Lächelnd klettert Jens Fräntzki auf den Narrenbaum an der Hofstatt. Zumindest virtuell. Denn in Wahrheit wird in diesem Corona-Jahr kein Narrenbaum gesetzt. Fräntzki sitzt nur in einer Zoom-Konferenz mit Beate Braun und Michael (“Mimi“) Braun, er vollführt Turnübungen, die so aussehen, als ob er den glatten Baum erklimmen würde. Mimi Braun reckt begeistert den Dorferdaumen, während Beate Braun ein Glas Rotwein hebt – zum Wohle auf die Fastnacht 2021!

Wir sitzen in einer Videokonferenz mit je einem Vertreter der drei größten Saal-Veranstaltungen an der Überlinger Fastnacht, mit der Leiterin des Frauenkaffees, dem Leiter des Narrenkonzerts, sowie einem Vertreter des eher anarchisch organisierten Dorferschoppens. Wir gingen der Frage nach, wer durch den Kakao gezogen würde, wenn es diese Veranstaltungen gäbe – und was als Brosamen fürs Narrenvolk vielleicht doch noch abfällt?
Der Frauenkaffee
Wer den Frauenkaffee kennt, der weiß, dass bei dieser Veranstaltung im Kursaal nichts dem Zufall überlassen wird. Entsprechend früh beginnen die Vorbereitungen. Im September fand turnusgemäß eine Klausursitzung auf der Reichenau statt. Damals dämmerte dem Team um Beate Braun natürlich, dass das Coronavirus Massenveranstaltungen nicht ermöglichen würde. Doch was nettes Kleines, „ein Frauenkafeele“, vielleicht mit 80 Besucherinnen? Das müsste doch möglich sein.

Beate Braun: „Wir wollten in der tristen Zeit den Frauen etwas bieten.“ So entstand die Idee zu einem Kinoabend, an dem drei oder vier Stückle gezeigt würden, die zuvor auf Video aufgezeichnet werden. 15 Vorführungen waren geplant, so dass letztlich eine große Zahl an Frauen mit Unterhaltung versorgt worden wäre. „Leider mussten wir dann vor Weihnachten, als der Lockdown verschärft wurde, endgültig die Segel streichen, schweren Herzens.“

Das Narrenkonzert
Erst zwischen Weihnachten und Neujahr beginnt für die Akteure des Narrenkonzerts die heiße Phase der Stückleschreiber. Spät genug, um von den neuen Corona-Vorschriften zu wissen und mit dem Vorbereitungen erst gar nicht anzufangen. Für die Freunde des Narrenkonzerts ist das besonders tragisch, weil vergangenes Jahr die Veranstaltungsreihe ausfiel, nachdem die Kräfte der Narrenzunft im Narrentag des Viererbunds gebunden waren.

Ersatzweise plant Jens Fräntzki mit seinem Schwager Stefan Mayer (“Kuckuck“) eine virtuelle Aufbereitung von Gewesenem. Kurzfristig wollen sie ein Best-off der letzten Jahre in einem von ihnen moderierten Video zusammenschneiden und über Youtube senden (Premiere ist am 29. Januar, an dem Tag, an dem die Narrenkonzert-Premiere gewesen wäre). Fräntzki und Mayer wissen aus Erfahrung, dass sie immer dann am besten sind, wenn es auf ihre Spontanität ankommt.

Der Dorferschoppen
Mimi Braun hat sich am Tag vor unserer Zoom-Konferenz mit seinen Mitstreitern aus dem Dorferschoppen in einer Videokonferenz getroffen. Sie stimmten sich ab, wer ins Meeting mit dem SÜDKURIER hockt. Da habe Michael Jeckel gesagt: „Das sollte halt ein Intelligenter machen, und so sind sie auf mich gekommen.“ Ohne Witz: Mimi Braun glänzt im Dorferschoppen vor allem durch intelligenten Witz, dem mancher Besucher in dieser mostseeligen Veranstaltung vermutlich nicht mehr folgen kann.
Während der Frauenkaffee von Frauen nur für Frauen gemacht wird, das Narrenkonzert von Männern für beiderlei Geschlechter, wird der Dorfer von Männern nur für Männer gemacht. Der Dorferschoppen ist die derbste Veranstaltung in dieser Reihe, wobei Mimi Braun sich nur an die Gürtellinien herantastet, aber nie darunter schießt.
Das wäre dieses Jahr ein Thema

Wer führt dereinst die Narrenzunft?
Mimi Braun hätte sich auch in diesem Dorfer nach dem Wohlbefinden der Narren- und Hänselezunft erkundigt. Auf seine Frage in unserer Zoom-Sitzung, wer denn irgendwann die Narreneltern beerbt, nachdem Hänselevater Harry Kirchmaier sich selbst beerbte, gab es aus unerklärlichen Gründen Internetstörungen – und zwar genau in dem Moment, in dem Jens Fräntzki antworten wollte. Plötzlich klang es furchtbar blechern in der Leitung, Namen waren nicht verstehbar, und schon gar nicht protokollierbar. Damit wäre dann auch die Grenze so eines Zoom-Meetings aufgezeigt. Die richtige Fastnacht ist halt doch unersetzbar.