Verständnis: „Das ist ja klar, dass das nicht so schnell gehen kann und man innerhalb eines Tages persönlich Bescheid bekommt“, ergänzt er. Durch die Medien habe er es am Montag gleich erfahren. „Über das Thema wurde natürlich sofort viel diskutiert.“
Ist ein Impfstoffwechsel möglich?
Schockierend ist die Nachricht für den 26-Jährigen aber nicht. Dafür sei der zweite Impftermin im Mai zu weit weg. Aber auch wenn er aktuell noch keine Bedenken habe, „verfolge ich die Entwicklungen genaustens. Man fragt sich natürlich, ob man nach diesen Verdachtsfällen von Hirnvenen-Thrombosen bald wieder mit Astrazeneca geimpft werden kann“, sagt er.
Und entscheidender sei für ihn dann das Szenario, sollte dies nicht der Fall sein: „Ich kann ja dann nicht einfach auf Biontech wechseln, oder?“, fragt er am Telefon den Reporter. Doch selbst Experten haben bisher keine abschließende Antwort darauf gefunden, Studien dazu laufen jedoch.
Ähnlich wie bei Oberdorfer ist die Situation bei Kay Remensperger. Auch er wurde am 10. März erstmals mit Astrazeneca geimpft. Der 27-jährige Konstanzer, der erst vor kurzem sein Referendariat an einem beruflichen Gymnasium in Freiburg begonnen hat, wäre eigentlich am 17. Mai mit der Zweitimpfung dran. Nun ist er „ein bisschen ratlos. Ich bin jetzt gespannt auf die Überprüfungen des Wirkstoffs“, sagt er.
Dass er noch nicht weiß, wie es mit seiner Corona-Impfung weiter geht, nimmt er dennoch gelassen. „Ich nehme es, wie es kommt. Es wäre natürlich blöd, wenn der Astrazeneca-Impfstoff vom Markt genommen würde, aber dann wäre es eben so“, sagt der Konstanzer, der nach der Erstimpfung eine Nacht lang Fieber und Schüttelfrost hatte.
Im Austausch mit den Kollegen habe sich ein klares Bild abgezeichnet: „Die Lehrer an meiner Schule hoffen wie ich auf eine baldige Freigabe.“
Spontan Biontech erhalten
Und dann erzählt Remensperger noch von einem kuriosen Fall. Ein Kollege hätte gestern seine Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen. Parallel schlitterte dann aber die Nachricht herein, dass diese vorerst unterbrochen werden. Das Impfzentrum ohne Spritze verlassen musste er laut Remensperger aber nicht: „Er hatte Glück, ihm wurde dann gleich der Biontech-Impfstoff verabreicht“, erzählt der 27-Jährige. Anders als ein anderer Lehrer an seiner Schule, der in der kommenden Woche den Astrazeneca-Wirkstoff bekommen hätte. Dieser sei bereits über die Absage seines Termins informiert worden.