Die guten Nachrichten zuerst. Die Verantwortlichen der ZF Friedrichshafen sind zufrieden mit den Zahlen, die Finanzvorstand Michael Frick am Mittwochmorgen präsentiert hat: Der Umsatz beläuft sich im ersten Halbjahr auf 23,3 Milliarden Euro, gut zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das Ebit, sprich der Gewinn vor Steuern und Zinsen, liegt mit 941 Millionen Euro weit höher als noch im Vorjahr. Damals waren es lediglich 851 Millionen. Soweit, so positiv.
Es bleibt herausfordernd
Gleichwohl befindet sich der Konzern mit Sitz am Bodensee in einer herausfordernden Lage. Finanzvorstand Frick: „Das wirtschaftliche Umfeld im ersten Halbjahr 2023 hat sich erneut als schwierig dargestellt und war von vielen Unwägbarkeiten geprägt.“ Man befinde sich im fünften Krisenjahr, das parallel zur Transformation der Autoindustrie verlaufe. Damit meint er unter anderem die hohe Inflation sowie die Folgen des Ukraine-Krieges für die Wirtschaft. In den Jahren zuvor hatten nahezu alle Branchen mit den Effekten der Corona-Pandemie zu kämpfen.
Die Reaktion auf die Lage ist nicht neu. Schon im März hatte ZF-Chef Holger Klein angekündigt, der Betrieb werde auf die Kostenbremse drücken, um genug Geld für Zukunftsinvestitionen zu haben. Teile des Unternehmens stünden zum Verkauf. „Wir werden Strukturen hinterfragen und Entscheidungswege verkürzen. Und wir werden verstärkt auf die Kosten achten“, sagte Klein bei der damaligen Präsentation der Konzernbilanz für 2022. Mit der derzeitigen Ertragskraft des Unternehmens könne man nicht zufrieden sein.
Beschleunigte Transformation
Nun wiederholte Finanzvorstand Frick das Vorhaben und kündigte erwartungsgemäß Maßnahmen zur Kostensenkung und Umstrukturierungen an: „Um die beschleunigte Transformation in Krisenzeiten zu bewältigen, ist die wichtigste Aufgabe, uns strategisch zu fokussieren, um den Wandel zu forcieren“, so Frick. „Das ermöglicht uns, gezielt in ertragsstarke und zukunftsweisende Technologien zu investieren.“
Was also steht an? Eine große Maßnahme hat der Konzern bereits angekündigt. Zuletzt wurde bekannt, dass die ZF ein Joint Venture mit Foxconn (Hon Hai Technology Group), dem weltweit größten Elektronikproduzenten, geschlossen hat. Konkret wird das taiwanesische Unternehmen eine 50-prozentige Beteiligung an der ZF Chassis Modules GmbH erwerben. Das Geschäftsfeld, in dem die Montage von Pkw-Achssystemen gebündelt ist, hat nach ZF-Angaben einen Unternehmenswert von rund einer Milliarde Euro.
Offen für Investoren
Zudem, so Frick, wolle sich der Konzern auf seine Kerngeschäftsfelder fokussieren. Bereits Ende 2022 hat die ZF ihre Luftfahrttechnik-Sparte abgegeben. Im ersten Halbjahr 2023 hat sie sich zudem von ASAP, einem Anbieter von Ingenieurdienstleistungen sowie von ihren Anteilen an dem Beratungsunternehmen Tsetinis getrennt. Und weitere Maßnahmen stehen an.
Die ZF will ihre Division Passive Sicherheitstechnik eigenständig aufstellen. Ziel ist es, schneller im Segment zu wachsen sowie erfolgreicher am Markt zu agieren. „Wenn entsprechendes Interesse an diesem attraktiven Segment mit sehr guten Wachstumsaussichten besteht, werden wir mit den potenziellen Partnern über einen Einstieg als externe Kapitalgeber sprechen“, so Frick. Er betonte: „Wir halten uns dabei alle Optionen offen.“ Was das für die 3500 Beschäftigten an den deutschen Standorten bedeutet, also in Alfdorf, Aschau, Aschaffenburg und Laage, ist noch nicht abschließend geklärt.
Zudem legt die ZF die Divisionen für Pkw-Fahrwerktechnik und Aktive Sicherheitstechnik zu einer neuen Division für Fahrwerk-, Lenkungs- und Bremsentechnologie zusammen. Auch das Segment der autonomen Shuttles soll zu einer selbstständigen Einheit gebündelt werden, um es für externe Kapitalgeber attraktiv zu machen.
Zielvereinbarung für Friedrichshafen steht noch nicht
Was bedeutet all das für die Beschäftigten in Friedrichshafen? Im Februar 2023 hatte Konzernbetriebsratschef Achim Dietrich vor einem Wegfall von bis zu 9000 Stellen in Deutschland gewarnt. Im März hatte der Vorstandsvorsitzende Holger Klein lediglich versichert: „Mit Aufbau von Beschäftigung werden wir sehr vorsichtig sein.“ Im Juni wurde allerdings bekannt, dass die Standortleitung und der Betriebsrat sich darauf geeinigt haben, dass Friedrichshafen als wichtigster Standort für die Entwicklung von Antriebstechnologien im Nutzfahrzeugbereich erhalten bleibe.
Angesprochen auf die generelle Zukunft des Häfler Standorts sagte Finanzvorstand Michael Frick nun: „Wir sind bereits in Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern.“ Er kündigte an, dass in der zweiten Jahreshälfte eine Zielbildvereinbarung für den Standort geschlossen würde. „In Friedrichshafen ist das auf einem sehr konkreten Weg.“ Der Austausch würde partnerschaftlich und konstruktiv geführt.