Für den Landrat des Landkreises Waldshut, Martin Kistler, interessieren sich gerade viel mehr Menschen als sonst. Der Grund: Kistler wurde vor wenigen Tagenzum Vorsitzenden eines Dachverbands gewählt, der die Dialekte in Baden-Württemberg schützen will. Das Land fördert den Verband mit 78.000 Euro im Jahr. Der Dachverband der Dialekte in Baden-Württemberg (DDDBW) wurde auf Initiative von vier Landtagsabgeordneten aus vier Landtags-Fraktionen am 19. Juli 2023 in Stuttgart gegründet.
Neben den Initiatoren Markus Rösler (Grüne), Willi Stächele (CDU), Andreas Kenner (SPD) und Jochen Haußmann (FDP) waren auch Vertreter von Dialektverbänden aus Süd- und Nordbaden, sowie aus dem schwäbischen Raum bei der Gründung dabei. Auch nahmen Mundartkünstler, Kulturverbände und Sprachwissenschaftler an der Gründungsveranstaltung Teil.
Dialekt gerade auch bei jungen Menschen fördern
Ziel des Verbands ist es, laut eigenen Angaben, als zentrales Sprachrohr für die unterschiedlichen Mundartverbände im Land zu agieren und deren Ideen und Forderungen zur Umsetzung verhelfen.
Dazu möchte der Verband unter anderem auch einen Mundart-Preis ins Leben rufen. Dieser soll mit 50.000 Euro dotiert sein und junge Menschen für Dialekte begeistern. Als Plattform für den Preis sollen laut DDDBW soziale Medien fungieren, wie dieser jedoch genau aussieht, ist noch nicht klar.
Darum fiel die Wahl auf Kistler
Zum Vorsitzenden wurde der Waldshuter Landrat Martin Kistler gewählt, der jedoch selbst bei der Gründung nicht vor Ort sein konnte. Er sei von den Initiatoren angesprochen worden, ob er sich den Vorsitz vorstellen könne, da er für seinen Alemannischen Dialekt bekannt sei und sich immer wieder für die Dialekte engagiere, sagte der neue Verbandsvorsitzende im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Dazu habe auch das Jahrbuch des Landkreises aus den Jahren 2021 und 2022 beigetragen. In diesem stellt der Landkreis Waldshut seine sprachliche Vielfalt und die Besonderheiten der Dialekte in der Region vor. In diesem Buch spricht Kistler davon, dass das Alemannische ein Dialekt der „Ausdrucksvielfalt“ sei.
Dialekt ist Heimatgefühl
Für Kistler ist der Dialekt mehr als nur eine Art sich auszudrücken. „Der alemannische Dialekt bedeutet für mich Heimat“, so der Landrat. Gerade in dieser Zeit, in der vieles globalisierter sei, sei das mit dem Dialekt verbundenen Heimatgefühl ein Besonderes. Auch die Vielzahl der Mundarten in Baden-Württemberg begeistert den 47-Jährigen: „Es ist ja auch schön zu hören, wo jemand herkommt, man kann eine geografische Einordnung anhand der Sprache treffen“.
Der Landrat beobachtet, dass gerade bei jungen Menschen der Dialekt keinen großen Stellenwert mehr habe: „Die Jungen verstehen die Älteren zwar, aber selbst Dialekt sprechen können oder wollen sie oft nicht mehr“. Auch deshalb will sich der Landrat für den Erhalt des Alemannischen einsetzen. Denn Dialekt schaffe, so der Landrat, einen feineren und weitsichtigen Umgang mit Sprache und auch den Menschen in einer Region. „Wer Dialekt spricht, versteht das Leben und seine Umwelt besser“.
Kein Lieblingswort
Ein alemannisches Lieblingswort hat Martin Kistler jedoch nicht, obwohl er in letzter Zeit öfter danach gefragt wurde. „Das berühmte Chuchechastli ist natürlich der Klassiker“, meint Kistler. Das zeige die Besonderheiten der Sprache in der Region. Jedoch sei er kein Sprachwissenschaftler, sondern spreche den Dialekt einfach.
Die Bewerbung
In seinem Bewerbungsvideo, spricht Kistler davon, dass die Intentionen des neu gegründeten Verbands auch eine Herzensangelegenheit für ihn sei und dass sich durch das Sprechen von Dialekten auch Barrieren abbauen ließen.
Auch erwähnt Kistler in seiner Begründung, dass die Baden-Württemberger selbstbewusster mit ihren Dialekten umgehen sollten, daher sei der neue Verband ein nötiges Vorhaben.