Einige Pflöcke sind mit dem städtebaulichen Vertrag zwischen der Stadt und dem Grundstückseigentümer Wacker Neuson zwar eingeschlagen. Dazu gehört, dass die Stadt einen direkt an der Nußdorfer Straße gelegenen Flächenanteil von 10 800 Quadratmetern – also 1,08 Hektar – des rund 5,7 Hektar großen Kramer-Areals erwerben kann, über den sie später alleinige Verfügungsgewalt haben wird. Doch auch für die größere Restfläche des aktuellen Eigentümers sind einige Rahmenbedingungen bereits festgezurrt.

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Unter anderem sind dies eine Höhenbeschränkung der Bebauung auf maximal fünf Geschosse und eine geplante Nutzungsdichte von 130 Einwohnern pro Hektar – plusminus 20 Prozent. Bei den Details von Gestaltung und Nutzung sollen die Bürger in einem diskursiven Werkstattverfahren mit den Planungsbüros ihre Ideen und Vorschläge einbringen können. Baubürgermeister Thomas Kölschbach sieht in der Grundvereinbarung „ein dem Allgemeinwohl dienendes Grundgerüst für eine gemeinschaftlich städtebaulich geordnete Entwicklung“.

Bürger können in die Jury

Hochgerechnet auf die gesamte Fläche entsteht hier mit rund 750 Bewohnern ein eigener neuer Stadtteil. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist im Vertrag ein Infrastrukturausgleich festgelegt, der Bildungs- und Sozialeinrichtungen ermöglicht. Ein Kindergarten soll auf dem städtischen Grundstück entstehen.

Der Gemeinderat beschloss den lange verhandelten Vertrag mit Wacker Neuson einstimmig und zeigte sich angetan vom Ergebnis und dem abgestimmten Beteiligungsprozess. Diese mehrstufige Partizipation – auch in der Jury können einzelne Bürgerinnen und Bürger Mitglied werden – ist zeitlich stringent geplant. Bereits am Mittwoch, 15. Februar könne der Vertrag zwischen den beiden Partnern besiegelt werden, erklärte Oberbürgermeister Jan Zeitler. Dann wolle man das Areal „gemeinsam mit der Bürgerschaft entwickeln“.

Wo einst Traktoren und später Radlader unter dem Namen Kramer produziert wurden, entsteht direkt am Bodenseeufer ein neuer Stadtteil.
Wo einst Traktoren und später Radlader unter dem Namen Kramer produziert wurden, entsteht direkt am Bodenseeufer ein neuer Stadtteil. | Bild: Grafik: Cornelia Müller

Zwar sprach Stadtrat Udo Pursche (SPD) der Verwaltung ein „dickes Lob“ aus für den geplanten Prozess und das zukunftsweisende Projekt, das man gar nicht sorgfältig genug angehen könne. Allerdings äußerte er Bedenken, was den Zeitplan angeht. So ist bereits zwei Tage nach der Einwohnerversammlung am 1. März ein erster Workshop mit Bürgern geplant. Das müsse man sehr gut kommunizieren. Die Professionalität des Vorgehens gefiel auch Herbert Dreiseitl (LBU/Grüne) ohne Abstriche. An den Zeiten müsse man noch etwas „schrauben“, sagte Dreiseitl. Im Grunde sei das rasche Verfahren aber gut, damit am Ende nicht alles wieder „zerredet und zerfleddert“ werde.

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Diese Sorge plagte Alexander Bruns (CDU) überhaupt nicht. Eher hatte er Sorge, dass wegen der straffen Regie die Vielfalt von Ideen nicht ganz zur Geltung komme. „Wir wollen eine Beteiligung“, sagte Bruns: „Dann dürfen uns nicht beschweren, dass es zu viele Vorschläge gibt.“ Als „exzellenten Aufschlag“ bezeichnete Stadtrat Roland Biniossek das vorgelegt Konzept. Wobei die ersten Überlegungen schon rund 15 Jahre zurückreichten und Bestandteil des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) gewesen seien, sagte er. „Wir fangen ja nicht bei Null an“, erklärte Biniossek: „Daher kann man die Termine stehen lassen.“ Dass die Stadt mit dem Wohnbaulandmodell ein geeignetes Instrument habe, sei „wunderbar“. Wobei dieses nach der Vereinbarung differenziert angewendet werden kann.

Planung als Prozess mit Ideen der Bürger

Im städtebaulichen Vertrag sah Lothar Thum (ÜfA/FWV) das Fundament für die weitere Planung. „Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt“, sagte Thum. Sein Fraktionskollege Hubert Büchele hätte gerne noch etwas nachverhandelt, um den vom Askaniaweg anfahrbaren Parkplatz, der im Winter auch als Bootslager dient, in städtischen Besitz zu bekommen. Vor einer Verschleppung warnte auch Ingo Wörner (FDP) („Wir sind happy.“). Der „letzte große Wurf“ sei mit der Landesgartenschau nur geglückt, da es einen festen Termin gab. Wörner: „Sonst würden wir heute noch diskutieren.“

Dass das neue Quartier ein attraktives Gesicht bekommt, dafür soll ein Einladungswettbewerb mit zunächst 25 ausgewählten Planungsbüros sorgen, von denen zwischen fünf und zehn Büros in die zweite finale Runde kommen sollen. Hochkarätig besetzt ist auch die Jury, der mit Markus Müller aus Meckenbeuren der aktuelle Präsident der baden-württembergischen Architektenkammer angehört. In beiden Phasen des zweistufigen „diskursiven Prozesses“ können sich Bürger mit ihren Ideen einbringen und in den Dialog mit den Planern treten.