In der Fußgängerzone herrscht reges Treiben. Nur ein Platz bleibt leer: Ein roter Teppich mit Lautsprechern direkt vor dem Rathaus. Einige Meter entfernt tritt nämlich Rolf Futterknecht alias „Mischter Toscana“ lieber inmitten des Passantenstroms im Schatten auf. „Da vorn mitten in der prallen Sonne; da bleibt doch niemand stehen“, erklärt er.

Futterknecht ist einer von vier Zauberern, die in der gesamten Innenstadt wechselweise auftreten und so den verkaufsoffenen Sonntag mit Tricks und Magie rahmen. Er ist froh, wieder vor Publikum stehen zu dürfen: „Mir tut das gut und den Leuten tut das gut, dass das wieder möglich ist. Das spürt mal richtig.“ Dabei müsse er anmerken, dass er gut über die Runden gekommen sei, da die Magie nicht seinen Haupt-Broterwerb ausmache, betont er.

Familie Friedrich – das heißt: Mutter Heike mit Tochter Marina und Sohn Tilo – sind gut gelaunt durch die Innenstadt unterwegs. „Das ist wirklich schön“, sagt Heike Friedrich und atmet erleichtert auf, „es wird wieder alles geboten.“ Zuckerwatte, Kinderschminken, Karussell: Ihre Tochter habe sich beinahe nicht entscheiden können, wohin es zuerst gehen solle. Zu Zuckerwatte und bunter Schminke ist spontan noch Luftballonkunst gekommen. „Gleich gehen wir noch meinen Mann besuchen; der arbeitet nämlich heute“, ergänzt sie.
Der fünfjährige Anis freut sich derweil über seine erste Karussellfahrt seit Langem und steuert konzentriert sein Fahrzeug im Kreis – ein Lächeln hinüber zu seinen Eltern gibt es aber auch.
Manuela Vogt gehört zu den Betreibern des Karussells und steht daneben an ihrem Stand mit allerhand Jahrmarktsleckereien. Auch sie ist froh und erleichtert, dass wieder „richtig Leben“ herrsche. Im letzten Jahr hätten sie die Genehmigung erhalten, das Karussell an der Promenade aufzubauen, das sei immerhin etwas gewesen. „Und dann hatten wir auf den Weihnachtsmarkt gehofft und uns gefreut.“ Den Stand hätten sie bereits aufgebaut gehabt, als die Absage kam; erst für Ravensburg und dann auch für Friedrichshafen. Umso schöner sei es jetzt, all die fröhlichen Gesichter zu sehen.

Einen Meter weiter freut sich Nazlı Yucad über Kundschaft in ihrem kleinen Geschäft „mut“: „Es ist ein bisschen mehr los als an den normalen Tagen.“ Außerdem seien die Menschen besonders gut gelaunt. Sie freue sich auch, dass das Wetter so gut mitspiele.
Michael Parléz ist ein bisschen davon überrascht worden, heute direkt auf der Straße zu spielen. Er habe sich extra noch Tipps von einem Kollegen geholt, wie man die Leute zum Stehenbleiben bewege. „Es gab hier sonst kleine Bühnen“, schildert er. Allerdings kann er der Situation auch etwas abgewinnen: „Straßenzauberei ist die ehrlichste Form der Zauberei, ich habe Hochachtung davor. Die Leute gehen nämlich einfach weiter, wenn es ihnen nicht gefällt.“ Seit 15 Jahren ist er Profizauberer, hat erst vor wenigen Tagen erneut einen Preis gewonnen, spiele allerdings normalerweise in Theatern.
Gerade finde er es allerdings noch aus einem anderen Grund gut, draußen aufzutreten. „Ich verstehe jeden, der sich bei den aktuellen Inzidenzen drinnen unwohl fühlt“, sagt er. Vor der Zauberei habe er auch „etwas Seriöses“ gelernt: „Ich bin Fachkrankenpfleger für Intensivmedizin.“ Als solcher sei er in den zwei Pandemiejahren dann auch wieder tätig geworden und verstehe daher nicht, wie man die Krankheit nicht ernstnehmen könne: „Ich muss Ihnen sagen: Das war das erste Mal, dass ich auf Station Angst hatte. Das war in der ersten Welle wie im Krieg.“

Auch Zauberkollege Mario Richter mag mit seinem Programm nicht nur unterhalten, sondern auch ein bisschen was mit Sinn mit seiner Show vermitteln; und zwar nicht nur den Kindern, sondern auch den Erwachsenen. Er setzt auf das, was wirklich zählt und arbeitet mit Begriffen wie „Vertrauen“. Das Programm habe er bereits vor ein paar Jahren entwickelt, schildert er. „Allerdings passt es jetzt noch besser als damals. Gerade die Themen Frieden und Krieg spielen aktuell eine große Rolle“, findet er. Wie auch seine Kollegen gibt er seine Show an diesem Tag gleich mehrmals zum Besten: An vier Orten in der gesamten Fußgängerzone treten die Künstler auf und unterhalten die Passanten.

Am Ausgang der Fußgängerzone Richtung Hafenbahnhof sorgt derweil Markus Rauhut mit seinem Kaffeemobil für das leibliche Wohl der Besucher. Er ist gut gelaunt, auch wenn sein Standplatz etwas „Schieflage“ hat, so dass das Wasser seiner Kaffeemaschine nur abläuft, wenn er etwas nachhilft. „Es ist prima heute, die Menschen sind gut drauf; ich führe viele Gespräche.“