Ein Autoreisezug aus Hamburg auf der Hochrhein-Strecke? Es ist wahrlich kein alltäglicher Anblick, der sich den Menschen in der Region in den vergangenen Wochen immer wieder geboten hat, und den unser Leserreporter Martin Thomann aus Wallbach fotografisch festgehalten hat. Auch Güterzüge sind auf der Hochrheinstrecke angeblich verstärkt unterwegs. Was steckt dahinter?
Autoreisezüge fahren über Bruchsal und Singen nach Lörrach
Tatsächlich erweist sich Thomanns erster Verdacht als Volltreffer. Er beobachte nämlich immer wieder einmal Autoreisezüge, die seinen Heimatort durchfahren: „Immer wenn die Rheintalstrecke gesperrt ist, wird üblicherweise mit einer Diesellok der Zug am Hochrhein entlang gezogen.“
Und tatsächlich hänge das Ganze mit der derzeit laufenden Sperrung der Rheintalstrecke im Raum Rastatt zusammen, wie die Deutsche Bahn auf Anfrage bestätigt. Diese dauere laut Planung der Bahn noch bis Freitag, 30. August, und mache derartige Änderungen notwendig.
Konkret werde der Autoreisezug, der zwischen Hamburg-Altona und Lörrach verkehrt, über Bruchsal und Singen nach Lörrach umgeleitet, wie Nicole Pizzuti, Leiterin der Unternehmenskommunikation des Verkehrsunternehmens RDC GmbH, darstellt. Zumindest hat dies offenbar einmal so funktioniert.
Mit Beginn der Sperrung der Hochrhein-Strecke wegen des Einbaus der neuen Brücke bei Lauchringen mussten die Reisenden mit dem Autoreisezug eine noch wesentlich umständlichere Umleitung in Kauf nehmen: Über Singen ging es zurück nach Donaueschingen bis Offenburg, und von dort in Richtung Lörrach. Gut 15 Stunden dauere eine Fahrt mithin, so Pizzuti. Für den Normalbetrieb gibt das Unternehmen die Fahrtdauer mit durchschnittlich zwölf Stunden an.
Weichen auch Güterzüge verstärkt auf die Hochrhein-Strecke aus?
„Unabhängig von der Sperrung fahren mehrmals pro Woche regulär Güterzüge zwischen Basel und Murg zur Anbindung der regionalen Industrie“, schildert eine Sprecherin der Deutschen Bahn auf Nachfrage.
Die Baumaßnahmen an der Rheintalstrecke haben darauf keine Auswirkung. Folglich seien anderslautende Beobachtungen, wonach der Güterverkehr in den vergangenen Wochen zugenommen habe, falsch. Mit Ausnahme des Autoreisezuges sei auf der Strecke nicht mehr Güterverkehr als sonst unterwegs. Damit werde auch der Fahrplan für die dort verkehrenden Nahverkehrszüge nicht betroffen.
Warum ist das Potenzial für Güterverkehr auf der Hochrhein-Strecke begrenzt?
Dass überhaupt nur der Abschnitt zwischen Basel und Murg in nennenswertem Umfang für den Güterverkehr genutzt werden kann, hat vor allem mit den Besonderheiten der Strecke zu tun. Diese seien so gravierend, dass auch eine Zunahme des Güterverkehrs im Anschluss an die geplante Elektrifizierung nicht zu erwarten sei, so die Bahn.
„Die Strecke lässt aufgrund des Profils des Rappensteintunnels in Laufenburg auch künftig keine großen Containerprofile zu. Zudem sind keine ausreichend langen Überholungs- beziehungsweise Kreuzungsgleise vorhanden“, so die Bahnsprecherin.
Das gelte insbesondere für den weiterhin eingleisigen Abschnitt zwischen Waldshut und Erzingen. Da das Nahverkehrsangebot dichter getaktet und ausgebaut werden soll, gebe es also keine Perspektiven, zeitlich attraktive Fahrpläne für Güterverkehr anzubieten.
Bahn ist verpflichtet, allen Mitbewerbern Zugang zum Netz zu gewähren
Grundsätzlich stehe der Zugang zu der Strecke jedenfalls allen mehr als 400 Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) offen, die auf dem Netz der Deutschen Bahn verkehren, wie das Unternehmen darstellt. „Dieser sogenannte diskriminierungsfreie Netzzugang ist eine gesetzliche Vorgabe und darüber wacht die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde.“
Das heißt: Wenn Kunden planmäßige Fahrten über die Hochrhein-Strecke anmelden, sei die Bahn, diese Bestellung anzunehmen und umzusetzen. Die damit verbundenen Einschränkungen muss der Kunde dann aber in Kauf nehmen.
Für den Autoreisezug gelten diese im Übrigen nicht: „Dieser hat keine besonderen Anforderungen an das Lichtraumprofil“, so die Bahnsprecherin. Somit kann er auch problemlos den Rappensteintunnel durchfahren.