Was hat Karl May mit Strittmatt gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Die Zeiten, als Winnetou und Old Shatterhand, Mays bekannteste literarische Schöpfungen, für Ruhe und Ordnung sorgten, sind lang vorbei. Gut möglich, dass sie in den 1970er-Jahren an der Strittmatter Fasnacht zwischen Clowns und Pipi Langstrümpfinnen die Fäuste schwangen oder Feuerwasser schlürften. Aber heute? Erregen gestohlene Gartenzwerge oder Biberbauten erheblich mehr Aufmerksamkeit.

Umso verwunderlicher war in der jüngsten Görwihler Gemeinderatssitzung während der Diskussion über die Sanierung der Straße am südlichen Ortsrand von Strittmatt in Richtung Mühle eine Formulierung, an der Karl May seine Freude gehabt hätte, zumal sie von unerwarteter Seite kam. Es ging um den Kreuzungsbereich der Gemeindestraße mit der Landesstraße L153. Dieser gilt als problematisch, egal von welcher Seite er befahren wird.

Wer auf dieser Straße fährt, wie sich Skispringer auf der Schanze fühlen

Von der Mühle herkommend ist die Einfahrt in die L153 am ehesten mit einer Berganfahrhilfe zu schaffen. Die Sichtverhältnisse nach links sind auch nicht der Brüller, erst recht, wenn jemand mit erlaubten 100 Sachen heranrast. Von Görwihl herkommend, stellt sich das Gefühl ein, zuerst über eine Schanze zu fahren – so muss es den Skispringern ergehen, bevor sie abheben.

Unten im Tal des Todes ist eine Praxis für Physiotherapie

Nun ergriff Gemeinderätin Andrea Schrieder das Wort. Wies auf eben diese sportliche Situation mit der Schanze hin, geriet jedoch beim Versuch, einen anderen Vergleich herbeizuziehen, ins Stocken, überlegte – die Spannung im Sitzungssaal wuchs – und erklärte schließlich: Wenn man von Görwihl herkommt und abbiegt, „muss man ins Tal des Todes hinab“. Bemerkte offenbar sogleich, dass der Vergleich hinkte, weil unten im Tal des Todes eine Praxis für Physiotherapie und kein Bestattungsunternehmen ist.

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Frau Schrieder geriet darob selber ins Lachen, welches so sehr ansteckte, dass der ganze Saal mitlachte. Wofür der Gemeinderätin eigentlich ein Orden wider den politischen Ernst zugesprochen werden sollte. Denn zu lachen gibt es zurzeit herzlich wenig. Die Kassen sind klamm, die Aufgaben für die Kommunen wachsen in dem Verhältnis, wie Versprechen von ganz oben gemacht werden, an die niemand glaubt außer die Versprecher vielleicht.

Apropos: Der Roman „Im Tal des Todes“ von Karl May ist total erfunden. Und nicht Old Shatterhand kommt darin vor, sondern Old Firehand. Anders als im Film „Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten“, der nichts mit dem Buch zu tun hat. Manchmal tut sich halt zwischen Fantasie und Wirklichkeit ein großer Graben auf. Wie in der Politik.