Zu Gast bei der Sparkasse Bonndorf-Stühlingen war mit Markus Krall ein Finanzexperte, den Bankchef Theo Binninger als einen „Superminister der Finanzen“ bezeichnete, der Wirtschaft und Finanzen im 360 Grad Spektrum beleuchtet. Bei den Ausführungen des studierten und promovierten Risikomanagers konnte einen durchaus das Gefühl eines „Weltuntergangs“ beschleichen. Hierzu der Referent: „Ich bin ein optimistischer Mensch, auch wenn ich über Krisen spreche“.
Angesichts der sich rasant ausbreitenden Corona-Pandemie wäre dieser öffentliche Vortrag in den Räumen der Sparkasse Bonndorf jetzt nicht mehr denkbar. Ein Versammlungsverbot galt zum Zeitpunkt der Veranstaltung noch nicht, dennoch wurde auf sonst übliche Begrüßungsformen wie Händeschütteln verzichtet.
Der Bankchef freute sich, diesen hochkarätigen Finanzexperten, der auch bei Corona, Hamsterkäufen und Börsenkrach den Mut habe, „Dinge klar zu benennen“, für Bonndorf gewonnen zu haben. Markus Krall studierte von 1984 bis 1989 Volkswirtschaftslehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und promovierte an der Universität Nagoya in Japan 1989/1990 zum Dr. rer. pol. Seine Dissertation behandelte das Kurs-Gewinn-Verhältnis am japanischen Aktienmarkt. Weiterhin rief Binninger in Erinnerung, dass der berufliche Werdegang des Parteilosen ihn als Risikomanager durch eine Reihe von Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche wie McKinsey & Company geführt habe. Seit September 2019 ist Krall Vorstandsmitglied und Sprecher der Geschäftsführung der Degussa Goldhandel GmbH. Der Referent habe bereits vor 25 Jahren für Sparkassen und andere Banken Kredit-Risiko-Messsysteme entwickelt und eingeführt.
Zum Thema Weltuntergangsstimmung betonte Markus Krall, dass die Zuhörer einen „durchaus optimistischen Menschen“ vor sich hätten. Es sei wichtig, besonders in der Krise, Dinge klar und eindeutig zu benennen, aber dabei auch immer den positiven Blick für die Zukunft zu behalten. Er zeigte sich überzeugt, dass die Krise nicht nur kommen werde, sondern bereits eingetroffen sei. „Wir werden jetzt abgestraft für viele Jahre falscher Politik“, betonte Krall. Er war sich aber auch sicher, dass es wieder aufwärts gehe, sofern sich die Verantwortlichen der Politik wieder stärker an der Marktwirtschaft orientieren.
Die derzeitige Krise der Kapitalmärkte stehe nach Meinung des Referenten sicherlich ein Stück weit in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, die eigentlichen Gründe aber liegen bereits in der Vergangenheit. „Wir haben in den letzten Jahren in einer Wohlfühlrepublik gelebt“, meinte Krall und fügte an, dass es sich um „einen illusorischen Wohlstand handelt, weil eine Gesellschaft, die auf Pump lebt, früher oder später in den freien Fall gehen und in große Schwierigkeiten geraten wird“. Er hob hervor, dass angesichts einer fatalen Geldpolitik zu lange in einen Abgrund geschaut wurde, ohne etwas daran zu ändern. Als Beispiel nannte er die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), die er als nicht marktwirtschaftlich bezeichnete. Wohlstand werde produziert, wenn Konsumenten Produkte gezielt verlangen und somit auch kaufen. Die Null-Zinspolitik der EZB jedoch verhindere die Ertragssituation der Banken, die wie jeder andere Wirtschaftsbetrieb nur durch Gewinne überleben könnten.
Von dieser Finanzpolitik seien nach den Worten von Krall nicht nur Geldinstitute, sondern auch Betriebe betroffen. „Angeschlagene Unternehmen werden durch die Null-Zins-Politik künstlich am Leben erhalten“, informierte der Referent. Der geschichtliche Rückblick habe gezeigt, dass durchschnittlich zwei von 100 Betrieben in den Konkurs gehen.
Die damit verbundenen Risiken bei Kreditvergaben konnten von den Banken kontrolliert werden. „Diese Zombieunternehmen, die dank der Null-Zinsen nicht mehr Pleite gehen, machen 12 bis 15 Prozent aller Unternehmen aus“, sagte Krall. Er war sich aber sicher, dass diese Firmen bei steigenden Zinsen unvermeidlich in den Konkurs gehen werden. Dies sei auch der Grund dafür, dass die EZB die Zinsen nicht erhöhen könne, weil damit angesichts der hohen Pleitewelle das Ende der Wirtschaft eingeleitet werde, da diese Betriebe etwa 1600 Milliarden Euro an Krediten nicht mehr zurückzahlen könnten. Eine Rechnung, die nicht mehr zu finanzieren sei.
Nach Meinung des Finanzexperten Markus Krall würde angesichts der hohen Pleitewelle auch Arbeitslosigkeit geschaffen, die er mit 15 bis 20 Prozent bezifferte. Bisher sei er davon ausgegangen, dass sich die wirtschaftliche Krise erst in Richtung Jahresende einstellen würde. „Angesichts von Corona wird dies aber viel früher erfolgen“, zeigte sich Krall überzeugt. „Es hat sich bereits im Vorfeld angekündigt, dass es bei dem Referenten Markus Krall keinen Wohlfühlabend geben wird“, sagte Theo Binninger in seinen Abschlussworten. Der Fachmann der Finanzwelt habe keinen Weltuntergang aufgezeigt, sondern die derzeit ernste Situation in einem 360 Grad Winkel beleuchtet.