Aufschub für das neueste Werk von Peter Lenk: Sein Schwäbischer Laokoon darf wohl bis zum Juni vor dem Stadtpalais in Stuttgart stehenbleiben. Diese Verlängerung ist bei der Stadt Stuttgart im Gespräch, wie eine Sprecherin mitteilte.

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Der Künstler aus Bodman (Kreis Konstanz) hatte die figurenreiche Plastik im Oktober 2020 vor dem Palais aufgestellt mit der Maßgabe, dass die Skulptur bis März wieder abgebaut wird. Dort steht der Laokoon im Mittelpunkt einer Ausstellung unter freiem Himmel – auch mit der leisen Hoffnung auf den Kauf der Laokoon-Gruppe durch private Sponsoren.

Besucher stehen Ende Oktober vor der Satire „Das Denkmal. Chronik einer grotesken Entgleisung“. Eine Woche später bremste ...
Besucher stehen Ende Oktober vor der Satire „Das Denkmal. Chronik einer grotesken Entgleisung“. Eine Woche später bremste der Lockdown den großen Zustrom. | Bild: Sebastian Gollnow

Laokoon wurde rasch zum Besuchermagnet

Peter Lenk baute das monumentale und zugleich zerbrechliche Werk vor dem zweiten Lockdown auf. Zahlreiche Stuttgarter besuchten das vielfältig verstrebte Werk und ließen sich davor fotografieren. Schließlich gibt es dort genug zu sehen. Der antike Priester Laokoon trägt deutlich die Gesichtszüge von Winfried Kretschmann. Dazu kommen Thomas Strobl, Erwin Teufel, ehemalige Bahnvorstände, die OB-Legende Manfred Rommel – bis hin zum echten Querdenker Heiner Geißler. Genug zu sehen und auch zu rätseln.

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Der faktische Tod des öffentlichen Lebens hat dem Ganzen nicht gutgetan. Lenks Arbeiten leben von der Diskussion der Besucher, deren Aufregung oder Zustimmung. Der zweite Lockdown seit dem 3. November hat selbst den belebten Platz vor dem Stadtpalais veröden lassen. Das Gebäude mit dem Stadtmuseum ist geschlossen.

In der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober wurden die vielen Statuen aufgestellt und miteinander verbunden.
In der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober wurden die vielen Statuen aufgestellt und miteinander verbunden. | Bild: Sebastian Gollnow

Für den Stadtpark nicht geeignet

Peter Lenk hat sich von Stuttgart innerlich bereits verabschiedet. Er wollte seine Figuren nie um jeden Preis verkaufen. „Wenn du das Werk verkaufst, hast du kein Recht mehr darauf“, sagt er im Gespräch. Dann könne es die Kommune an jedem gefälligen Ort aufstellen, den sich ein Referent ausdenkt. „Das könnte auch der Stadtpark sein, aber dort will ich es nicht haben. Es ist viel zu filigran und zu zerbrechlich“, sagt der Bildhauer und spielt auf die Zerstörungen in der Landeshauptstadt im Juni vergangenen Jahres an.

Markante Details: Ein geflügelter Heiner Geißler ist Teil des großen Stuttgarter Panoramas.
Markante Details: Ein geflügelter Heiner Geißler ist Teil des großen Stuttgarter Panoramas. | Bild: Fricker, Ulrich

Für den Schwäbischen Laokoon bereitet Lenk bereits Plan B vor. Der Zyklus könne in seinem eigenen Skulpturengarten in Bodman aufgestellt werden. Dort stehen bereits jetzt Abgüsse seiner großen Werke. Die Anlage am Bodensee erfreut sich wachsender Beliebtheit. Sie bietet auf engem Raum ein Panorama des Schaffens des heute 73-jährigen Künstlers.

Der Pietismus sitzt noch immer tief, sagt der Künstler

Lenk gibt sich indessen gelassen. Wirklich enttäuscht sei er nicht, sagt er am Telefon, er kenne das Kulturwesen in dieser Stadt. Er schärft noch einmal nach: „Stuttgart hat ein Recht auf Langeweile im öffentlichen Raum.“ Der Pietismus am Neckar sei zwar nicht mehr so arg wie zu seiner Studienzeit, die einige Jahre zurückliegt. Doch die Mentalität sei noch immer dieselbe, findet der gebürtige Franke. Auch in der Hauptstadtpresse fand er wenig Zuspruch. Eine Autorin schrieb einen langen Artikel, in dem sein Laokoon schlechtgemacht wurde. Außerdem wird dort behauptet, er verlange eine halbe Million Euro. „Ich will mir doch keine goldene Nase verdienen“, sagt der Künstler verärgert. Bei 110.000 Euro gebe er den Zuschlag.

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Peter Lenk sagt: „Stuttgart hat ein Recht auf Langeweile im öffentlichen Raum“
Peter Lenk sagt: „Stuttgart hat ein Recht auf Langeweile im öffentlichen Raum“ | Bild: Baur, Martin

Lenk fasst es so zusammen: „In Baden haben wir Fasnacht, das habt ihr in Stuttgart eben nicht.“ Am Verhältnis zur Fasnacht könne man den kulturellen Unterschied deutlich ablesen, meint er.

Richtig begeistert war der Hausherr nicht

Auch der Leiter des Stadtpalais hat sich zum Laokoon geäußert. „Wir sind froh, dass er nur temporär dort steht“, sagt Torben Giese in einem YouTube-Beitrag. Im Gespräch mit Lenk schmunzelt Giese zwar noch über die originellen Redewendungen des Künstlers. Gleichzeitig ahnt man: So richtig warm wird er mit dem widerborstigen Artisten dann doch nicht. „Temporär“ meint im Klartext: Das Kunstwerk kann nur befristet vor bleiben. Spätestens im Juni wird es abgebaut.

Derweil schmiedet der Satiriker bereits neue Pläne. Sein nächstes Werk heißt Schweinenseeballett. Dabei soll es um Tierwohl und Fleischkonsum gehen. Als Darsteller gesetzt sind Ministerin Julia Klöckner und Großschlächter Clemens Tönnies. Die Tierschutzorganisation PETA sagte bereits ihre Unterstützung zu.