Wie steht die Familie Weber zur Strafanzeige durch Investor Ardian und den in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfen des gemeinschaftlichen schweren Betrugs und der Bilanzmanipulation?

Sie können sich vorstellen, dass uns der Vorwurf emotional sehr trifft. Allerdings ist es auch so, dass wir dem Thema sehr gelassen gegenüberstehen. Die erhobenen Vorwürfe weisen wir entschieden zurück. Es muss aber klar sein, die Ermittlungshoheit liegt bei der Staatsanwaltschaft. So gerne wir uns auch öffentlich dazu äußern würden, gebietet es der Respekt vor der Staatsanwaltschaft, dass wir uns zurückhalten. Ardian hat das nicht getan, aber wir werden nicht denselben Weg wählen.

Das heißt, Sie sind davon überzeugt, dass Sie diese Vorwürfe im Zuge Ihrer Anhörung durch die ermittelnde Staatsanwaltschaft Frankfurt entkräften können?

Absolut! Die Strafanzeige ist nicht nachvollziehbar. Wir werden die Vorwürfe im Rahmen des Verfahrens unschwer widerlegen. Zu diesem Zweck arbeiten wir über unsere Rechtsanwälte eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen.

Grundlage der Strafanzeige durch Ardian ist ein 21-Millionen-Euro-Transfer im Geschäftsjahr 2016, den Ihre Familie nach Darstellung des Investors aus ihrem Privatvermögen dem Unternehmen zukommen ließ. Damit, sagt Ardian, habe Ihre Familie die Bilanz von Weber Automotive kurz vor dem Verkauf an Ardian schönen und den Investor bewusst täuschen wollen. Werden Sie dazu Stellung nehmen?

Nein, das werde ich nicht tun. Wie gesagt, wir werden die Vorwürfe insgesamt widerlegen können, aber wir werden das nicht über die Medien machen.

Nadja Niesen, Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt, leitet die Ermittlungen gegen die Altgesellschafter.
Nadja Niesen, Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt, leitet die Ermittlungen gegen die Altgesellschafter. | Bild: Fredrik von Erichsen, BILD

Wie argumentieren Sie aktuell in der Anhörung durch die Staatsanwaltschaft?

Wir kooperieren vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft und werden die Vorwürfe der Anzeige widerlegen können.

Nun ist die Außenkommunikation Ihres Mehrheitsgesellschafters Ardian aber ungewöhnlich aggressiv. Wie stehen Sie dazu und wollen Sie dennoch Ihre zurückhaltende Kommunikation auch unter dieser Maßgabe beibehalten?

Wir werden unseren Stil beibehalten, so haben Sie uns ja auch über die Jahre hinweg kennengelernt. Natürlich werden wir damit konfrontiert, dass dieses Vorgehen sehr aggressiv ist und sind auch von der Wucht und dem Zeitpunkt überrascht worden, aber nicht von der Tatsache selbst. Wir werden aber zurückhaltend bleiben. Wir werden natürlich immer wieder auch öffentlich Stellung nehmen, denn die Region will informiert sein, aber wir werden nicht in die Details gehen. Und wir werden uns auch nicht durch diese Aggressivität verleiten lassen, das ist nicht unser Stil.

Aber die Stellungnahmen von Ardian erwecken den Eindruck einer bewussten Exit-Strategie des Investors.

Es scheint klar, welche Strategie Ardian verfolgt. Wie die Einzelschritte sind und ob das immer auch nachvollziehbar ist, darüber möchten wir uns nicht äußern.

Christian Weber: „Wir hatten ja schon kurz vor Beginn des Insolvenzverfahrens und auch direkt danach mitgeteilt, dass wir eine ...
Christian Weber: „Wir hatten ja schon kurz vor Beginn des Insolvenzverfahrens und auch direkt danach mitgeteilt, dass wir eine Möglichkeit aufgezeigt hatten, um das Unternehmen zu retten. Das Unternehmen liegt uns natürlich sehr am Herzen. Wir sind auch nach wie vor der Ansicht, dass es ein sehr gutes Unternehmen ist, von daher bemühen wir uns auch in dem Investorenprozess, das ist richtig und das kann ich auch bestätigen. Wir sind ganz normal in diesen eingebunden und sind aufgefordert, Angebote abzugeben. Und das werden wir auch tun.“ | Bild: Henry M. Linder

Sie selbst und Ihre Familie sind ja den Aussagen des Generalbevollmächtigten Martin Mucha zufolge in den aktuellen Verkaufsprozess im Insolvenzverfahren von Weber Automotive eingebunden. Wollen Sie Ihr Unternehmen zurückkaufen?

Wir hatten ja schon kurz vor Beginn des Insolvenzverfahrens und auch direkt danach mitgeteilt, dass wir eine Möglichkeit aufgezeigt hatten, um das Unternehmen zu retten. Das Unternehmen liegt uns natürlich sehr am Herzen. Wir sind auch nach wie vor der Ansicht, dass es ein sehr gutes Unternehmen ist, von daher bemühen wir uns auch in dem Investorenprozess, das ist richtig und das kann ich auch bestätigen. Wir sind ganz normal in diesen eingebunden und sind aufgefordert, Angebote abzugeben. Und das werden wir auch tun.

Sie wollen also das Unternehmen zurückkaufen?

So ist es. Ob wir das alleine machen wollen, werden wir sehen. Auf jeden Fall wollen wir dies als Hauptgesellschafter anstreben.

Nun spricht die IG Metall gegenüber unserer Zeitung von einer sehr hohen Eigenkündigungsquote von bis zu zehn Prozent vor allem in den nicht zur Produktion gehörenden Bereichen des Unternehmens. Stellt dies aktuell nicht eine erhebliche Gefahr für Weber Automotive dar, weil zunehmend und intensiv wertvolles Know-how das Unternehmen verlässt?

Natürlich verstehen wir, dass eine solche Insolvenz für die Mitarbeiter emotional sehr schwierig ist. Wir haben daher von Beginn an gesagt, dass es wichtig ist, dass der Investorenprozess sehr zügig abläuft. Es ist in der Tat extrem wichtig, dass die Mitarbeiter an Bord bleiben. Im Investorenprozess werden wir uns natürlich diese Details sehr genau ansehen: Wie hoch ist die Fluktuation? Wer hat schon das Unternehmen verlassen? Als Familie kennen wir natürlich unsere Mitarbeiter sehr gut. Sicherlich werden wir nur im Investorenprozess bleiben, wenn auch die Mitarbeiter dahinterstehen, dass wir das Unternehmen wieder zurückerwerben wollen. Vor allen Dingen ist es aber auch wichtig, dass die Kunden weiter hinter dem Unternehmen stehen. Es hat uns absolut positiv überrascht, wie sehr unsere Hauptkunden das Unternehmen auch in dieser Phase unterstützen. Insofern ist das auch ein wichtiges Signal an unsere Mitarbeiter, dass sie sich diesbezüglich in der Sache keine Sorgen machen müssen.

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Wie sieht denn diese Unterstützung durch Ihre Kunden konkret aus?

Im Zuge einer Insolvenz kann sich ein Kunde natürlich schon überlegen, Aufträge wieder abzuziehen oder neue Aufträge anderweitig zu vergeben. Das sehen wir bei unseren Kunden aber überhaupt nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn von unseren Kunden aktuell Neuaufträge vergeben werden, ist Weber Automotive mit dabei. Das ist für uns sehr positiv und das gibt es eher selten bei einer Insolvenz.

Der Generalbevollmächtigte spricht davon, dass Weber Automotive auf alle Fälle bis Jahresende seinen Verpflichtungen nachkommen könne und die Fortführung des Unternehmens finanziell abgesichert sei. Ihre Aussagen bedeuten nun also, dass auch die Produktion mindestens bis Jahresende fortgesetzt wird und Sie Ihre Kundenaufträge erfüllen können?

Ohne vorgreifen zu wollen: Das sollte wirklich kein Problem sein. Zumindest aus der Ferne betrachtet, wir sind ja nicht mehr im Detail in den Geschäftsprozess eingebunden. Aber wenn Herr Mucha dies so gesagt hat, ist dies sicherlich richtig.

Was macht Sie so zuversichtlich, dass Weber Automotive gerettet werden kann und, mehr noch, das Unternehmen eventuell sogar wieder eine erfolgreiche Zukunft haben könnte?

Wie ich bereits gesagt habe, es ist ein sehr gutes Unternehmen mit einer starken Perspektive. Unsere Kunden stehen hinter uns, Weber Automotive hat tolle Mitarbeiter. Von daher steht einer guten Zukunft für das Unternehmen nichts im Wege. Natürlich müssen wir jetzt auch die Transformation gut hinbekommen, aber auch hier hatten wir zuletzt gute Gespräche mit unseren Kunden. Wir fertigen ja nicht nur Zylinderköpfe und Motorenblöcke, sondern sind auch Spezialisten für sehr komplexe Bearbeitungen. Und dies wiederum ist eine gefragte Kompetenz, wenn es um alternative Antriebe geht. Auch diesbezüglich sehen wir eine gute Zukunft für unser Unternehmen.

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Eine umfangreiche Transformation von Entwicklung und Produktion hin zu alternativen Antrieben bedingt aber wiederum ein extrem hohes Investment und eine dementsprechend starke Finanzkraft. Bisher war Weber Automotive ein klassischer Verbrennungsmotor-Zulieferer. Woher soll das Geld kommen?

Wir haben weiterhin unsere guten Kontakte zu finanzierenden Instituten. Natürlich gibt es auch dort welche, die sich durch die aktuelle Berichterstattung irritieren lassen. Aber generell wissen die Banken, dass man sich auf die Familie Weber verlassen kann. Also auch in dieser Hinsicht werden wir Lösungen finden können, davon bin ich überzeugt.

Fragen: Helmar Grupp