Dass die Albtalstraße nun seit fast neun Jahren wegen Felssturzgefahr gesperrt ist, hat weniger geologische oder technische Ursachen, eher politische und bürokratische Gründe. Dieser Auffassung ist Daniel Morath. Der 44-Jährige führt im drei Kilometer vom Albtal entfernten Albbrucker Ortsteil Birndorf zusammen mit seinem Bruder ein weltweit tätiges Unternehmen, das Spezialmaschinen für den Bau von Steinschlagbarrieren und Böschungssicherungen herstellt.
Die im Albtal notwendigen Arbeiten sind in seiner Branche Alltag, sagt Morath
Über die Sicherung der absturzgefährdeten Passagen im Albtal sagt Daniel Morath: „Die technische Ausführung ist grundsätzlich kein Problem. So etwas ist Alltag bei der Felssanierung.“ Er verweist auf das Höllental östlich Freiburg, wo entlang der B31 und der Höllentalbahn in den vergangenen Jahren umfangreiche Felssicherungsarbeiten durchgeführt wurden.

Grundsätzlich sieht Morath die Situation im Albtal nicht anders als im Höllental, im Wehratal oder im Schlüchttal. Im gesamten Südschwarzwald sei die Gefahr von Stein- und Felsstürzen groß und durch Umwelteinflüsse steigend, erklärt er im Gespräch mit unserem Medienhaus. Würden die Behörden überall den gleichen Maßstab anlegen wie im Albtal, dann müsste vermutlich der gesamte Schwarzwald gesperrt werden.
„Das kommt mir manchmal vor wie beim Berliner Flughafen“
Den buchstäblichen Stillstand im Albtal sieht Daniel Morath als Ergebnis rigider Auslegung immer umfassenderer Vorschriften durch die Bürokratie: „Das kommt mir manchmal vor wie beim Berliner Flughafen. Theoretisch machen alle alles richtig, aber praktisch kommt nichts raus.“ Seinen Beginn habe dies bereits 2015 mit dem vom Landratsamt Waldshut in Auftrag gegebenen Gutachten des Landesamts für Geologie, genommen, das eine vollständige Sperrung der Straße empfiehlt, bis geeignete Sicherungsmaßnahmen vorgenommen worden sind.
Erst sollte die Sicherung 2,8 Millionen Euro kosten, inzwischen wird mit dem Zehnfachen gerechnet
Die ins Auge gefassten Maßnahmen würden immer umfangreicher, das Vorhaben damit teurer. „Ganz am Anfang war mal von 2,8 Millionen Euro für die erforderlichen Sofortmaßnahmen die Rede, inzwischen stehen ganz andere Summen im Raum“, sagt Morath. Zur letzten Schätzung der Kosten einer umfangreichen Hangsicherung sagt er: „Natürlich kann man hier 30 Millionen Euro verbauen, wenn man will.“ Je größer der Aufwand und je stärker die Eingriffe, umso höher würden nicht zuletzt aufgrund der vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen die Kosten. Beispiele an anderen Straßen und aus anderen Ländern – insbesondere aus der Schweiz und Österreich – zeigen Moraths Meinung nach aber, dass solche Maßnahmen wirtschaftlich realisierbar sind.
Eigentlich weise die Albtalstraße sogar besonders gute Bedingungen auf, um dort möglichst kostengünstig arbeiten zu können. So habe sein Unternehmen 2020 seinen Angaben zufolge für das Landratsamt Waldshut nachgewiesen, dass Bohrfahrzeuge und Bohrmaschinen zu Sanierungsstellen auch durch engen Tunnels erreichen könnten.

Dies würde den teuren und lärmintensiven Einsatz von Helikoptern minimieren.
Die Bedingungen sind gut
Anders als viele andere Felsbaustellen, die er kenne, sei die Albtalstraße bereits komplett für den Verkehr gesperrt. Dies mache einfacheres und schnelleres Arbeiten möglich als an einer nur halbseitig oder temporär gesperrten Straßen- oder Zugverbindung. Morath: „Eigentlich herrschen im Albtal traumhafte Zustände für solche Arbeiten. Es gibt unangenehme Bereiche, aber alles ist lösbar.“

Abstrakt sprächen sich vom zuständigen Landesminister Winfried Herrmann bis zu den Bürgermeistern und anderen Vertretern der Region alle für die Wiederöffnung der Albtalstraße aus, sagt Morath. Fakt sei dennoch, dass die Straße nun schon seit fast neun Jahren geschlossen sei. Politik und Behörden müssten klar Farbe bekennen: „Es muss jetzt eine Deadline her. Wird die Straße nicht mehr geöffnet, dann können wir uns auch weitere Millionen für Gutachten sparen.“
Was wurde aus dem Planfeststellungsantrag des Landratsamts?
In der Pflicht, ein Konzept für die Felssanierung im Albtal vorzulegen, sieht Daniel Morath das Landratsamt. An dieses habe das Land nach der Zusage, die Kosten zu finanzieren, 2018 die Zuständigkeit übertragen. Somit sei die Behörde in Waldshut-Tiengen ausschließlich verantwortlich.
Im Landratsamt sei eigens eine Personalstelle geschaffen worden, um das Planfeststellungsverfahren voranzubringen. „Doch was ist mit dem Planfeststellungsantrag?“, fragt der 44-Jährige.
Ursprünglich hätte der Antrag Mitte 2021 beim Regierungspräsidium eingereicht werden sollen. Dann wurde bekannt, dass es aufgrund eines Gutachtens zu Verzögerungen kommt. Der Zeitplan verschob sich nach hinten, ein möglicher Baubeginn rückte von 2024 auf 2026. Alle Hintergründe dazu haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Der Unternehmer sieht den Südschwarzwald bei der Infrastruktur ohnehin benachteiligt
Daniel Morath melde sich jetzt in erster Linie als betroffener Bürger zu Wort, wie er sagt. Der Südschwarzwald sei aufgrund seiner Topografie und seiner Grenzlage zur Schweiz infrastrukturell ohnehin benachteiligt. Deswegen dürfe keinesfalls hingenommen werden, dass Verkehrswege, die die Menschen täglich benötigten, beispielsweise, um zu ihrem Arbeitsplatz zu pendeln, abgebaut würden.
Die Geschichte der Albtal-Sperrung
- Die Albtalstraße ist nach Steinschlag seit Pfingsten 2015 gesperrt. Viel Politikerbesuch, doch nichts hat sich getan, wie unsere Chronologie zeigt.
- Nach kritischen Äußerungen der SPD-Bundestagsabgeordneten Rita-Schwarzelühr-Sutter verteidigen die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann-Müller und Ministerialdirektor Uwe Lahl die Arbeit des Landratsamts Waldshut.
- Auf einer Online-Plattform ist der aktuelle Stand des Verfahrens und der angestrebte Zeitplan aufgeführt.
- Steiniger Weg zur Wiedereröffnung der Albtalstraße: Gutachten als Grundlage der Felssicherung sollen 2021 vorliegen.
- Kein Durchkommen mehr: Weitere Steinblöcke verstärken Albtalsperrung zwischen Tiefenstein und Hohenfels