Wie geht es weiter im gerade erst begonnenen Verkaufsprozess im Insolvenzverfahren der Markdorfer Weber Automotive GmbH, nachdem am Donnerstag bekanntgegeben wurde, dass Mehrheitseigner Ardian einen Rechtsstreit gegen die Altgesellschafter führt? Die Strafanzeige des Finanzinvestors gegen die Familie Weber und frühere Mitglieder der Geschäftsführung (wir berichteten am Freitag) dürfte den Verkaufsprozess erheblich behindern. Und ob die zu Beginn des Insolvenzverfahrens angestrebte Sanierung in Eigenregie noch gelingen könnte, steht aktuell in den Sternen.
Ardian droht hoher Verlust
Dass Ardian, das zuletzt 75 Prozent am Unternehmen besaß, Weber Automotive komplett übernimmt, ist unwahrscheinlich. Zu schlecht sind aktuell die wirtschaftlichen Perspektiven für das Unternehmen. Ein attraktiver „Wachstums-Case“ wie noch Ende 2016 beim Ardian-Einstieg ist es im Grunde bereits seit zwei Jahren nicht mehr. Vermutlich wird Ardian aussteigen und einen herben Verlust bei diesem Invest hinnehmen müssen. Ob der Investor im Nachgang noch Schadenersatzansprüche geltend machen kann, wird der Ausgang des Rechtsstreits zeigen.
Familie Weber nimmt an Verkaufsprozess teil
Wie wahrscheinlich ist es, dass die frühere Eigentümerfamilie Weber, die aktuell 25-Prozent-Minderheitsgesellschafter ist, ihr Unternehmen zurückkauft? „Die Familie Weber nimmt neben den anderen Interessenten an dem zwischenzeitlich aufgesetzten strukturierten Verkaufsprozess teil“, sagt zwar Martin Mucha. Der Anwalt der Stuttgarter Kanzlei Grub Brugger unterstützt als Generalbevollmächtigter die Geschäftsführung im laufenden Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Ist der Kredithahn noch offen?
Doch trotz dieser Aussage ist auch ein Rückkauf durch die Familie eher nicht zu erwarten. Dafür bräuchte sie nicht nur entsprechendes Eigenkapital, sondern vor allem auch potente Kreditgeber und Kredite zu guten Konditionen – was im Übrigen auch für die Eigensanierung gilt. Beides dürfte nach den jüngsten Entwicklungen nur schwierig realisieren zu sein. Immerhin steht mit der Anzeige des Investors der heftige Vorwurf in der Öffentlichkeit, die Familie Weber habe bei der Erstellung der Bilanz 2016 auch die Banken getäuscht. Nach Informationen des „Finance Magazin“ soll das betroffene Bankenkonsortium aus den Banken NIBC, IKB, HSBC, ING, der Südwestbank und der Helaba bestehen.
Bis Dezember ausreichende Finanzierung
Agieren die Banken aber zurückhaltend, wird es für die Familie und das Unternehmen schwierig werden, das dringend benötigte frische Geld am Kapitalmarkt zu bekommen. Noch sei das Unternehmen laut Mucha „ausreichend finanziert, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können“ – jedenfalls dem Vernehmen nach bis Ende des Jahres. Wie es danach weitergeht? Antwort offen.

Reagieren gelassen: Die Autokonzerne
In Wolfsburg, München und Stuttgart scheint der Sturm vom Bodensee hingegen nur ein laues Lüftchen zu sein. Weber Automotive beliefert unter anderem VW, BMW und Mercedes AMG (Bild: Mercedes) mit kompletten Motorblöcken und Zylinderköpfen. Rund 300 000 Motorblöcke im Jahr verlassen nach Weber-Angaben die Werke in Deutschland und den USA, in Großserien werden bis zu 500 000 Zylinderköpfe jährlich produziert. Kann ein Produktionsstopp bei Weber für Engpässe bei den Herstellern sorgen? Mitnichten, heißt es unisono. „Das betrifft uns nicht gravierend“, sagt Jochen Übler, Sprecher bei Mercedes-AMG, auf SÜDKURIER-Anfrage. Auch bei einem Lieferausfall durch Weber werde die Produktion normal weiterlaufen. Denn, so Übler: „Die Lieferantenkette bei AMG stützt sich immer auf mehrere Lieferanten, wir sind nicht abhängig von nur einem Unternehmen.“ Gelassenheit auch in Wolfsburg: „Kein nennenswertes Problem für VW„, sagt eine Sprecherin. Ausführlicher wolle man sich zu internen Kundenbeziehungen nicht äußern. „Kein Kommentar“, lautet knapp die Antwort einer BMW-Sprecherin. Die Weber-Insolvenz sei kein Thema in München.