Eine Fußgängerbrücke, die über die Gleisanlagen der Deutschen Bahn führt, hat für Debatten in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats in Stetten am kalten Markt gesorgt. Eine wirtschaftliche Sanierung der Holzbrücke scheint nach den Ausschreibungsergebnissen aussichtslos, denn die eingegangenen Angebote würden die Kostenschätzung des Planungsbüros Müller aus Ulm zum Teil um knapp das Dreifache überschreiten, so Bürgermeister Maik Lehn. Daraufhin seien die Ausschreibungen aufgehoben worden.

Entgegen dem Beschlussvorschlag, die Brücke zurückzubauen, falls eine erneute Brückenüberprüfung negativ sein werde, vertagte der Rat die radikale Lösung auf Antrag von Storzingens Ortsvorsteher Bruno Pozzi. Er hatte tief im geschichtlichen Untergrund der Holzbrücke gegraben und in alten Sitzungsprotokollen gestöbert. Demnach war das Bauwerk einst eine befahrbare Brücke, deren Sanierung aufgrund hoher Kosten durch den damaligen Gemeinderat unter Bürgermeister Gregor Hipp abgelehnt und letztendlich im Jahr 1995 durch eine rund 105.000 DM teure Fußgängerbrücke ersetzt worden ist. Da diese die Gleisanlagen überquert, schoss die Bahn seinerzeit 300.000 DM zu, wobei, so las Pozzi aus den alten Protokollen, der übrige Betrag in Straßen und Wege an der Brücke investiert werden sollte.

Denkmalgeschützte Strecke

Zwar sei die betreffende Zollernstraße um die Jahrtausendwende saniert worden, „doch entgegen der Aussage von Ortsvorsteher und Bürgermeister hat die Straße zu 95 Prozent von den Anliegern finanziert werden müssen“, echauffierte sich Pozzi und befand, dass auf diese Weise „rund 200.000 DM im Besitz der Gemeinde geblieben sind“. Er hob hervor, dass diese Brücke, solange sie noch befahrbar war, von der Landwirtschaft genutzt worden sei. Seit der Verkleinerung müsse von der Landwirtschaft „die untere, viel schlechter befahrbare Strecke benutzt werden“. Er führte Gründe für den Erhalt der Brücke auf, „die sowohl damals galten, als auch heute“. So führe der untere Zugang an der Brunnenwiese vorbei und liege im Überschwemmungsgebiet, weshalb dieser nicht ganzjährig und zuverlässig befahrbar sei. Zudem sei die ganze Bahnstrecke zwischen Sigmaringen und Balingen, zu der auch die Brücke gehöre, denkmalgeschützt. Zwei landwirtschaftliche Gebäude, die im Notfall erreicht werden müssen, seien dort im „Brühl“ genannten Gebiet, das als Baugebiet ausgewiesen sei, und für die Feuerwehr sei die Brücke „Plan B“, sollte Hochwasser herrschen. Dazu komme das Starkregenrisikomanagement, das die Wiesen nach der Brunnenwiese als Ausgleichsflächen für plötzlich auftretende Wassermassen benannt habe.

Storzingens Ortsvorsteher Bruno Pozzi lässt nichts unversucht, die Holzbrücke zu erhalten.
Storzingens Ortsvorsteher Bruno Pozzi lässt nichts unversucht, die Holzbrücke zu erhalten. | Bild: Susanne Grimm

Akribische Recherche

Der engagierte Ortsvorsteher ließ nichts aus, um darzulegen, dass diese Brücke nach wie vor gebraucht werde, zumal sie nach seinen Aussagen für das Baugebiet Brühl als Fußweg eingezeichnet sei. „Ich werde mich nicht scheuen, für den Erhalt des Objekts sehr weit zu gehen“, sagte Pozzi, „das ist für mich eine Prinzipienfrage.“ Entsprechend hatte er sich schlau gemacht, Statiker befragt, bei der Bahn nachgehakt (denn die Bahn als Kreuzungspartner hat Mitspracherecht), nachgeforscht, wer solche Brücken in der Region herstellt und Kontakte geknüpft. Sowohl der Gemeinderat als auch Bürgermeister Lehn zeigten sich von Pozzis akribischer Recherche beeindruckt, wobei sich Lehn die erarbeiteten Kontaktdaten erbat. Lehn machte zum Brückenerhalt jedoch deutlich, dass „nur die Kosten-Nutzen-Rechnung ergibt, ob wir uns das leisten können“. Dazu brauche es verlässliche Zahlen und Rücksprache mit der Bahn.

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Brückenprüfung 2026 abwarten

In der Sitzung war Thilo Müller vom Ingenieurbüro Müller aus Ulm, der sich den Fragen aus dem Rat stellen musste. So beispielsweise, wieso das Ingenieursbüro für die Sanierung eine Kostenschätzung von rund 70.000 Euro abgegeben hat, die Ausschreibungsangebote aber zwischen rund 180.000 und fast 207.000 Euro lagen. Müller hielt diese Gebote für nicht gerechtfertigt und mutmaßte, dass die Baumaßnahme und die Lage für die Firmen „nicht sehr attraktiv“ sei. Letztendlich, so die Entscheidung des Rats, soll das Ergebnis der erneuten Brückenprüfung im Jahr 2026 abgewartet werden. Bis dahin, so Lehn, „wird die Verwaltung, gemeinsam mit dem Ingenieur Müller aus Ulm, Möglichkeiten sowie die Kosten für einen Ersatzneubau erarbeiten und diese Daten dann dem Gemeinderat zur Entscheidung zukommen lassen“.