Wer sich in Bad Säckingen, Wehr, Laufenburg, Murg, Rickenbach oder Herrischried nicht an Recht und Ordnung hält, bekommt es mit ihr zu tun: Amtsrichterin Stefanie Hauser ist die Vorsitzende des Schöffengerichts Bad Säckingen, Ermittlungsrichterin und kümmert sich um rund 800 laufende Betreuungsverfahren. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER verrät die 50-Jährige, welche Fälle ihr besonders schwerfallen, erzählt von ihrem häufig sehr spontanen Arbeitsalltag und erklärt, warum der Beruf als Richterin sie mit Dankbarkeit und Zufriedenheit erfüllt.

Im Gerichtssaal muss Stefanie Hauser immer den Überblick behalten

Wenn Stefanie Hauser als Vorsitzende des Schöffengerichts an den Richtertisch im Amtsgericht Bad Säckingen tritt, ist sie voll im Fokus. „Es ist immer wahnsinnig anstrengend, weil es einem die volle Konzentration abverlangt“, erklärt sie. Als Richterin muss sie jedes relevante Detail im Tatvorgang rekonstruieren, dabei den Überblick behalten und am Ende mit ihren Schöffen entscheiden, welche Strafe der Tat und Schuld des Angeklagten angemessen ist.

Blick in den großen Saal des Amtsgerichtes Bad Säckingen. An der Stirnseite unter dem Wappen sitzt der vorsitzenden Richter, rechts ...
Blick in den großen Saal des Amtsgerichtes Bad Säckingen. An der Stirnseite unter dem Wappen sitzt der vorsitzenden Richter, rechts daneben der Protokollant. Links am Fenster ist der Arbeitsplatz des Vertreters der Staatsanwaltschaft. Auf den Stühlen vorne rechts nimmt der Angeklagte mit seinem Verteidiger Platz. Angeklagte und Zeugen werden an dem kleinen Tisch links vernommen. | Bild: Alexander Jaser

Kinderpornografie, Finanzbetrug oder gefährliche Körperverletzung – Hauser hat es vor dem Amtsgericht mit den unterschiedlichen Delikten zu tun. „Das Gesetz gibt uns einen klaren Rahmen“, erklärt Hauser. Trotzdem sei es nicht immer leicht, das richtige Urteil zu finden, denn „jeder Fall ist anders“. Sexualstraftaten findet sie dabei am schwierigsten. „Oft steht Aussage gegen Aussage und für beide Beteiligten steht unglaublich viel auf dem Spiel“, erklärt Hauser. Es gebe auch Fälle, in denen der Vorwurf der Frau nicht zutrifft, auch wenn sich das viele nicht vorstellen könnten.

Wenn der finale Beweis für die Tat fehlt, muss entschieden werden, ob berechtigte Zweifel am Tatvorgang bestehen. „Im Zweifel für den Angeklagten“, lautet dann ein wichtiger Grundsatz, über den Hauser in diesen Fällen sehr froh ist. Andererseits dürfe dieser niemals dafür missbraucht werden, in Sexualdelikten immer freizusprechen.

Die Gerichtsverhandlungen sind nur ein kleiner Teil der täglichen Arbeit von Stefanie Hauser

Auch in anderen Fällen ist die Entscheidung nicht immer leicht, gerade wenn es um die Frage geht, ob eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. „Da sind Details entscheidend“, sagt Hauser. Froh ist sie dann um den Rat ihrer Schöffen, die die Fälle aus anderen Blickwinkeln sehen und oft weniger betriebsblind sind. „Grundsätzlich können mich die Schöffen in der Urteilsfindung auch überstimmen“, erklärt sie.

Doch die Urteilsfindung bei Verhandlungen im Gerichtssaal ist nur ein Bruchteil der Arbeit der Richterin. „Die Vor- und Nachbereitung der Fälle nimmt enorm viel Zeit in Anspruch“, erklärt Hauser. Eine Urteilsbegründung könne auch mal einen Umfang von bis zu 20 Seiten annehmen. Außerdem arbeitet die 50-Jährige neben dem Vorsitz des Schöffengerichts auch als Ermittlungs- und Betreuungsrichterin.

Sie trifft Entscheidungen für Menschen, die selbst dazu nicht mehr in der Lage sind

„Gerade das Betreuungsrecht ist sehr fordernd“, sagt Hauser. In insgesamt rund 800 laufenden Betreuungsverfahren muss sie Entscheidungen über Menschen treffen, die dazu selbst nicht mehr in der Lage sind. Die Pflegeheime seien voll und die Berufsbetreuer Mangelware, entsprechend groß die Aufgaben für Hauser. „Das belastet mich extrem“, erklärt sie. Auf der anderen Seite erfahre sie immer wieder große Dankbarkeit von den Menschen, denen sie mit ihrer Arbeit helfen kann.

Immer wieder lernt sie in ihrem Job bewegende Schicksale kennen. „Man hat tolle Begegnungen, sieht aber auch viel Elend“, so Hauser. Besonders schätzt sie an ihrem Beruf die enorme Vielfalt. „Wenn ich ins Büro komme, kann ich nicht sagen, was den Tag über passieren wird.“ Erhält sie einen Anruf von der Polizei, weil jemand festgenommen wurde, muss sie in kurzer Zeit entscheiden, ob sie einen Haftbefehl schreibt. „Und wenn sie jemanden unter Alkoholeinfluss mitnehmen, muss ich schnell hin radeln und Gewahrsam anordnen“, erklärt Hauser. „Planen ist in diesem Job fast unmöglich“, sagt sie, besonders dann, wenn wie an manchen Tagen pausenlos das Telefon klingelt.

Das könnte Sie auch interessieren

„Ich habe gelernt, dass hinter Straftaten auch immer eine schwere Biografie steht“

Vielfältige Aufgaben und direkter Kontakt zu den Menschen – der Arbeitsalltag von Hauser steht in völligem Widerspruch zu den häufigen Vorurteilen von der „trockenen“ Gesetzeslehre. „Dieses Klischee, Jura sei so trocken, hasse ich und ich verstehe auch nicht, woher das kommt“, so Hauser. „Mehr im Leben kann man nicht stehen“.

Nicht auf diesen Fluren, sondern in gesonderten Besprechungsräumen des Amtsgerichtes Bad Säckingen kann schon vor Beginn einer ...
Nicht auf diesen Fluren, sondern in gesonderten Besprechungsräumen des Amtsgerichtes Bad Säckingen kann schon vor Beginn einer Verhandlung eine Verständigung der Verfahrensbeteiligten über eine Auflage oder Strafe erfolgen. | Bild: Alexander Jaser

Hauser hat seit vielen Jahren zunächst als Staatsanwältin und jetzt als Richterin mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun und dabei viel gelernt. „Einen bösen Menschen hatte ich noch nie vor mir sitzen“, erklärt Hauser. Mit dieser Zuschreibung könne sie wenig anfangen. „Ich glaube an den freien Willen, sonst könnte ich meinen Job nicht machen, aber ich habe gelernt, dass hinter Straftaten auch immer eine schwierige Biografie steht“, so Hauser. Angesichts dieser Erkenntnis spüre sie große Zufriedenheit und Dankbarkeit für ihr eigenes Leben und ihre Biografie.

Ihren Job empfindet sie als erfüllend, auch wenn sie ihr Jurastudium zunächst eher aus Verlegenheit begonnen hatte. Um vom stressigen Alltag abzuschalten, geht Hauser gerne joggen und reiten. Zur Verarbeitung der Verhandlungen spricht sie mit ihrem Mann Martin Hauser. Er ist ebenfalls Richter und arbeitet am Landgericht in Waldshut.

Das könnte Sie auch interessieren