Jedes Jahr am 14. Februar tanzen weltweit Menschen, um sich für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen einzusetzen. Genau an diesem Tag sitzt im Amtsgericht in Überlingen ein Mann auf der Anklagebank, der beschuldigt wird, seine ehemalige Lebenspartnerin im November 2021 gewürgt zu haben.
Die Anklage lautet auf Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung. Für einen Hausfriedensbruch einige Monate später ist der Mann bereits rechtskräftig verurteilt. Dieser hatte ebenfalls an der früheren Wohnadresse seiner Ex-Freundin stattgefunden. Im Rahmen der Befragungen zu der Tat war der Angriff zur Sprache gekommen. Zu den Vorwürfen äußert sich der Angeklagte vor Gericht nicht. Er macht lediglich einige Angaben zu seiner Person und seinem Werdegang.
Amtsrichter Alexander von Kennel erklärt, dass er damit die Risiken auf Seiten des Mannes sehe. Hatte die Frau bei der polizeilichen Befragung doch Handyfotos mit Fingerabdrücken rechts an ihrem Hals vorweisen können. Zudem wurde die Beziehung als krisenhaft beschrieben. Bestätigung für Letzteres sieht der Richter im Verhalten des Mannes nach Beendigung des Verhältnisses.
An der Grenze zur gefährlichen Körperverletzung?
Der Verteidiger des Angeklagten bezeichnet all dies als Indizien, umgangssprachlich Verdachtsmomente, während der Staatsanwalt betont: „Wir sind im Grenzbereich zur gefährlichen Körperverletzung.“
Die Betroffene wurde aus dem EU-Ausland geladen, wo sie inzwischen lebt, taucht aber nicht im Zeugenstand auf. „Ich sehe kein Interesse daran, Angaben zu machen“, erklärt der Verteidiger in Bezug auf das Fernbleiben der einstigen Lebensgefährtin seines Mandanten. Richter Alexander von Kennel lehnt den Vorschlag des Staatsanwalts ab, sie auf dem Wege der Rechtshilfe richterlich vernehmen zu lassen. Ihre Aussage wird verlesen. „Wir treten dem entgegen, weil die Befragung ein Recht der Verteidigung ist“, erklärt der Verteidiger.
Vor Gericht gehört werden kann nur der Polizeibeamte aus dem Polizeirevier Überlingen, der die Aussage der Frau aufgenommen hat. Der Polizist schildert die Geschehnisse, wie sie das Opfer wiedergegeben hat: „Sie konnte noch Luft bekommen, wusste aber nicht, wie viele Hände im Einsatz waren.“ Er berichtet ferner von einer Todesdrohung. „Auf mich hat sie gewirkt, als ob es für sie ein traumatisches Erlebnis war“, sagt der Polizist.
Verteidiger bringt potentiellen Nebenbuhler ins Spiel
Der Staatsanwalt spricht in seinem Plädoyer von einem „potenziell gefährlichen Verhalten“. Das könne nur mit einer Freiheitsstrafe beantwortet werden. Er fordert drei Monate und zwei Wochen auf Bewährung sowie eine Geldstrafe. Der Verteidiger entgegnet: „Mein Mandant war es nicht.“ Auf den Fotos sehe man einen Hals mit Abdrücken. Luft habe die Frau bekommen, zur Dauer des Griffs an den Hals sei nichts angegeben. Die Beziehung habe gekriselt. Da müsse man sich auch fragen, weshalb. „Vielleicht hat es irgendwelche Mitbewerber gegeben.“
Keine Zweifel am Tathergang hat Richter von Kennel. „Dass Würgen schmerzhaft ist, das war Ihnen bewusst. Das haben Sie in Kauf genommen“, sagt er an den Mann gerichtet. Auch sieht er keine Hinweise gegeben, dass ein Nebenbuhler auf die Frau losgegangen ist. „Im April nochmals ein Vorfall. Dann war es der Geschädigten zu viel“, erläutert von Kennel. Sie erstattete Anzeige gegen ihren Ex-Freund. Für den Richter setzen sich Motiv und Beweise schlüssig zusammen.
Es bleibt bei einer Geldstrafe, da es keinen Hinweis darauf gibt, dass der Frau bei dem Angriff die Luft wegblieb. Die Geldstrafen von Hausfriedensbruch und Körperverletzung werden zusammengezogen zu 160 Tagessätzen à 50 Euro. Außerdem trägt der Mann die Kosten des Gerichtsverfahrens.