Jeden Tag stehen Kunden vor eine riesigen Auslage an Backwaren, wenn sie eine Bäckerei oder Konditorei betreten. Der Vorteil für den Kunden: Die Auswahl ist groß. Der Nachteil: Nicht alles wird verkauft. Am Ende bleibt viel übrig. Doch was passiert eigentlich mit den nicht verkauften Backwaren? Wir hakten nach.

Clemens Pfeiffer, Chef von Pfeiffer Beck Bäckerei, Konditorei & Café in Bad Säckingen kennt das:. Jeden Morgen füllen er und seine Mitarbeiter die Ladentheken der insgesamt acht Filialen in Bad Säckingen, Murg und Schwörstadt und jeden Abend bleibt etwas übrig. „Zwischen acht und zwölf Prozent der Produktion bleibt im Laufe eines Jahres übrig“, erklärt Pfeiffer. Wenn er auf diesen Überfluss verzichten könne, würde er es gerne tun. Doch er erklärt, warum das gar nicht geht.

Für die Tafel und die Tierhalter

Immerhin schafft es die Bäckerei am Hochrhein, 99 Prozent der nicht verkauften Waren der Wiederverwertung zuzuführen. Wie das klappt? „Wenn es irgendwie geht, geben wir die Backwaren vom Vortag an den Tafelladen Bad Säckingen weiter“, erklärt Clemens Pfeiffer. Dieser holt die Waren vom Vortag dienstags, mittwochs und freitags ab.

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In Säcke gefüllt, gehen die Backwaren aber auch an private Tierhalter. So verfüttert eine Reiterin diese etwa an die Pferde, andere Züchter geben es an ihre Hühner weiter. „Doch Tierhalter, die das Fleisch ihrer Tiere wieder verkaufen, dürfen unsere Backwaren nicht verfüttern. Das ist verboten, denn es wäre keine artgerechte Ernährung“, erklärt Pfeiffer.

Am Morgen in der Bäckerei Pfeiffer: Die Auslage ist voll. Doch auch am Abend wird noch viel übrig sein.
Am Morgen in der Bäckerei Pfeiffer: Die Auslage ist voll. Doch auch am Abend wird noch viel übrig sein. | Bild: Verena Wehrle

Doch etwas landet dann doch in der braunen Biotonne: Die Sahnetorten, Kuchen und belegten Brötchen. Diese dürften aus Hygienegründen nicht weiter gegeben werden, so Pfeiffer.

Doch warum liegen so viele Waren in der Auslage?

Clemens Pfeiffer beschreibt es als ein Wohlstandsproblem der heutigen Überflussgesellschaft. „Das ist der Anspruch der Kunden. Sie erwarten einfach ein breites Sortiment bis zum Schluss“, sagt der Bäcker. „Wenn sie zwei Mal kommen und der Berliner oder der Nussgipfel fehlt, dann kommen sie nicht mehr wieder“, erklärt er das Problem.

Die Auslage könne er zwar etwas regulieren, etwa in der Ferienzeit reduzieren, aber das Geschäft sei jeden Tag ein anderes. Sich diesen Gesetzen des Marktes zu entziehen, sei nicht möglich. „Wenn ich auf den Überfluss verzichten könnte, würde ich es tun. Es kostet mich nur Geld“, erklärt Pfeiffer.

Und wie wäre es, die Ware an Kunden zu verschenken?

„Die Ware abends zu verschenken, das wäre für das Geschäft kontraproduktiv“, sagt Pfeiffer, der sich jedoch spendabel zeigt und sich freut, dass der Tafelladen von seinen Backwaren profitiert. „Der Tafelladen darf gerne auch fünf Mal die Woche kommen“, sagt er.

Aber dürfte ein Bäcker seine Backwaren überhaupt verschenken?

Ist dies nicht Steuerhinterziehung? 2012 sollte ein deutscher Bäcker, der seine Brötchen an die Tafeln verschenkte, statt sie in den Müll zu werfen, dafür über 5 000 Euro Steuern nachzahlen. Die Begründung der Finanzbehörden: Mit den Zutaten für die Backwaren habe der Bäcker ja bereits den Vorsteuerabzug genossen. Der damalige Fall sorgte medial für Aufsehen und für eine Gesetzesänderung.

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Wir fragten nach, wie die Regelung aktuell aussieht und es gibt eine klare Antwort: Bäcker dürfen ihr Waren verschenken. Denn seit 2012 gilt die sogenannte Billigkeitsregelung wie Ulrike Lange, Umsatzsteuerreferentin bei der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, informiert. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Es ist erlaubt Waren bis zu einem Wert von 35 Euro pro Jahr und pro Kunde zu verschenken, wie Lange erklärt. Und: „Die Regelung gilt generell für den Handel, nicht nur für Bäcker“, so die Expertin.

Sie ergänzt: „Es muss sich bei den Beschenkten allerdings um außenstehende Personen – also keine Familienmitglieder oder Mitarbeiter handeln“. Bei Spenden an Tafeln gilt die Grenze von 35 Euro nicht – hier kann grenzenlos an die Bedürftigen gespendet werden. 

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