Brigitte Chymo

Sanary-sur-Mer, die französische Partnerstadt von Bad Säckingen, machte dieser Tage in ganz Frankreich Schlagzeilen. Grund war die wegen Corona verhängte landesweite Ausgangssperre, die in Sanary-sur-Mer verschärft wurde. Die Bürger durften sich, ausgenommen Einkäufe oder ärztliche Besuche, nur zehn Meter weit von ihrer Wohnung entfernen, und das auch nur alleine.

Verboten war außerdem, für den Kauf nur eines einzelnen Baguettes oder einer einzelnen Zeitung außer Haus zu gehen. Die Verordnungen sind inzwischen aufgehoben.

Von „drastischen Maßnahmen in Sanary„ schrieb die französische Tagespresse und sparte nicht mit Kritik an Bürgermeister Ferdinand Bernhard. Demnach gab es auch Unterschriftenaktionen, sogar die Tierrechtsorganisation PETA meldete sich zu Wort, nachdem der Bürgermeister den Bewegungsradius seiner Bürger von 200 Metern auf zehn Meter reduziert hatte. PETA fürchtete in diesem Fall um den ausreichenden Auslauf der Hunde.

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Die Verordnung sollte ab 30. März gelten, schon eine Woche zuvor war das Verbot in Kraft getreten, sein Baguette täglich frisch vom Bäcker zu holen. Nur der Einkauf von größeren Mengen Lebensmitteln war zulässig.

Ferdinand Bernhard, seit 30 Jahren Bürgermeister von Sanary-sur-Mer, und bei den Kommunalwahlen im März für eine weitere Amtsperiode gewählt, ruderte schließlich zurück. Die Anordnungen wurden aufgehoben, nachdem sich auch der Präfekt des Departements Var, zu dessen Verwaltungseinheit Sanary gehört, eingeschaltete.

Der Betrieb im Hafen von Sanary ruht in Zeiten von Corona.
Der Betrieb im Hafen von Sanary ruht in Zeiten von Corona. | Bild: Ville de Sanary-sur-Mer

Auf Anfrage des SÜDKURIER heißt es in einer Pressemitteilung: „Der Präfekt des Departements Var bittet uns, unsere Verordnungen zurückzunehmen, weil es in unserer Stadt zu wenig Corona Infizierte und Todesfälle gibt. Das ist eine komische Art und Weise, mit dieser Krise umzugehen“, ärgert sich der 66-Jährige und betont: „Die Verordnungen hatten ausschließlich den Zweck, die Sanaryens zu schützen. Und die Mehrheit der Sanaryens hatte das auch begriffen.“

Als Grund für die rigorose Beschränkung der Bewegungsfreiheit erinnert der Bürgermeister an folgende Tatsache: „Man darf nicht vergessen, das Sanary eine besondere Stadt ist.

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Sie ist seit Jahren sehr attraktiv und zieht die Massen an. Wenn wir die nationalen Verordnungen anwenden, geht unser Hafen in der Menschenmenge unter. Jeder wird sagen, dass er innerhalb eines Radius von einem Kilometer zum Hafen wohnt.“ Bernhard stellt abschließend fest: „Bei dem Kampf, den wir aktuell führen, geht es nicht um die Freiheit, sondern um die Gesundheit. Das ist unser einziger Beweggrund.“

Zur Frage, inwieweit Sanary konkret vom Coronavirus betroffen ist, sagt Alexandra Gardon, Pressereferentin im Rathaus: „In Sanary gibt es sehr wenige mit dem Coronavirus infizierte Personen, Zwei Personen sind verstorben. Wir tun alles Menschenmögliche, um die Bevölkerung zu schützen.“ Dazu gehört zum Beispiel auch die Desinfektion der Straßen, Bänke und Mülleimer mit einem umweltfreundlichen Mittel.

Wie andernorts in Frankreich auch, sind die öffentlichen Einrichtungen wie Kindertagesstätten oder Schulen in Sanary geschlossen. Der Besuch öffentlicher Plätze ist verboten. Rathaus oder Polizei sind aber über Notfallnummern zu erreichen. Die Post hat andernorts geschlossen, ist in Sanary aber weiterhin geöffnet. Die Kunden sind dennoch gebeten, ihre Postgeschäfte möglichst online abzuwickeln. Die Post nur noch Mittwoch, Donnerstag und Freitag ausgetragen.

Viel Rat und Hilfe finden die Bürger Sanarys auf der Homepage von Sanary und auf Facebook. Etwas der Hinweis auf eine Plattform für Eltern, die ein Kind mit Handicap haben, und sich dort Hilfe holen können. Auch das Rote Kreuz unterstützt Alleinstehende und auch Familien. Andere Hinweise betreffen Firmen und Betriebe, die in Frankreich ebenfalls mit staatlicher Unterstützung rechnen können.

Unter den vielen Tipps ist auch eine unglaublich lange Liste von Restaurants und Lebensmittelgeschäften, die einen Lieferservice anbieten. Wer nicht persönlich zum Arzt will, kann bei verschiedenen Ärzten auch Onlineberatung machen. Auch psychologische Unterstützung wird online oder per Telefon angeboten.

Die Stadtverwaltung unterstützt die Betriebe außerdem über Facebook, wo sich jeden Tag ein anderes Geschäft mit seinem Service vorstellen kann. Und weil mit der Ausgangsperre jeder auch mehr Zeit zuhause verbringt und eventuell beschäftigt werden will, sind die Bürger dort eingeladen, leckere Rezepte zu veröffentlichen, ein sogenanntes „recette de confinement“, zu deutsch „Ausgangssperrerezept“.

Aktuelle Lage in Frankreich

  • Aktuelle Zahlen: Mit Stand 14. April haben sich in Frankreich laut der John Hopkins Universität insgesamt 137.877 Personen mit dem Coronavirus infiziert, 14.986 sind verstorben, 28.001 sind wieder genesen. Die übergeordnete Region Provence-Alpes-Côte d‘Azur, zu der Sanary-sur-Mer gehört, meldet eher geringe Fallzahlen. Mit Stand 6. April werden 1.735 Infizierte im Krankenhaus behandelt, etwas über 200 Personen sind verstorben.
  • Ausgangssperre: Am 17. März Schließung der Grenzen und Ausgangssperre. Das Verlassen der Wohnung ist nur in notendigen Fällen erlaubt und auf einen Radius von einem Kilometer und eine Stunde pro Tag beschränkt. Alle Örtlichkeiten, die für das öffentliche Leben nicht unbedingt notwendig sind, bleiben geschlossen. Geöffnet bleiben Lebensmittelgeschäfte, Tankstellen, Banken, Tabakläden und wichtige öffentliche Dienste. Die Beschränkungen gelten vorerst bis zum 11. Mai (Stand 14. April).