In Herrischried wird es wahrscheinlich einen Bürgerentscheid gegen die Errichtung eines Windparks im Gebiet Höhberg-Wiedenbach geben. Allerdings könnten die Bürger darin nicht über die Errichtung der Windräder, sondern lediglich über die Haltung des Gemeinderates zur Ausweisung des Planungsgebietes durch den Regionalverband Hochrhein-Bodensee abstimmen. Diese hatte das Gremium am 3. Juni einstimmig zustimmend zur Kenntnis genommen. Möglich ist im Planungsgebiet die Errichtung von zwölf Windrädern mit einer Höhe von bis zu 280 Metern.
459 Unterschriften für einen Bürgerentscheid eingereicht
Am 20. August ging der Antrag für das Bürgerbegehren im Rathaus Herrischried ein – mit 459 Unterschriften wurde das notwendige Quorum von mindestens sieben Prozent der Wahlberechtigten laut Hauptamtsleiter Volker Schneider erreicht. Ob sich der Gemeinderat im September oder Oktober mit dem Begehren befassen werde, sei noch offen.
Welche Nachteile fürchten die Kritiker der Windräder?
Vertrauensperson für das Bürgerbegehren ist Maikel Schmähling. Er lebt im Ortsteil Rütte, unmittelbar angrenzend an das projektierte Vorranggebiet. Nach seiner Ansicht sind durch die Errichtung der Windräder Beeinträchtigungen der Tier- und Pflanzenwelt, des Landschaftsbildes und des Tourismus zu befürchten. Darüber hinaus gingen von den Anlagen Lärmbelästigung, Schattenwurf sowie Lichteffekte und die Gefahr von Eiswurf im Winter aus. Die Folge sei ein Wertverlust für nahe der Windräder liegende Immobilien.

Mit einem Gemeinderatsbeschluss vom 22. Juli, die Gemeindegrundstücke im Planungsgebiet zusammen mit den Privatgrundstücken in einen Flächenpool einzubringen, ist die Gemeinde mittlerweile einen wichtigen Schritt weiter gegangen. Zentrales Ziel eines Flächenpool sei es, Gemeinde und Bürgern bei Verhandlungen mit dem Windparkinvestor Energiequelle GmbH & Co. aus Zossen ein stärkeres Gewicht zu verleihen. Dies erklärte Gemeinderat Manfred Krüger (Freie Wähler) in einer in der Sitzung verlesenen Stellungnahme, die von allen Gemeinderäten zuvor gebilligt worden war.
Nur vier von zwölf Gemeinderäten stimmen ab
An der Abstimmung zum Flächenpooling nahmen nur vier Gemeinderäte teil: Katja Hauber (CDU), Stefan Eckert, Manfred Krüger (Freie Wähler) sowie Dirk Bürklin (Grüne). Acht Gemeinderäte erklärten sich für befangen, da sie nach Auskunft von Hauptamtsleiter Volker Schneider „selbst Eigentümer einer Fläche im Vorranggebiet sind oder ein Verwandtschaftsverhältnis nach Paragraph 18 Absatz 1 der Gemeindeordnung zu jemandem besteht, der seinerseits Flächen im Vorranggebiet hat“.
Übten befangene Gemeinderäte Druck aus?
Schmähling betont, er wolle die Beschlussfassung vom 3. Juni durch den Bürgerentscheid „demokratisch abklären lassen, denn ich habe den Eindruck, dass eine Mehrheit der Bevölkerung gegen die Errichtung der Windräder ist“. Deutlich kritisiert er die Umstände der Beschlussfassung vom 22. Juli: „Acht der zwölf Gemeinderäte waren befangen und durften nicht mitstimmen. Ich kann mir vorstellen, dass es von diesen einen indirekten Druck auf die vier abstimmenden Gemeinderäte gab, da ihnen im Falle einer Ablehnung eine Menge Geld durch die Lappen gegangen wäre.“
Auf diesen massiven Vorwurf antwortet Gemeinderat Manfred Krüger, jeder wisse, dass er sich von nichts und niemanden unter Druck setzen lasse. Seine Stellungnahme im Gemeinderat zeige vielmehr, „dass niemand unter Druck gesetzt wurde, sondern der gesamte Gemeinderat das Flächenpooling einhellig als beste Lösung für alle Beteiligten sieht“.

Im Vorranggebiet gehören 17 Prozent der Fläche dem Land Baden-Württemberg (Forst B-W), 19 Prozent der Gemeinde Herrischried und 64 Prozent zahlreichen privaten Eigentümern. Bei einem Pooling würden die Pachterlöse zu 80 Prozent als Flächen-Pacht und zu 20 Prozent als Standort-Pacht auf die Grundstückseigentümer verteilt, sagt Rolf Pfeifer, Geschäftsführer der Agentur Endura Kommunal GmbH aus Freiburg. Sie berät die Gemeinde Herrischried zu Fragen des Windparkes. Die jährlichen Pachteinnahmen schätzt er auf 150.000 bis 250.000 Euro pro Windrad.

Der Argumentation Schmählings kann Pfeifer nicht folgen. Es gelte nun für Gemeinde und Bürgerschaft ein möglichst großes Gewicht bei der Ausgestaltung des Windparkes zu erlangen. „Es ist das größte Planungsgebiet im Regionalverband Bodensee-Hochrhein. Zwar ist es rechtlich noch nicht sicher, ob die Fläche im Regionalplan ausgewiesen wird, doch hat der staatliche Forst Baden-Württemberg seine Flächen dort 2023 ausgeschrieben und mit einem Investor einen Vertrag geschlossen. Diese vier oder fünf Windräder werden in jedem Fall kommen, das kann kein Bürgerbegehren mehr verhindern“, erklärt Pfeifer, der in Herrischried eine aufgeheizte Stimmung wahrnimmt.
Was kann der Flächenpool erreichen?
Da der Investor auch der Gemeinde und Eignern großer Privatgrundstücke Angebote unterbreitet habe, sei die Endura Kommunal seitens der Ratsverwaltung beauftragt worden, die Verhandlungen zu begleiten. Aufgrund der großen Anzahl an Grundstücken habe seine Agentur zur Einrichtung des Flächenpools geraten.
„Die Gemeinde hat ihre Grundstücke mit denen der Privateigentümer zusammengeworfen, der Forst Baden-Württemberg darf aus rechtlichen Gründen einem solchen Pool gar nicht beitreten“, führt er weiter aus. Nun gelte es, den angestrebten Flächenpool möglichst zügig einzurichten, um in Verhandlungen mit dem Investor die Bedingungen für den Bau der Anlagen auszuhandeln, erklärt Pfeifer weiter.
Dass Windräder kommen, steht bereits fest
„Ein Bürgerentscheid kann nur der Gemeinde verbieten, ihre Flächen an einen Investor zu verpachten, nicht den Privateigentümern. Und auch dann wird der Windpark in jedem Falle kommen, das ist beschlossene Sache, jedoch ohne Einnahmen für Herrischried. Diese kämen allen Bürgern zugute, es sollte also gut überlegt sein, ob man wirklich aussteigen möchte“, führt Pfeifer aus.
Für Maikel Schmähling ist auch in Bezug auf den Flächenpool das Vorgehen klar: „Ein weiteres Bürgerbegehren, diesmal gegen den Beschluss vom 22. Juli, ist schon in Arbeit, das ist dem Rathaus auch bekannt.“ Ziel sei es letztlich, die Beschlüsse des Gemeinderates zugunsten der Windräder so lange zu blockieren, „bis die Subventionen für den Bau wegfallen und deren Errichtung nicht mehr attraktiv ist“, ergänzt er.