Bonndorf – Derzeit ist viel von Vorranggebieten für die Windkraft die Rede. Doch diese stehen noch gar nicht endgültig fest. Nach Angaben von Sebastian Wilske, Direktor des Regionalverbands Bodensee-Hochrhein, lässt der Verband aktuell die Rückmeldungen der Gemeinden aus der ersten Offenlegung in den zweiten Entwurf einfließen. Bis zur endgültigen Festlegung der Gebiete dauert es im Idealfall noch bis Ende September. Dann wäre geklärt, auf welchen 1,8 Prozent der Fläche in den Landkreisen Waldshut, Lörrach und Konstanz Windkraftanlagen entstehen könnten und – nicht zuletzt, auf welchen 98,2 Prozent der Fläche sich keine Windräder drehen werden.
Zu den 1,8 Prozent soll nach Einschätzung des Regionalverbandes auch ein Gebiet südlich von Gündelwangen und nördlich der Kreisstraße K 6592 gehören, die von Bonndorf nach Schluchsee führt. Verbandsdirektor Wilske hatte dem Bonndorfer Gemeinderat schon im Juli 2024 die Entwürfe vorgestellt. Bonndorf hat bereits zwei Windkraftanlagen auf Privatgrund, wenn auch kleine. Vielleicht herrschte im Gremium deshalb Skepsis – anders als in anderen Gemeinden, kaum zu vernehmen. „Jetzt haben wir endlich Planungssicherheit“, kommentierte der Sprecher der CDU-Fraktion Ingo Bauer wenig aufgeregt.
Pläne sollen konkret werden
Aus der Planungssicherheit sollen Nägel mit Köpfen werden, jedenfalls, wenn es nach Bürgermeister Marlon Jost geht. Das Stadtoberhaupt ist auf die Entwicklungsgesellschaft Renewable Energy Systems (RES) aus Vörstetten zugegangen, um über das Vorranggebiet zu sprechen. Denn dieses befindet sich nicht nur auf Bonndorfer Gemarkung, sondern es gehört auch der Stadt. Bei RES hat der Bürgermeister offene Türen eingerannt: Das Unternehmen hat bereits ein Vertragsangebot vorgelegt. In der Planung bei RES sind bereits zehn Anlagen im Grenzgebiet von Grafenhausen und Bonndorf – diese allerdings auf Flächen des Staatsforstes.
Bei den Vörstettenern kann man sich auf Bonndorfer Grund drei weitere Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 175 Metern vorstellen – Angaben zufolge die modernsten, die auf dem Markt zu haben sind. Für sie wird ein Jahresertrag von jeweils 15 Millionen Kilowattstunden (kWh) prognostiziert. Das wäre insgesamt ausreichend für 13.000 Haushalte. Die Investition würde im mittleren achtstelligen Bereich liegen, lässt Paul Weißer durchblicken, Projektmanager bei RES. An Modellen zur finanziellen Beteiligung von Bürgern an den demnach 40 bis 60 Millionen Euro werde gerade gearbeitet.
„Für Bonndorf eine attraktive Sache“, sagt Bürgermeister Jost: „Die finanziellen Vorteile liegen auf der Hand. Die Stadt würde erhebliche Einnahmen durch die Pacht erzielen.“ Jost redet selbstverständlich nicht darüber, was in dem Angebot der RES steht. Doch ist von anderen Gemeinden bekannt, wie viel mitunter als Pacht für den einen Hektar möglich ist, den ein Windrad benötigt. Das benachbarte Grafenhausen etwa wird nach Angaben von Bürgermeister Christian Behringer für jede Anlage, die dort die ENBW auf gemeindeeigenem Grund errichtet, rund 250.000 Euro pro Jahr erhalten. Dazu kommen noch Einnahmen aus der Gewerbesteuer.
Den möglichen Standort der drei Bonndorfer Anlagen hält Marlon Jost für gut geeignet. „Die wären mindestens 1,2 Kilometer entfernt vom nächstgelegenen Wohngebiet in Gündelwangen“, erläutert Jost anhand einer Karte. Dass die Windräder weithin sichtbar wären, gibt der Bürgermeister unumwunden zu. Doch so dicht an der Kreisstraße, nahe des Umspannwerks, lasse sich ihre Erschließung mit sehr geringen baulichen Eingriffen realisieren, gibt Jost zu bedenken. Das bestätigt auch Bonndorfs Bürgermeister Paul Weißer.
Doch darf die Stadt Bonndorf da vorpreschen und die Ausweisung der Vorranggebiete durch den Regionalverband vorwegnehmen? „Kein Problem“, sagt Verbandsdirektor Sebastian Wilke. Die Entwürfe hätten vielerorts die Entwicklung vorangetrieben. Teilweise sei die Planung neuer Anlagen im Verbandsgebiet schon weit fortgeschritten. Das sei nicht nur gestattet, sondern sogar beabsichtigt. Der Regionalverband stehe in engem Kontakt mit Entwicklern und Gemeinden. Neue Vorhaben würden unverzüglich in den Planungsentwürfen berücksichtigt.
Bürgermeister Jost beabsichtigt jetzt, die Öffentlichkeit in das Vorhaben einzuweihen. Die RES werde ihre Vorstellungen in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung präsentieren, nachdem die Haushaltsberatungen abgeschlossen sind. Ob das Projekt Realität wird, hänge von den Rückmeldungen der Bürger ab. „Gegen den Willen der Bevölkerung, werden wir das nicht machen“, sagt Jost. Bis sich erstmals Windräder drehen, dauert es jedenfalls noch. Die Planungs- und Genehmigungsphase schätzt Paul Weißer auf fünf Jahre ein.