„Für mich ist die Waffe ein Werkzeug“, sagt Sven Wassenberg. Der 46-Jährige ist Personenschützer und geprüfter Meister für Schutz und Sicherheit. Er bildet außerdem Sicherheitspersonal nach Paragraf sieben des Waffengesetzes aus. Im so genannten Waffensachkunde-Lehrgang lernen künftige Sicherheitskräfte, mit einer Schusswaffe umzugehen. Für den Ausbilder entscheidend: „Man muss sich jederzeit darüber bewusst sein, welche Verantwortung damit verbunden ist.“

Der Wunsch nach einer Waffe ist in der Bevölkerung in den vergangenen Jahren gewachsen. Das zeigt die Statistik. Wassenberg bestätigt: „Ja, auch ich nehme wahr, dass das Sicherheitsbedürfnis zugenommen hat.“ Was sind das für Menschen, die eine Waffe haben wollen? Beim Besuch des Lehrgangs von Wassenberg wird schnell deutlich: Die Teilnehmer wollen im Bereich Schutz und Transport von Wertgegenständen tätig werden. Für sie ist die Waffe ein Gegenstand, der in ihrem Beruf vorgeschrieben ist. Mehr nicht.

Die Persönlichkeit muss stimmen

Ein anderes Bild zeige sich bei manchen Anfragen, die Wassenberg als Leiter der Schule für Sicherheit (SFS) in Wehr bekommt: „Bei mir rufen immer mal wieder Menschen an, ob man bei mir einen Waffenschein kaufen oder machen kann. Da werde ich dann hellhörig.“ Wassenberg fragt in solchen Fällen zunächst nach den Gründen, die den Anrufer umtreiben. „Meist wird dann bereits schnell klar, dass dieser Mensch keinen rechtlichen Anspruch auf einen Waffenschein hat.“

Das Seminarprogramm seiner Sicherheitsschule umfasst neben Selbstverteidigungskursen auch den Umgang mit Pfefferspray und – unter strengen Auflagen – eben die Schulung mit scharfer Munition. Wassenberg, der selbst ein Bewachungsunternehmen führt, legt in seinen Kursen großen Wert darauf, die Grundlagen zu schaffen, um den verantwortungsbewussten Umgang mit der Waffe möglichst sicherzustellen.

Für die Teilnahme bei ihm gelte: Entscheidend sei immer der Mensch. Deshalb schaue er in seinen Lehrgängen besonders genau hin, was die Persönlichkeit aber auch Gesinnung der Teilnehmer ausmache. „Wenn ich schon in der Ausbildung einen unseriösen Eindruck bekomme, sei es durch Äußerungen bedenklichen Gedankenguts, auffälliges Gebaren oder allgemeines Verhalten, dann werde ich entsprechend handeln, oder die Ausbildung von vorne herein ablehnen“, sagt Wassenberg.

Handeln, das heißt in diesem Fall, dass die Behörden informiert werden. Dann sei es in deren Ermessen, zu entscheiden, ob der kritische Teilnehmer eine Erlaubnis bekommt, eine Schusswaffe zu führen.

Die Waffe ist das letzte Mittel

Doch es gibt schwarze Schafe – auch in unserer Region: Der Privatmann, der sich eine Pistole in die Nachttischschublade legt, der mit scharfer Munition ausgerüstete Unternehmer: Solche Fälle kennt auch Wassenberg. „Es ist ein sehr heikles Thema. Aber wenn sich jemand überlegt, sich eine Waffe zuzulegen, um wehrfähig zu sein, wenn jemand einbrechen sollte, dann macht mir das schon Angst.“ Denn hier stimme die Verhältnismäßigkeit nicht.

„Eine Schusswaffe ist immer das allerletzte Mittel, das zum Einsatz kommt“, betont Wassenberg und ergänzt: „Und auch nur, wenn es um Leib und Leben geht.“ Zunächst gelte es, alle anderen Optionen auszuschöpfen: die Stimme, den Körper oder das Auftreten.

Dies vermittelt der Sicherheitsprofi auch seinen Lehrgangsteilnehmern. Drei sind es diesmal. Artur, Sascha und Mustafa werden im Anschluss im Sicherheitsbereich tätig sein. Sie möchten nicht, dass ihre Nachnamen genannt werden.

Umgang mit der Waffe: Sven Wassenberg (links) und Lehrgangsteilnehmer Artur auf dem Schießstand in Bad Säckingen.
Umgang mit der Waffe: Sven Wassenberg (links) und Lehrgangsteilnehmer Artur auf dem Schießstand in Bad Säckingen. | Bild: Olheide, Monika

Ob sie Typen sind, die Waffen zur Steigerung ihres Selbstwertgefühls brauchen? Nein. Drei völlig normale Männer, die Familie haben. In den Pausen unterhalten sie sich.

Diskretion im Personenschutz

Sven Wassenberg, der in Deutschland und auch international als Militärausbilder aktiv war, ist selbst aktiv im Personenschutz tätig und war bis 2018 im internationalen Botschaftsschutz eingesetzt. Er schützt Menschen vor Übergriffen, die beispielsweise Opfer häuslicher Gewalt geworden sind und bedroht werden. Weiter ins Detail will er nicht gehen.

„Bei uns ist es anders als in Amerika oder Israel“, sagt Wassenberg. „Bei uns zeichnet sich Personenschutz vor allem durch Diskretion aus“, erklärt er. Niemand soll etwas merken, das Leben soll für die Betroffenen möglichst normal weitergehen. Er selbst bekommt seine Aufträge häufig von Rechtsanwälten, nicht selten auch in der Schweiz.

Bild 2: Fehler können tödlich sein: Ein Sicherheitsprofi gibt Einblick in eine Branche, in der Gefahr alltäglich ist
Bild: Olheide, Monika

Wie oft Sven Wassenberg seine Waffe schon einsetzen musste, darüber möchte er nichts sagen. Das mache er nie. „Im Bereich Personenschutz arbeite ich immer alleine oder in einem speziell ausgewählten Kommando, das ist etwas ganz anderes als der Schutz von Wertsachen oder Objekten.“

Er selbst kommt das Nordrhein-Westfalen, aus der Nähe von Düsseldorf. Mehr möchte er nicht sagen. Verschwiegenheit ist ein wichtiger Teil seiner Arbeit. Ein zum Teil über lebens- und überlebenswichtiger, wie er sagt. Klare Prinzipien. Klare Ansagen. Das bestätigen auch seine Schüler.

Anforderungen und Grenzen

Gewissenhaft läuft der Unterricht am Schießstand ab. Immer wieder zielen die Teilnehmer auf die Scheiben in etwa 25 Metern Entfernung. Immer dabei ist ihr Ausbilder.

Wassenberg strahlt Sicherheit aus, seine Stimme ist ruhig und überlegt, doch der Ton deutlich: „Man muss sich bewusst sein, dass man mit einer Schusswaffe Menschen töten kann und dass jede Situation tausend Varianten haben kann, wie sie ausgeht. Wer damit nicht klar kommt, eignet sich nicht. Das ist ein Grund für mich, die Ausbildung abzubrechen.“

Bild 3: Fehler können tödlich sein: Ein Sicherheitsprofi gibt Einblick in eine Branche, in der Gefahr alltäglich ist
Bild: Olheide, Monika

Wassenberg betont: „Ein kleiner Fehler kann tödlich sein.“ Dabei ist es nicht nur der direkte Schuss, der schwerste Verletzungen verursachen kann. Wassenberg deutet auf die Wand hinter den Zielscheiben: Hunderte Splitter von Projektilen stecken in der Abdeckung. „Diese Splitter entstehen beim Einschlag. Man kann sich leicht vorstellen, was passiert, wenn auf einer belebten Straße Schüsse abgegeben werden.“ Ein Szenario, vor dem es den Profi graut.

Reich werde man mit diesen Kursen nicht, sagt Wassenberg. Eigentlich ein Nullsummenspiel. Und doch übernimmt er gerne die Waffensachkunde-Kurse, spricht selbst von Passion und Leidenschaft. 56 Übungseinheiten verbringen er und seine Schüler miteinander.

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Bei der Abschlussprüfung müssen sich die Teilnehmer vor einem Prüfungsausschuss beweisen. 70 Prozent der geforderten Leistung müssen sie mindestens abrufen. Erst dann dürfen sie eine Waffe führen. Das aber auch nicht immer: „Im Sicherheitsbereich ist das Führen der Waffe ausnahmslos auf berufliche Einsätze begrenzt.“

Andere Ausbildung für Sportschützen

Was für Angestellte von Sicherheitsdiensten hinsichtlich der Ausbildung gilt, ist nicht der Standard in der Sportschützenausbildung. Auch hier hat Wassenberg Einblicke, da er selbst für Sportschützen bei deren Ausbildung engagiert nachgesteuert hatte. „Für Sportschützen sind deutlich weniger Unterrichtseinheiten und weniger Praxis vorgesehen“, erklärt er.

Warum Schießen Spaß machen kann? „Es gibt Menschen, die einfach fasziniert sind von Waffen. Geschicklichkeit gehört dazu, Körperbeherrschung und Konzentration. Dass das Spaß macht, ist für mich schon nachvollziehbar.“ Er ergänzt: „Solange der Sport gewissenhaft ausgeübt wird.“

Schüsse auf Menschen

Wassenberg sagt über die Waffensachkunde-Kursinhalte: „Ja, wir üben als Waffenträger auch den Schuss auf Menschen. Das gehört dazu. Dabei zielen wir aber grundsätzlich auf den Rumpf.“ Verteidigungsschießen dürfe laut Rechtsprechung nur mit einer besonderen behördlichen Erlaubnis trainiert werden – und dann nicht zum Angriffsschießen. Somit gehöre das Trainieren von sogenannten Kopfschüssen auch nicht zu einer gesetzlich akzeptierten Ausbildung.

Zielscheibe mit Einschusslöchern auf dem Schießstand.
Zielscheibe mit Einschusslöchern auf dem Schießstand. | Bild: Olheide, Monika

Doch in seiner Branche gibt es auch unseriöses Handeln: „Es ist äußerst kritisch zu sehen, wenn dies anderswo durchgeführt wird. Auch der Einsatz von automatischen Feuerwaffen ist nicht Bestandteil der Ausbildung, denn diese fallen in Deutschland unter das Kriegswaffenkontrollgesetzt. Nein, ich lade auch nicht mein Team ein, das anderswo zu trainieren.“

Er hat auch kein Verständnis für private Sicherheitsdienste, die ihre Waffen zur Schau tragen, mit ihnen sogar einkaufen gehen: „Das ist gesetzlich verboten und verstößt auch gegen die Zuverlässigkeit des Waffenträgers und des Gewerbetreibenden.“

Wassenberg schätzt die deutsche Gesetzgebung: „Sie trägt zur allgemeinen Sicherheit bei. Wer eine Waffe führt, oder beruflich führen muss, muss sich seiner Verantwortung bewusst sein. Am besten ist es, wenn man die Waffen gar nicht benötigt.“

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