Statt närrischer Klänge, wird sich morgen die sonntägliche Ruhe über die Bad Säckinger Innenstadt legen. Denn aufgrund der Corona-Pandemie fällt in diesem Jahr nicht nur die Fasnacht aus, auch Bürgermeister Alexander Guhl wird in diesem Jahr durchgängig im Amt bleiben und nicht wie sonst von den Narren im Gallusturm seines Amtes enthoben. Dabei wäre es für Alexander Guhl in diesem Jahr zum zehnten Mal gewesen, dass ihm im Beisein der Narren sowie der Vertreter aus der Politik, Wirtschaft und Schulen vom Chefankläger der Narrenzunft Bad Säckingen die Leviten gelesen worden wären.

Wir werfen an dieser Stelle einen gesammelten Blick zurück auf die Verfehlungen des Bürgermeisters und die daraus folgenden Strafen. Doch eines ist bereits sicher: Leicht hat es Alexander Guhl den Narren nicht gemacht. Mit spitzer Zunge, viel Wortwitz und Spontaneität hat er sich stets zu wehren gewusst und jedes Jahr war er sich auch sicher: Ich bin unschuldig.
Die volle Härte des Bad Säckinger Narrengerichtes hat Guhl bereits kurz nach seiner Wahl 2012 zum Bürgermeister von Bad Säckingen erfahren. Denn kaum im Amt, wurde er bereits verhaftet und wieder abgesetzt. Doch Guhl gab sich gelassen. Aber der damalige Chefankläger Georg Bürgin ließ keine Gnade walten. Denn nicht im Amt selbst, aber dann doch während dem Wahlkampf, hat sich Guhl offensichtlich einiges erlaubt. Der Beweis: Eine Tüte heiße Luft, gesammelt im Wahlkampf. Guhl konterte: „Außer Vorurteilen gegen Schwaben fällt euch nichts ein.“ Doch das schützte ihn nicht vor der Strafe selbst: Ein Dienst am Ausschank während des Wälderballs und während des Umzugs am Fasnachtsmändig, „Hänseles Karre“ ziehen.

Der Gelassenheit im ersten Jahr folgte 2013 der Widerstand. Denn nur unter Androhung von Gewalt wollte der Bürgermeister seine Amtsstube verlassen und sich in den Gallusturm abführen lassen. Doch hat alles nichts genutzt. Fehlende Taten hinsichtlich seiner Wahlversprechen wurden ihm vorgeworfen. Brücken habe er bauen und organisatorische Verbesserungen durchsetzen wollen. Auch wollte Guhl dafür sorgen, dass die Fußballer einen neuen Schub erhalten. Und beim Singen des Badener Liedes im Freiburger Stadion sei Guhl einfach sitzen geblieben. Wieder forderte Guhl bei Wasser und Brot seinen Freispruch oder ein ordentliches Essen. Denn die Bad Säckinger Brücken stünden alle noch und: „Wenn ihr nicht kicken könnt, kann der Bürgermeister nichts dafür.“ In Freiburg habe er außerdem einen Sitzplatz bezahlt. Die Strafe: Das Tragen der Badener Fahne während des Umzugs und das Badener Lied singen.

Eine Anklage, verlesen auf schwäbisch, durch den Narrenpolizist Martin Weissbrodt löste beim Bürgermeister bei seiner Absetzung 2014 lediglich ein Schulterzucken aus. Die Anklage sei in einem schwer verständlichen schwäbisch vorgelesen worden, so der Bürgermeister und er verlange wenigstens ein verständliches Urteil. Das folgte auf dem Fuß. Denn Guhl musste als Folge der Schließung der Geburtshilfe im Bad Säckinger Krankenhaus mit einem Kinderwagen beim Fasnachtsmändigs-Umzug mitlaufen. Als Symbol für den letzten Säckinger.
Amtsverwirrung, Amtsschnarcherei, Amtsschlamperei, Amtswahn, Amtshascherei und Amtswahnsinn. Die Liste der Verfehlungen 2015 war lang. Denn „verbittert und ausgelaugt vom dreijährigen Suchen nach Spuren der Arbeit des Bürgermeisters“, hat Chefankläger Georg Bürgin nach zehn Jahren das Handtuch geworfen und verlas zum letzten Mal die Anklage. Mangelnden Integrationswillen warf Bürgin vor, denn der Bürgermeister wurde beim Kauf von schwäbischem Bier beobachtet. Von Nebenkläger Dekan Peter Berg, erhielt Guhl eine Fellmütze, damit seine Frau mit ihm spielen und er sich wie ein Kater fühlen könne. Und auch diesmal war sich Guhl sicher: Nichts als heiße Luft. Die Strafe: eine Jury für den Supernarr am Narrensamschtig zusammenstellen und die Veranstaltung moderieren.
2016 hatten der neue Chefankläger Oliver Jehle und der damalige Zunftmeister Joachim Butz vor allem den guten Appetit des Bürgermeisters im Visier. Darum gab es statt Wasser und Brot gleich eine große Pizza. Die habe sich der Bürgermeister auch schon bei einem Treffen mit dem Zunftmeister bestellt und sie ganz allein aufgegessen, so der Vorwurf des Chefanklägers. Beim Strafmaß waren sich die Narren daher sicher, den Bürgermeister an einer empfindlichen Stelle zu treffen: Denn bereits vor dem Frühstück am Narresamschtig wurde der Angeklagte abgeholt und musste Pizza an den Narrensamen verteilen.
Blinder Aktionismus, mangelnde Flexibilität, unterlassene Hilfeleistung, Größenwahn und chronische Planlosigkeit. Die Liste der Verfehlungen 2017 war lang. So kritisierten die Narren das kostspielige Toilettenhäuschen auf dem Festplatz, dass bereits nach drei Tagen seinen Geist aufgegeben hätte. Und zum „Kracher des Jahres“ krönte Jehle den Radweg in der Werderstraße. Guhl konterte, dass der Radweg Bad Säckingen noch bekannter gemacht habe und das Toilettenhäuschen fördere die wirtschaftlichen Erträge, da der Automat nicht wechsle. Die Strafe fiel in dem betreffenden Jahr milde aus. Denn Alexander Guhl musste lediglich an der Fasnachtsverbrennung teilnehmen.
2018 musste Bürgermeister Alexander Guhl der „Irreführung der Bevölkerung“ und das „Vortäuschen freudiger Ereignisse“ entgegentreten. Der Rathauschef, so vermutete der Chefankläger Oliver Jehle, sei im ersten Halbjahr kaum gesehen worden und der Verdacht lag nahe, er habe sich davongemacht. Wieder ließ sich der Bürgermeister nicht einschüchtern. „Die Bravos und das Datum waren das einzig Richtige an der Anklage“, konterte er und wies die Vorwürfe von sich. Die Strafe war ein Erste-Hilfe-Kurs für den Bürgermeister, damit die Bevölkerung weiß, wen sie im Notfall anrufen kann.
Verlängerung des Elends
Als Schirmherr verdonnert, während des Narrentreffens der VSAN selbst bezahlte Süßigkeiten an die Kinder zu verteilen, war die Strafe 2019. Denn das Alexander Guhl sich traue, noch einmal zu kandidieren, sahen die Narren als „Verlängerung des Elends“ an.
Auf Sammeltour
Auch im Jahr 2020 war die Liste der Verfehlungen lang. Denn Guhl besuchte den Neujahrshock des FC 08 Bad Säckingen, ließ sich aber dann am Abend zum Konzert der Stadtmusik entschuldigen. Die Strafe dafür lautete: Der Bürgermeister musste mit dem Säckelmeister der Zunft fünf Stunden lang auf Sammeltour gehen und dem Oberhüüler bei der Verbrennung das Narrenbuch tragen.