Das Holiday Land in der Häfler Buchhornpassage hat eine Achterbahnfahrt hinter sich. Das ehemalige Thomas-Cook-Reisebüro wurde nach der Insolvenz des Reiseveranstalters im Herbst 2019 von Galeria Karstadt Kaufhof übernommen. Doris und Murat Gören atmeten auf, das Geschäft konnte weitergehen. Bis April 2020. Galeria Reisen meldete Insolvenz an und ab Juni wurden die 106 ehemaligen Thomas-Cook-Reisebüros endgültig geschlossen. „Seither sind meine Frau und ich arbeitslos“, sagt Gören.
Im April öffnet das Holiday Land aber trotzdem wieder
Jetzt nimmt er sein Schicksal wieder selbst in die Hand. Von Galeria hat er seinen Laden zurück übernommen, um ihn zusammen mit seiner Frau wieder als „Holiday Land“ weiterzuführen. „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Murat Gören. Die Verträge mit den Veranstaltern seien bereits unterzeichnet, das Geschäft hergerichtet. Jetzt wartet er darauf, dass es endlich losgehen kann. Voraussichtlich im April will er dann das Gewerbe anmelden. Schön sei es gewesen, länger frei zu haben, findet er, aber jetzt fehle ihnen die Arbeit.

Peter Fischer hält im Moment halbtags die Stellung
Darunter leidet auch Peter Fischer. Sein Lufthansa City Center in Immenstaad hat er nur noch halbtags geöffnet. „Ich produziere jetzt gerollte Maultaschen und Knödel im Glas“, sagt der Reiseprofi. Diese wird er ab nächster Woche in seiner angeschlossenen Postagentur verkaufen. Nicht des Geldes wegen, sondern weil er nicht ausgelastet ist und seinen Kunden eine Freude machen will.
Im Reisebüro schauen nämlich nur wenige vorbei. Die Hälfte seines Umsatzes hat er zuvor mit Geschäftsreisenden gemacht. Die sind komplett weggebrochen und nur wenige buchen jetzt eine Urlaubsreise. Wenn, dann nur bei den Anbietern, bei denen man bis 14 Tage vor Reisebeginn kostenlos stornieren oder umbuchen kann. „Während wir früher zu fünft den ganzen Tag beschäftigt waren, bin ich jetzt den halben Tag alleine“, sagt er.
Zum Glück habe er Mitte Februar die Corona-Hilfe bekommen. Was ihm zusätzlich hilft, sind die guten Einnahmen aus dem Jahr 2019. Damit lässt sich die Durststrecke noch überbrücken. Doch die ist lang. Die Hauptbeschäftigung im vergangenen Jahr bestand aus Umbuchungen und Stornierungen. Daran war natürlich nichts verdient. Im Gegenteil: Die Provisionen, die für gebuchte Reisen von den Veranstaltern vergütet wurden, mussten zurückgezahlt werden. Rechtlich sei noch nicht entschieden, ob nicht doch ein Provisionsanspruch besteht, sagt er, denn die Leistung, eine Reise zu verkaufen, seien ja erbracht worden. Doch die Einnahmen sind erst einmal weg und neue Buchungen tröpfeln aufgrund der Unsicherheit nur langsam rein.
Viele Kunden suchen im Internet, buchen aber im Reisebüro
Gut verkaufen ließen sich aber Reisen auf die Kanarischen Inseln und in die Dominikanische Republik. Im Sommer, glaubt Peter Fischer, werde dann Griechenland der Hit werden. Er glaubt, dass ab April das Geschäft wieder brummt. „Kunden, die schon jetzt zu mir kommen, sind reisehungrig“, sagt er. Eine Aussage, die er häufig zu hören bekommt, sei „Wenn es wieder möglich ist, dann reise ich richtig“.
Dass sich der Trend, ohne Reisebüro im Internet zu buchen, verstärken wird, glaubt Peter Fischer aber nicht. Zwar habe dieser Trend zu einer Marktbereinigung geführt, betroffen seien aber in erster Linie wenig qualifizierte Anbieter gewesen. Er beobachtet zwar, dass sich viele Kunden über ihre Urlaubsziele im Internet informieren, dann aber doch im Reisebüro buchen würden. „Nach den Erfahrungen im vergangenen Jahr werden wir wieder mehr Zulauf haben“, ist er sicher. Denn alle die, die ihre Reise im Internet gebucht haben, warten teilweise noch heute auf die Rückerstattung ihrer Kosten. Wer im Reisebüro gebucht hat, hat sein Geld bekommen.
Auch Monika Gindele ist sicher: Kunden kommen wieder
Genauso sieht das auch Monika Gindele. Die Inhaberin des Reisebüros in der Charlottenstraße in Friedrichshafen glaubt, dass die Kunden ihren Service und ihr Wissen schätzen gelernt haben und deshalb wieder in ihr Reisebüro kommen werden. Denn die, die online gebucht hatten, steckten oft ergebnislos stunden- und tagelang in Warteschleifen, als es ums Stornieren und Umbuchen ging.

Seit April 2020 lebt Monika Gindele von Arbeitslosengeld II und ihre privaten Reserven sind jetzt aufgebraucht. Die Überbrückungshilfe ist ihr zwar bestätigt worden, auf dem Konto eingegangen ist aber immer noch nichts und so langsam geht ihr der Atem aus. Seit 23 Jahren ist sie erfolgreich selbstständig deshalb will sie zusammen mit ihrem Team weiterkämpfen. „Ich bin mit Leib und Seele Touristikerin“, sagt sie. Und an der momentanen Misere treffe sie schließlich keine Schuld.
Elf Mitarbeiter beschäftigt Monika Gindele als Tui Premium Partner, sechs davon sind fest angestellt. Letztere konnte sie in Kurzarbeit schicken, die geringfügig Beschäftigten hat sie vorübergehend abgemeldet.
Noch ist die Lage selbst in Umgebung unübersichtlich
Im Moment kann sie das Reisebüro locker alleine betreuen. Nur vereinzelt werden Buchungen für den Sommer und auch schon für Weihnachten gemacht. Auch ihre verschiedenen Reisen in der Bodenseeregion sind theoretisch buchbar. Doch solange sie nicht weiß, wann die Hotels wieder öffnen dürfen, hat sie das Gefühl, ihre Arbeit sei umsonst.
Monika Gindele hofft, dass Italien und Kroatien mit eigener Anreise und Ferienwohnung im Sommer gut anlaufen werden. Auch Griechenland, Ägypten, Mexiko und Kuba werden ihr zufolge gefragte Ziele sein. Andere wie Australien und Neuseeland lassen in diesem Jahr noch keine Touristen ins Land. An einen Boom noch 2021 glaubt sie deshalb nicht. Zu unsicher und unübersichtlich sei die Lage.
Bis dahin verkauft Gindele Kaffee und Waffeln in ihrem kleinen, ans Reisebüro angeschlossenen Café. Auch das bislang nur zum Mitnehmen. Dabei gehe es ihr nicht ums Geld, sagt sie, sondern darum, zu zeigen, dass sie mit ihrem Reisebüro noch am Leben ist.