Das Läuten der Kirchenglocken ist für die einen ein ganz normales Geräusch, andere empfinden es als störend, besonders zu nachtschlafender Zeit.

In unserer katholisch sozialisierten Region gehört das Glockengeläut zum Alltag, das Läuten zu liturgischen Anlässen genauso wie der Uhrenschlag zu jeder Viertel- und vollen Stunde am Tag und in der Nacht, dessen Bedeutung früher, als die Menschen keine Uhren besaßen, überaus wichtig war.

Das sagen die Anwohner

Einige Anwohner der Erzinger St. Georg Kirche stören sich am Uhrenschlag der Kirchturmuhr und haben sich an die Pfarrgemeinde und die politische Gemeinde gewandt. So wurde die Erzinger Familie Hess beim Gemeinderat vor einiger Zeit vorstellig und bat um das Abstellen des nächtlichen Glockenschlags in den Sommermonaten.

„In den warmen, heißen Sommermonaten bei geschlossenem Fenstern zu schlafen, ist unerträglich und darüber hinaus höchst ungesund“, erklärte Klaus-Jürgen Hess und führte als Extrembeispiel den Schlag um Mitternacht an, bei dem die Uhr 36 Mal schlägt. Weitere Beschwerden von Anwohnern zielen auf das ganzjährige Abstellen des Uhrenschlages in der Nacht ab.

Aber warum schlägt die Glocke an Mitternacht 36 Mal?

Die Erzinger Kirchenglocken schlagen zu jeder vollen Stunde zwei Mal die Anzahl der erreichten Stunden. Um 3 beziehungsweise 15 Uhr also sechs Mal, um 6 beziehungsweise 18 Uhr zwölf Mal. Um 12/24 Uhr schlagen die Glocken also 24 Mal. Da die Glocken nach jeder einzelnen Viertelstunde drei Mal ertönen – jeweils in unterschiedlichen Tönen – kommen zwölf Glockenschläge für die Vollendung der vierten Viertelstunde hinzu. Denn zur ersten Viertelstunde läuten sie drei Mal, zur halben Stunde sechs Mal, zur Dreiviertelstunde neun Mal und zur vierten Viertelstunde, der vollen Stunde, zwölf Mal. Das macht 36 Glockenschläge an Mitternacht in Erzingen.

Das sagen die Vertreter der Kirchengemeinde

In einem Gespräch mit dem SÜDKURIER standen die beiden Pfarrer Frank Malzacher und Veit Rutkowski, die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Claudia Reim, Stiftungsrat Heinz Giesen sowie Heinz Huber, Mitglied des Erzinger Gemeindeteams, Rede und Antwort.

Die Pfarrgemeinde St. Georg hat entschieden, dass die Kirchturm Uhr auch nachts weiterhin in Erzingen schlägt. Im Bild (von links): ...
Die Pfarrgemeinde St. Georg hat entschieden, dass die Kirchturm Uhr auch nachts weiterhin in Erzingen schlägt. Im Bild (von links): Pfarrer Veit Rutkowski, Pfarrgemeinderatsvorsitzende Claudia Reim, Pfarrer Frank Malzacher, Stiftungsrat Heinz Giesen und Heinz Huber, Mitglied des Erzinger Gemeindeteams. | Bild: Eva Baumgartner

„Das Abstellen des Uhrenschlags nachts in Erzingen ist technisch überaus kompliziert und kostenaufwendig, das kostet viel Geld, das wir nicht haben“, erklärte Pfarrer Malzacher und verwies auf die bereits getroffenen Lärmschutzmaßnahmen wie die Lamellenläden am Kirchturm, die die Lautstärke der Glocken reduzieren. Stiftungsrat Giesen ergänzte: „Wir halten uns an die gesetzlichen Vorgaben, aber wir versuchen immer ein Stimmungsbild der Bevölkerung über die Mitglieder des Gemeindeteams einzuholen.“

So hat sich beispielsweise Heinz Huber nach den Sonntagsgottesdiensten bei den Kirchgängern erkundigt. „Kein Einziger hat sich vom Uhrenschlag in der Nacht gestört gefühlt“, sagt Huber und ergänzt, dass eher das Gegenteil der Fall gewesen sei: Erst als zeitweise die Uhr falsch lief, sei dies als sehr störend empfunden worden.

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„Bereits in Grießen und Geißlingen haben wir schweren Herzens den Uhrenschlag nachts in der Zeit von 22 bis 6 Uhr abgestellt, dies in Absprache mit dem Gemeindeteam vor Ort und dem Pfarrgemeinderat“, stellte Pfarrer Malzacher klar. Allerdings sei dies bei den dortigen Kirchen technisch überaus einfach.

Das sagt die Gemeindeverwaltung

Die Gemeinde Klettgau, die an für sich für das weltliche Uhrengeläute zuständig ist, hat die Entscheidung in Erzingen der Pfarrgemeinde überlassen. Auf Nachfrage erklärt Bürgermeister Ozan Topcuogullari: „Uns liegt von ein paar Anwohnern der Wunsch vor, dafür zu sorgen, dass das Kirchengeläut nachts abgestellt wird, um die Nachtruhe Einzelner nicht zu stören. Es gibt Grenzwerte für das Nachgeläut, die nach Aussage der Kirche eingehalten sind. Wir überlassen deshalb die Entscheidung der Kirche. Ich persönlich finde aber, dass das Kirchengeläut zu unserem Kulturkreis gehört.“

So geht es jetzt weiter

Diese Meinung teilten offenbar auch die vom Gemeindeteam befragten Erzinger, demzufolge bleibt alles beim Alten. Die Erzinger Kirchturmuhr wird weiterhin in der Nacht die Tageszeit mit ihrem Glockenschlag anzeigen.

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