Den Narren schmerzt das Herz: Die hohen Tage der Fastnacht müssen coronabedingt ohne Rathausstürme, Umzüge, bunte Abende und Co. auskommen. Mancherorts wird es digitale Ersatzveranstaltungen geben. Doch die diesjährige Fastnacht ist von Verzicht geprägt.

Auch von finanziellem Verzicht? Schließlich sind die Zünfte auf Einnahmen angewiesen, doch sind beispielsweise Feste 2021 nicht möglich. Die Narrenzunft Überlingen und Narrengemeinschaft Hasle-Maale aus Stetten geben Auskunft.

„Wir haben großes Glück gehabt“: Narrentag 2020 konnte noch stattfinden

Volker Nies ist Kassier bei der Überlinger Narrenzunft und dankbar, dass der Narrentag 2020 und die Fasnet ohne Komplikationen abliefen: „Wir haben unsere Unkosten wieder ausgleichen können. Wir haben großes Glück gehabt. Corona kam ein paar Wochen danach.“ Der Narrentag war am 25. und 26. Januar, am Vorabend gab es ein Konzert auf der Hofstatt. Der erste Corona-Fall in Deutschland wurde Ende Januar in Bayern nachgewiesen. Danach breitete sich das Corona-Virus immer weiter aus und stoppt nun auch die diesjährige Fastnacht.

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In einer normalen Fasnetssaison werden Einnahmen über das Narrenkonzert, den Plakettenverkauf und die Hänselevermietung erzielt. „Größere Sponsoren haben wir selten. Aber wir haben auch Gönner, die bereit sind, kleinere Beträge zwischen 5 und 100 Euro an uns zu spenden“, berichtet Nies. In Bezug auf das Jahr 2021 sehe das völlig anders aus: „Es gibt kein Narrenkonzert, die Hänselevermietung für die Kinder fällt aus und der Erlös aus unserem Plakettenverkauf reicht bei Weitem nicht.“

Miete, Strom, Gas, Wasser und Versicherungen müssen 2021 ebenfalls bezahlt werden

Denn der Narrenzunft bleiben die Fixkosten. Dazu gehören neben Miete, Strom, Gas und Wasser auch die regelmäßig anfallenden Beiträge für Versicherungen. „Die Absicherung der Fastnacht, zum Beispiel das Einholen, Aufstellen und Niederlegen des Narrenbaums, das muss alles versichert werden, genauso wie die Umzüge“, erklärt der Kassier.

Volker Nies, Kassier bei der Narrenzunft Überlingen, erklärt: „Hätte der Narrentag kurzfristig abgesagt werden müssen, wären ...
Volker Nies, Kassier bei der Narrenzunft Überlingen, erklärt: „Hätte der Narrentag kurzfristig abgesagt werden müssen, wären unsere ersparten Rücklagen verloren gewesen und darüber hinaus wären wir auf einem zusätzlichen Verlust von mindestens 20 000 Euro sitzen geblieben.“ | Bild: Sylvia Floetemeyer

Die Überlinger Narrenzunft kann als gemeinnütziger Verein nur mit Genehmigung des Finanzamts Rücklagen bilden. Das habe man seit dem Narrentreffen 2006 auch fleißig getan. „Nur so war es möglich, für den Narrentag mit 70 000 Euro in Vorleistung zu gehen. Hätte der Narrentag kurzfristig abgesagt werden müssen, wären unsere ersparten Rücklagen verloren gewesen und darüber hinaus wären wir auf einem zusätzlichen Verlust von mindestens 20 000 Euro sitzen geblieben. Man sieht, Veranstaltungen gleich welcher Größe, sind für einen Verein immer mit hohem Risiko verbunden“, sagt Volker Nies.

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Nies ist nun in Gesprächen mit den Versicherungsgesellschaften. „Wir sind vertraglich mit mehr als 2000 Euro gebunden.“ Die Zunft hofft, dass die Versicherer die Beiträge erlassen oder wenigstens einen Nachlass geben. Veranstaltet wird in diesem Jahr nichts. Der Verein hat auf seiner Internetseite bereits den Fahrplan für 2022 veröffentlicht. Lediglich die Plämper zum 100-jährigen Bestehen der Zunft werden dieses Jahr verkauft.

Narrengemeinschaft Hasle-Maale stellt Investitionen zurück

Der Dämmerflohmarkt in Stetten musste coronabedingt ausfallen. Anstelle der Veranstaltung wurde auf Vorbestellung gegrillt. Dadurch kam ...
Der Dämmerflohmarkt in Stetten musste coronabedingt ausfallen. Anstelle der Veranstaltung wurde auf Vorbestellung gegrillt. Dadurch kam etwas bei der Narrengemeinschaft Hasle-Maale in die Kasse. Hier stehen der stellvertretende Zunftmeister Alexander Cerny und Karin Greinwald am Grill. | Bild: Martina Wolters

Im Oktober wurde in die Zunftstube der Narrenzunft Überlingen eingebrochen. „Die Täter haben uns die ganze Zunftstube verwüstet. Der Sachschaden beläuft sich auf 4000 Euro. Sie haben keinen Vandalismus betrieben, sie haben Geld gesucht“, erzählt der Kassier. Das macht er daran fest, dass alle Kassen aufgebrochen und Geldbeutel geöffnet wurden. Auch einen Panzerschrank wollten sie aufbrechen. Dies gelang aber nicht. Für die Zunft wertvolle Stücke blieben unversehrt. Darüber ist man froh.

„Mit Finanzen dürfen sie nicht spaßen. Es muss eine ganz klare Linie drin sein.“
Volker Nies, Kassier bei der Narrenzunft Überlingen

Narretei ist insgesamt kein großes Plus-Geschäft. „Wir können das auch nur mit dem Einsatz von ehrenamtlichen Helfern erbringen, die viel Zeit von ihrer Freizeit dafür opfern“, betont Nies. Das Amt des Kassiers hat er seit 1995 inne. Er erklärt: „Ich bin von Berufswegen Diplom-Wirtschaftsingenieur. Die Thematik ist mir nicht fremd.“

Den Posten will er 2022 abgeben. „Mit 80 möchte ich es nicht mehr machen. Jetzt geht es darum, einen Nachfolger zu finden“, sagt der 77-Jährige. An diesen sollen die Geschäfte bestmöglich überführt werden. Denn: „Mit Finanzen dürfen sie nicht spaßen. Es muss eine ganze klare Linie drin sein.“

Narrenzunft Überlingen ist froh, dass sie auf Reserven zurückgreifen kann

Beruhigend sei, dass man beim Finanzamt kostenlos Informationsmaterial über Steuertipps für gemeinnützige Vereine holen könne. „Das hilft uns sehr, die geforderte Steuererklärung korrekt abzuliefern.“ Aktuell ist der Kassier mit der Umsatzsteuer 2020 beschäftigt. Rein wirtschaftlich gesehen, ist es für die Zunft schlecht, dass sie dieses Jahr nur wenig Einnahmen hat. „Wir haben das große Glück, dass wir Reserven haben“, sagt Nies.

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