Was Handynutzung angeht, sind Schulen bisher weitgehend sich selbst überlassen: Regeln gibt‘s schon lange, wenn auch von Ort zu Ort unterschiedlich. Für eine einheitliche Strenge schaltet sich nun das Kultusministerium ein. An den Schulen sorgt das für geteilte Meinungen.
Das Kultusministerium soll sich an bestehenden Regeln orientieren
Die geplanten landesweit einheitlichen Leitplanken für den Umgang mit den Geräten begrüßt Karin Broszat, Realschulrektorin und Landesvorsitzende des Realschullehrverbands. Laut ihr würde es die Diskussionen vor Ort erleichtern. Regeln und Verstöße könnten dann auch juristisch erklärt werden.

„Aber wichtig ist, dass das Kultusministerium nicht einfach vorgibt, sondern sich an den bestehenden und gut funktionierenden Regeln vor Ort orientiert“, so Broszat. Keine Bevormundung „von oben herab“ wünschen sich auch Schüler, die hart an ihrem bestehenden Konzept zur Handynutzung gearbeitet haben.
„Wir müssen einen bewussten Umgang mit dem Handy lernen. Und das geht nicht mit einer absoluten Verbotspolitik“, sagt der Zwölftklässler Paulin Wirth am Friedrich-Wöhler-Gymnasium Singen. Er und seine Mitschülerin Kathryn Relling feilten über ein Jahr lang in einer Arbeitsgruppe an Regeln, die den Bedürfnissen der Schüler, aber auch den Interessen von Eltern und Lehrern entsprechen.

Zum einen seien Freiräume geschaffen worden, zum anderen gebe es handyfreie Klassenzimmer. Während des Unterrichts blieben die Geräte in einem sogenannten Handyhotel verschlossen, um nicht abzulenken, erklärt die 17-Jährige.

In den großen Pausen dürften die Schüler ab der achten Klasse in klar festgelegten Bereichen online gehen. „Wir müssen uns bewusst machen, wann wir das Handy benutzen können und wann nicht“, ergänzt der 18-Jährige. Untersagt sei das Filmen und Fotografieren auf dem gesamten Schulgelände, um Mobbing im Netz zu entgegnen, erklärt die Schulleiterin Sabine Beck.
Stellten Lehrkräfte fest, dass innerhalb der Handyzonen nur gezockt werde, seien sie aufgefordert, auf die Schüler zuzugehen und auf eine mögliche Suchtgefahr hinzuweisen. Eine solche Aufklärung käme durch ein Handyverbot kaum zustande, so die Schulleiterin.

Es sei aber so, dass in den Handyzonen mehr geredet als auf das Handy geschaut werde, sagen die Schülervertreter. Online würden Änderungen im Stundenplan und Zugfahrplan überprüft. Dieses Bedürfnis nach Informationen sei bei den älteren Schülern eher gegeben als bei den jüngeren, die noch deutlich mehr Schutz vor dem Handy bräuchten.
Darum gebe es die Freiräume für die Handynutzung erst ab der achten Klasse, sagt der 18-jährige Paulin Wirth. Er spricht für die Oberstufenschüler, wenn er sagt, dass sie sich mehr Vertrauen in die Jugendlichen wünschen. Genauso verstehe er, dass Vertrauensbrüche Konsequenzen haben.
So würden Handys eingezogen, sobald sie außerhalb der erlaubten Bereiche genutzt werden, erklärt Schulleiterin Beck. Erst die Eltern könnten das Gerät wieder abholen. Der Sinn dabei sei, dass sie dann das Gespräch mit ihren Kindern suchen und das Bewusstsein für eine verantwortliche Nutzung mittragen.

Warum das Heinrich-Suso-Gymnasiums Konstanz die Handyregeln etwas strenger nimmt
Während ältere Schüler in Singen also das Handy nutzen dürfen, ist es am Heinrich-Suso-Gymnasium Konstanz für alle Stufen untersagt.
„Wir haben gerade für die jüngeren Schüler einen Erziehungsauftrag und wollen, dass bei uns ungestört gelernt werden kann. Dazu gehören auch Pausen, in denen gespielt und geredet wird, anstatt auf das Handy zu starren“, so der Schulleiter Patrick Hartleitner. Die privaten Geräte dürften somit in der Tasche ausgeschaltet bleiben. Müssten Schüler telefonieren, sei im Sekretariat die Möglichkeit dazu.

Hartleitner spricht sich für altersgerechte Regeln aus, die für die Kursstufen elf und zwölf etwas anders ausfallen. Die Schüler, meist ab 16 Jahren, dürften ihr Handy ausschließlich in den beiden Oberstufenräumen für Schularbeiten nutzen, etwa für Recherchen in Freistunden und Pausen.
„Natürlich kommen vereinzelt Regelverstöße vor“, sagt der Schulleiter. Werden Schüler am Handy etwa beim Chatten oder Zocken auf dem Schulhof erwischt, dann werde das Gerät von den Lehrern bis zur letzten Schulstunde eingezogen.
Schüler sollten wahrnehmen, es auch ohne Handy gut durch den Tag zu schaffen, sagt Hartleitner. In diesem Sinne werde überlegt, Taschen einzuführen, in welche die Geräte eingeschlossen und erst am Ende des Schultages entriegelt werden könnten.
Eltern nehmen die Regeln und Ideen der Schule an und hielten sie für gut, ergänzt der Schulleiter. Das bestätigen ein paar Erziehungsberechtigte, die es am Elternsprechtag in das Schulgebäude zieht.
Eltern jüngerer Schüler unterstützen die Handyregeln
„Das Handy gehört hier nicht hin, es lenkt ab“, sagt Sarah Yassine in einem Gang des Heinrich-Suso-Gymnasiums. Nur für Notfälle trage ihre 12-jährige Tochter ein Gerät bei sich. Online surfen könne die Schülerin darüber nicht. „Ich möchte meine Tochter schützen, auch vor den sozialen Medien. Ich sehe es ja an mir selbst, dass ich mich nach zu viel Bildschirmzeit schlecht fühle“, so Yassine.