Sieben Dörfer bilden die Gemeinde Klettgau. Eingebettet in der idyllischen Landschaft zwischen dem Rhein- und dem Wutachtal leben rund 7600 Klettgauer in einer umtriebigen Gemeinde mit ebenso umtriebigen Einwohnern, die sich mit großem Einsatz engagieren.

Erich Hertkorn ist Antrieb der Naturschutzgruppe

Als das „Rauschen im Hintergrund“ bezeichnet Erich Hertkorn ganz bescheiden seinen Einsatz für den Naturschutz und meint damit seinen administrativen Aufwand für die Naturschutzgruppe, der ihn auf Trab hält. Dabei scheut er sich nicht, selbst vor Ort bei Aktionen mit Hand anzulegen.

Erich Hertkorn ist der Leiter der Klettgauer Naturschutzgruppe.
Erich Hertkorn ist der Leiter der Klettgauer Naturschutzgruppe. | Bild: Eva Baumgartner

Die Vogelwelt hat es dem Kriminalhauptkommissar im Ruhestand von jeher angetan. Von Kindesbeinen an hat er sich mit der Vogelkunde beschäftigt und ist mit dem Fernglas durch Wald und Flur gestreift. Dem Verschwinden von Vogelarten aus unserer Landschaft, verursacht durch den Menschen, der die Lebensräume, im Fachjargon Habitate, zerstört, versucht der 74-Järhige mit seinem Einsatz entgegenzuwirken.

Die Pfarrkirche St. Georg im Erzinger Oberdorf.
Die Pfarrkirche St. Georg im Erzinger Oberdorf. | Bild: Eva Baumgartner

Bereits seit 40 Jahren wohnt und lebt er mit seiner Familie in Erzingen. „Wir haben sofort Anschluss an die Dorfgemeinschaft gefunden.“ Die hat ihm auch sogleich den Spitznamen „Schimi“, in Anlehnung an den Duisburger Tatort-Kommissar, verpasst. Mit seiner Frau Oliva bewirtschaftete er 15 Jahre lang zehn Ar Reben und er spielte beim FC Erzingen in der AH-Mannschaft.

Mit dem damaligen Ortsbaumeister Alois Amann, ebenfalls ein großer Vogelliebhaber, fand er einen Gleichgesinnten, mit dem er für die Vogelwarte Möggingen ein Rauchschwalben-Monitoring durchführte. Seit vier Jahren ist Hertkorn der Leiter der Naturschutzgruppe, die unter dem Dach der Klettgauer Siedlergemeinschaft agiert und seit ihrem Bestehen schon vielerlei Projekte angestoßen hat.

„Unser größtes Anliegen ist die Förderung von Streuobstwiesen im Gemeindegebiet und deren Pflege als Habitate von Insekten und Vögeln“, erzählt Hertkorn und führt im gleichen Atemzug zahlreiche Aktionen der Naturschutzgruppe an, allen voran die Jungbaumbörse oder Wiederansiedlungshilfen von seltenen Obstgartenvogelarten, dem Bau von Nisthilfen, Aktionen zur Pflege der Bäume sowie Vermittlung anfallenden Streuobst. Auch die Pflege von selten vorkommenden Pflanzen, der Schutz von Feuchtbiotopen, Renaturierung von Bachläufen und vieles andere mehr. Die Liste der Aktionen der Arbeitseinsätze würde Seiten füllen.

Anna Geiger rettet Lebensmittel vor der Verschwendung

„Am Schönsten wäre es, wenn es uns nicht bräuchte“, sagt Anna Geiger, die Mitbegründerin der Foodsharing-Initiative des Bezirks Waldshut und Umgebung.

Anna Geiger gründete mit mehreren Mitstreitern die Foodsharing-Initiative des Bezirks Waldshut und Umgebung.
Anna Geiger gründete mit mehreren Mitstreitern die Foodsharing-Initiative des Bezirks Waldshut und Umgebung. | Bild: Eva Baumgartner

Die 35-Jährige lebt erst seit und drei Jahren in Grießen. „Die erste Zeit in Grießen verlief für mich etwas harzig, aber mittlerweile bin ich gut angekommen“ , stellt sie fest. Ihr größtes Anliegen ist die Rettung von Lebensmitteln, deren Verschwendung möchte sie mit ihren Mitstreitern im Rahmen ihrer Möglichkeiten entgegenwirken. Und das macht sie voller Enthusiasmus. „Das ist wie mein zweiter Job“.

Sie hat nachhaltiges Ressourcenmanagement studiert, nach ihrem Umzug von Bayern in den Klettgau fand sie einen Arbeitsplatz beim Regionalen Naturpark Schaffhausen, dort leitet sie den Sektor Bildung und Kultur.

Dass die Umwelt, die Natur und deren Schutz ihr am Herzen liegt, zeigt ihre Vita mehr als deutlich, so ist es nicht verwunderlich, dass sie sich auch im Privatleben dafür ins Zeug legt. Mit Gleichgesinnten gründete sie die Foodsharing-Initiative Waldshut.

Sie klappern Lebensmittelläden ab oder nehmen auch von Privatleuten nicht mehr benötigte, aber noch genießbare Lebensmittel aus Haus und Garten entgegen. Diese Lebensmittel können gratis von jedem an den speziellen Stationen, den sogenannten Fairteilern, geholt werden. Davon gibt es in nächster Umgebung einen in Tiengen bei der Boulderhalle Hotzenblock. Allein im Landkreis Waldshut habe die Initiative seit dem Start über 250.000 Kilogramm Lebensmittel gerettet bei mehr als 10.000 Rettungseinsätzen.

Grießen ist der zweitgrößte Ortsteil der Gemeinde Klettgau und feierte 2024 sein 900-jähriges Bestehen.
Grießen ist der zweitgrößte Ortsteil der Gemeinde Klettgau und feierte 2024 sein 900-jähriges Bestehen. | Bild: Eva Baumgartner

Aber nach wie vor herrsche große Unwissenheit über die Bedeutung des Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), das nur ein Qualitätsdatum des Herstellers ist und kein Wegwerfdatum. Denn auch nach Ablauf des MHD seien Lebensmittel durchaus meist noch bedenkenlos genießbar. „Auch deshalb haben wir an der Realschule zwei Workshops gemeinsam mit Schülern durchgeführt und mit ihnen mit geretteten Lebensmitteln gekocht“, erzählt Anna Geiger und fügt an, dass verschiedenen Studien zufolge rund 80 Kilogramm Lebensmittel pro Person und Jahr in Deutschland verschwendet werden.

Ihr langfristiger Plan ist nun mit Klettgauer Kollegen auch in ihrem Wohnort einen Fairteiler zu errichten. „Dazu brauchen wir noch Helfe für die tägliche Kontrolle, das Auffüllen und das Reinigen. Jede Verstärkung ist willkommen.“

Nicole Netzhammer will mit ihrem Engagement ein gutes Leben ermöglichen

Das Vorhaben der katholischen Kirche, den Erzinger Pfarrhof zu verkaufen, brachte einen mächtigen Stein ins Rollen. Es führte zur Gründung der Pfarrhofinitiative, die wiederum 2022 den Verein Kulturraum Klettgau mit rund 100 Mitgliedern gründete und schließlich in die Gründung der Regionalentwicklungsgenossenschaft Klettgeno mit 400 Genossenschaftsmitglieder mündete.

Nicole Netzhammer engagiert sich für den Erhalt und den Kauf des Pfarrhofs Erzingen und in der Regionalentwicklungsgenossenschaft Klettgeno.
Nicole Netzhammer engagiert sich für den Erhalt und den Kauf des Pfarrhofs Erzingen und in der Regionalentwicklungsgenossenschaft Klettgeno. | Bild: Eva Baumgartner

Die Frau im Hintergrund, aber eine der wichtigsten Engagierten, ist die Erzingerin Nicole Netzhammer. Sie ist verheiratet und Mutter von vier Töchtern, von Beruf ist sie Webdesignerin. „In meinem tiefsten Inneren treibt mich die Lust am Gestalten und Wirken an. Es macht mir einfach schon immer Spaß, Dinge zu bewegen und weiterzuentwickeln“, erzählt die 51-Jährige.

Nachdem die jüngste Tochter aus dem Gröbsten raus war, hatte sie mehr Freiheiten für ihre Ideen. Neben Familie, Job und Haushalt engagiert sie sich in verschiedenen Vereinen. Ihr großes Interesse für Initiativen und Themen rund um den gesellschaftlichen Wandel und Dorfentwicklung treibt sie an. Als Paradebeispiel dafür führt sie das historische Zechenwihler Hotzenhaus an, das mit viel Bürgerengagement wieder zum Leben erweckt wurde oder „Murg im Wandel“ mit Projekten für ein gutes Leben. „So was will ich bei uns auch“, betont sie. Dafür setzt sie sich mit all ihrer Energie ein.

Sie organisiert im Hintergrund den enorm großen administrativen Part des Vereines Kulturraumes Klettgau und der Genossenschaft Klettgeno und legt in vielerlei Hinsicht bei den zahlreichen Aktionen mit Hand an. „Mein Einsatz für unsere Sache gibt mir Sinn und ist Ausgleich zu meinem Büro-Job, es ist handfest und erfüllend in einer guten Gemeinschaft mitanpacken zu können“, erklärt Nicole Netzhammer.

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Klettgau in Zahlen, Daten, Fakten

  • Kreis: Waldshut
  • Fläche in Hektar: 4587
  • Bevölkerung: 7496
  • Einwohner pro km²: 163
  • Pendler: aus: 2937, ein: 1441
  • Altersdurchschnitt: 43,9
  • Bildung: zwei Grundschulen, eine Realschule
Bild 6: So machen wir Klettgau besser: Für die Umwelt, ein nachhaltiges Leben und das Miteinander
Bild: SK
  • Miete pro m² in Euro: 6,76
  • Wohnung Kaufpreis pro m² in Euro: 2637,^6
  • Haus Kaufpreis pro m² in Euro: 3382,78
  • Bautätigkeit: Die Gemeinde bietet momentan im Baugebiet Wetteäcker im Ortsteil Erzingen sechs Bauplätze. Weitere Baugebiete sind in Planung, der Zeitpunkt der Baureife ist aber noch nicht abschätzbar. Die Preise für die Grundstücke stehen noch nicht fest, werden für jedes Baugebiet vom Gemeinderat festgelegt. Die Gemeinde hat Vergaberegeln aufgestellt.
  • Fernverkehr: nein
  • Regionalbahn: ja
  • Schwimmbäder: ein Freibad
  • Gastro: ja
  • Pflegeheime/Seniorenzentren: ja
  • Hausärzte: 1
  • Kitaplätze: Anzahl Plätze ganztags U3: 35. Anzahl Plätze ganztags Ü3: 45. Anzahl Plätze VÖ U3: 16. Anzahl Plätze VÖ Ü3: 261. Betreuungsquote U3: ca. 40 Prozent. Betreuungsquote Ü3: 100 Prozent.
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