Der Freispruch ist das Ziel eines jeden Strafverteidigers. Nur etwa drei Prozent aller Strafverfahren in Deutschland enden mit diesem Ergebnis. Eines davon fand jüngst vor dem Amtsgericht Bad Säckingen statt – und der Angeklagte brauchte für seinen Freispruch nicht einmal einen Anwalt. Nach seiner Vernehmung waren sich alle Prozessbeteiligten einig: Der 48-Jährige ist unschuldig.
Staatsanwaltschaft wirft Angeklagtem Diebstahl oder Hehlerei vor
Zur Anklage war es gekommen, als in seiner Wohnung in einem betreuten Wohnheim im westlichen Kreisgebiet ein Pedelec im Wert von 3200 Euro gefunden wurde. Dieses wurde einige Tage zuvor aus einem Hausflur entwendet.
Für die Ermittlungsbehörde war klar: Der Mann muss das Rad entweder selbst geklaut oder ein Geschäft mit dem Dieb gemacht haben, wobei er aufgrund der Umstände damit rechnen musste, dass dieser nicht der rechtmäßige Eigentümer ist. „Diebstahl oder Hehlerei“, lautete der Tatvorwurf der Staatsanwaltschaft.
Doch zu einer Verurteilung kam es nicht. Stattdessen lieferte der Angeklagte vor Gericht eine plausible alternative Erklärung für den Fund: Ein Mitbewohner hatte ihn gefragt, ob er das Fahrrad in seiner Wohnung abstellen darf. Nichtsahnend stimmte der Angeklagte dem zu und rechnete nicht damit, dass es sich dabei um Diebesware handelte.
Richterin Hauser spricht Angeklagten frei
Für die Glaubwürdigkeit der Aussage sprach zum einen, dass der Angeklagte sich wenige Tage vor dem Diebstahl in Intensivbehandlung im Krankenhaus befunden hatte und so keinesfalls in der Lage war, das Fahrrad, das mittlerweile wieder den Weg zu seiner Besitzerin gefunden hat, selbst zu klauen. Außerdem laufen gegen seinen Mitbewohner zwei weitere Strafverfahren wegen des Diebstahls von zwei anderen Pedelecs, was Staatsanwalt Tobias Scherm zum Schluss brachte, dass „dieser Mitbewohner wohl eine Vorliebe fürs Klauen motorisierter Zweiräder hat“.
Nach der Vernehmung war für alle Prozessbeteiligten klar: „Wir können ausschließen, dass Sie das Fahrrad selbst geklaut haben und Ihnen nicht nachweisen, dass Sie die Absicht hatten, sich selbst oder einen Dritten damit zu bereichern“, so Amtsrichterin Stefanie Hauser. Das Ergebnis: Ein Freispruch aus tatsächlichen Gründen – und das ganz ohne Anwalt.