„Eigentlich ist es erstaunlich, wie viel kreative Kraft freigesetzt wird durch eine andere Struktur“, sagt „Löwen“-Wirtin Simone Sauter rückblickend auf die langen Schließungszeiten wegen der Corona-Pandemie. Positiv und erfinderisch sind sie und ihr Ehemann Robert mit der Krisensituation umgegangen. Als im vergangenen Jahr die Gastronomie von einer Minute auf die andere schließen musste, standen sie mit Kühlräumen voller frischer Lebensmittel da. Weil die Schulen und Kindergärten, die sie per Catering beköstigen, ebenfalls geschlossen wurden, mussten sie handeln.

Auf dem Wappen im Speiseraum ist die Geschichte des Gasthauses „Zum Löwen“ nachzulesen.
Auf dem Wappen im Speiseraum ist die Geschichte des Gasthauses „Zum Löwen“ nachzulesen. | Bild: Martina Wolters

Stammkunden kommen zum Notverkauf

“Jeder, der mit Lebensmitteln umgeht, mag sie nicht wegschmeißen“, sagt Sauter dazu. Also riefen sie über Mails, WhatsApp und das Gemeindeblatt Bürger und Stammkunden auf, im Gasthaus Frischware einzukaufen. Unter strengsten Hygiene-Vorkehrungen richteten die Sauters dann einen großen Markt als „Notverkauf“ ein. Jeder, der bei ihnen einkaufte, habe eine Rolle des zu Anfang so begehrten Toilettenpapiers obendrauf bekommen, erzählt Robert Sauter. Parallel suchte seine Frau nach Möglichkeiten, die Lebensmittelmengen wie 30 Kilo Karotten, 180 Eier oder kiloweise Fleisch haltbar zu machen. Gott sei Dank gebe es in einem Gastronomiehaushalt genügend Kochbücher. Mit Hilfe der gefundenen Rezepte kochte sie Kompotte, Suppen, Rehragout, Rehbolognese und schabte Spätzle.

Im Hoteleigenen Kombidämpfer könne sie bis zu einem halben Jahr haltbare Halbkonserven herstellen, erläutert Sauter. Ganz besonders gerne hätten ihre Kunden Sauerbraten und saure Kutteln im Glas gekauft. Wegen der hohen Nachfrage nach ihren Produkten, kamen die Sauters auf die Idee, vor dem Haus einen Automaten aufzustellen. „Damit die Gäste zu jeder Zeit ihre Waren einkaufen können.“ Hinzu kam, dass das Verkaufen während des laufenden Hotel- und Restaurantbetriebs nicht Corona-konform umsetzbar gewesen wäre. Einen Tag lang seien sie auf Tour gegangen, andernorts Warenautomaten zu begutachten. Seit April steht vor dem Gasthaus eine Holzhütte mit einem 24-Stunden-Verkaufsautomaten. Die Hütte sowie eine hölzerne Vitrine im Inneren hat der Gastwirt und gelernte Schreiner selbst gebaut.

Simone Sauter zeigt den Kombidämpfer, in dem sie Halbkonserven herstellen kann.
Simone Sauter zeigt den Kombidämpfer, in dem sie Halbkonserven herstellen kann. | Bild: Martina Wolters

Verkauft werden nur selbst hergestellte Produkte mit Zutaten aus der Region. Wie der Automat bestückt werde, sei saisonabhängig. Was immer zu finden sei, sind Tellersülze und Maultaschen. Donnerstags bis sonntags sei Kartoffelsalat im Angebot, freitags Bauernbrot aus Weizen, Schrot und Roggenmehl. Das Rehfleisch für die ebenfalls im Automaten verkaufte Bolognese und das Ragout stammt aus eigener Jagd, ein Hobby des Gastwirts.

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Das Ehepaar Sauter ist froh über das zweite Standbein mit dem Außenverkauf. Auch, wenn es mehr Arbeit bedeute, verschaffe es ein Plus an Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen, ist sich das Gastwirtspaar einig. Anfänglich habe es wegen des abgeschalteten 3G-Netzes Probleme mit der Kartenzahlung gegeben. Mittlerweile funktioniere das Zahlen mit der EC-Karte genauso problemlos wie die Barzahlung.

Über den Gasthof Zum Löwen

Dass die Pandemiezeit für sie nicht immer einfach war und bis heute nicht ist, daran lassen die Sauters keinen Zweifel. Neben der wirtschaftlichen Herausforderung, sei es für sie auch mental sehr herausfordernd gewesen, in den Lockdown-Zeiten. „Wir waren zeitweise unseres Berufes und damit jeglicher Struktur und Sicherheit beraubt“, erinnert sich Sauter. Die Hotelbetriebswirtin sagt, es sei Vieles sehr belastend gewesen, angefangen von der Kurzarbeit über das länger verordnete Öffnungsverbot bis hin zu Mitarbeitermangel und den langen Baustellenzeiten vor ihrer Gasthaustür.

Als klassisch ausgebildete Köchin ist Simone Sauter für das Zubereiten der Essen im Restaurant- und Caterer-Betrieb zuständig.
Als klassisch ausgebildete Köchin ist Simone Sauter für das Zubereiten der Essen im Restaurant- und Caterer-Betrieb zuständig. | Bild: Martina Wolters

Alles in allem empfinde sie die Krise rückblickend zwiegespalten. Zum einen hätten viele Schwierigkeiten gemeistert werden müssen, zum anderen hätten sie jede Menge Rückhalt und Unterstützung von den Menschen aus Frickingen und Umgebung bekommen. Sie hätten eifrig bei ihnen eingekauft und gerne das Mitnahmeangebot „Essen to go“ im zweiten Lockdown angenommen. Seit dem 1. Juli wird nur noch im Restaurant und im Biergarten serviert. Wegen weiterhin fehlender Mitarbeiter können die Löwentüren derzeit nur Freitag, Samstag, Sonntag und feiertags öffnen. „Es war eine schwierige Zeit, aber wir sind kreativ damit umgegangen und schauen positiv nach vorne“, so Familie Sauter.

Der Gasthaus-und Biergartenbetrieb ist derzeit mangels Mitarbeiter nur freitags, samstags, sonntags und feiertags geöffnet.
Der Gasthaus-und Biergartenbetrieb ist derzeit mangels Mitarbeiter nur freitags, samstags, sonntags und feiertags geöffnet. | Bild: Roger Ederer
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