Der Blackout – also der flächendeckende Zusammenbruch der Stromversorgung – gehört zu den Szenarien, die in der aktuellen Energiekrise besonders intensiv diskutiert werden. Doch wie real ist die Gefahr? Welche Faktoren könnten zuspitzend oder entspannend wirken? Inwiefern unterscheidet sich die Lage in der Region von anderen Teilen Deutschlands? Wir haben Antworten.
Was ist ein Blackout überhaupt?
Konkret bezeichnet dieser Begriff den plötzlichen Ausfall der Stromversorgung. Dies kann ein lokal oder regional begrenztes Ereignis sein, es kann aber auch landesweit oder sogar länder-übergreifend eintreten.
Ursachen können verschiedener Natur sein. Unwetterereignisse haben in der Vergangenheit auch im Landkreis Waldshut dafür gesorgt, dass ganze Dörfer tagelang vom Stromnetz abgeschnitten waren. Verursacht werden könnte ein Blackout aber natürlich auch durch einen Defekt oder einen Anschlag auf ein Kraftwerk.
Hier sind die Stromerzeuger gehalten, entsprechende Sicherungsvorkehrungen und Redundanzen vorzuhalten, wie Tobias Herrmann, Sprecher des Landratsamts Waldshut, auf Nachfrage darstellt. Notfall- und Krisenmanagement-Pläne kamen bereits während der Corona-Pandemie zum Einsatz und hätten sich bewährt, so Herrmann weiter.
Wie wahrscheinlich ist ein Blackout?
„Die Zuverlässigkeit der Stromversorgung in Deutschland war im Jahr 2021 erneut sehr hoch“, erklärte jüngst der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, bei der Vorstellung der Störungsstatistik.
Und dennoch verzeichneten die Statistiker einen leichten Anstieg der Versorgungsunterbrechungen um fast zwei Minuten im Vergleich zum Vorjahr auf 12,7 Minuten – wobei hier Ereignisse wie das Ahr-Hochwasser oder ein Zwischenfall in einem Umspannwerk hier erheblich ins Gewicht fielen.
Der Geschäftsführer der Stadtwerke Waldshut-Tiengen, Siegfried Pflüger, und der technische Leiter Andreas Rutschmann zeigten sich gegenüber dem Gemeinderat der Großen Kreisstadt zuversichtlich, dass die Wahrscheinlichkeit eines flächendeckenden Stromausfalls sehr gering sei.
‚Aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es im Leben natürlich nie‘, so Pflüger. So rechnen die Experten durchaus mit partiellen Ausfällen – in einzelnen Stadtvierteln oder auch Ortsteilen.
Auch gezielte, vorübergehende Abschaltungen von Teilen des Stromnetzes werden von Energieversorgern immer wieder als durchaus realistische Optionen gehandelt. Auch Energiedienst-Geschäftsführer Jörg Reichert wertete im Gespräch mit unserer Zeitung die Stromversorgung in den europäischen Netzen als ‚über Jahre hinweg gesichert‘. Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit kleinerer Abschaltungen gestiegen.
Welche Faktoren könnten entscheidend werden?
„Maßnahmen, die das Risiko senken, sind alle, die zum Energiesparen beitragen“, bringt es Tobias Herrmann. Denn das größte Risiko sehen Behörden und Energieexperten darin, das Verbraucher versuchen könnten, Gasverbrauch durch erhöhten Stromverbrauch zu kompensieren.
Denn bekanntlich ist infolge des Ukraine-Kriegs nicht nur der Gaspreis extrem gestiegen. Vielmehr sorgen Zwischenfälle an den Pipelines aus Russland für erhebliche Verunsicherung, im Hinblick auf die aktuelle und künftige Gasversorgung.
Eine Reaktion darauf war, dass sich viele Menschen aus Sorge Elektro-Heizgeräte angeschafft haben, so Herrmann. Von deren durchgehender Nutzung raten aber Energieversorger ab – aus Kostengründen ebenso wie aufgrund der fehlenden Nachhaltigkeit.
Welche Sicherungsmechanismen gibt es, um einen Blackout zu verhindern?
Hier kommen so genannte „schwarzstartfähige“ Produktionseinheiten ins Spiel. Dabei handelt es um Einrichtungen, die aus eigener Kraft, unabhängig von der Verfügbarkeit des Stromnetzes wieder in Betrieb genommen werden können. Die meisten Wasserkraftwerke sind beispielsweise schwarzstartfähig.
Dasselbe gilt für die Pumpspeicherbecken der Schluchseewerk AG. Der Energieversorger hat erst im April gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern Amprion und Transnet BW einen Testlauf absolviert, bei dem eben der Wiederaufbau des Netzes nach einem Blackout geprobt worden war.
Die fünf Kraftwerke der Schluchseewerk AG waren dafür für einen Tag vom Stromnetz genommen worden. Sie wurden durch die Pumpspeicher ersetzt. Für die Kunden war dieser Test unter echten Bedingungen nicht bemerkbar.
Entsprechend postitiv fiel am Ende das Fazit der Netzbetreiber aus: „Der erfolgreiche Praxistest ist ein echter Meilenstein für unsere systemrelevante Infrastruktur“, bilanzierte Hendrik Neumann, Technischer Direktor bei Amprion.
Wie steht es mit den Zuständigkeiten?
Eingriffe in die Energieversorgung seien den Netzbetreibern vorbehalten, so Tobias Herrmann. Eine Zuständigkeit der Katastrophenschutz-Behörde im Landratsamt ergebe sich erst nach Feststellung der Bundesregierung, „dass eine ‚Versorgungsstörung‘ im Sinne des Energiesicherungsgesetz (EnSiG) vorliegt“.
Bei der Planung müsse immer davon ausgegangen werden, dass eine Hilfe aus Nachbarbereichen nicht stattfinden kann, so Herrmann weiter. Dies bedeute, dass Behörden, Betriebe und Kommunen mit den eigenen Mitteln auskommen müssen. Grundsätzlich sei ohnehin jede Person, Organisation oder Firma dazu gehalten, eigene Planungen und Vorkehrungen zu treffen.
Wie sind wichtige Einrichtungen wie das Klinikum abgesichert, um auch unter Ausnahmebedingungen arbeiten zu können?
„Krankenhäuser sind gesetzlich dazu verpflichtet, Notstromaggregate vorzuhalten, die für mindestens 24 Stunden den Weiterbetrieb sicherstellen“, betont Herrmann. Sonstigen Betrieben der sogenannten Kritischen Infrastruktur wird geraten, einen Notstrombetrieb von bis zu 72 Stunden zu planen.
Wie Klinikum-Geschäftsführer Hans-Peter Schlaudt bei einem Pressegespräch am Mittwoch darstellte, könne das Klinikum den Betrieb per Notstromversorgung durchaus einige Tage aufrecht erhalten: „Alles was darüber hinausgeht, ist eher kritisch.“
Welche Vorbereitungen werden in den Gemeinden getroffen?
Die Vorbereitungen seitens der Städte und Gemeinden seien sehr unterschiedlich. Pauschal treffen Gemeinden häufig Vorbereitungen für die eigene Infrastruktur wie Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Verwaltung oder auch Feuerwehren, heißt es dazu aus dem Landratsamt.
Konkret stellten auch die Stadtwerke Waldshut-Tiengen jüngst dar, dass unter anderem die Pumpen der Tiefbrunnen mit Notstromgeräten versehen seien, um auf jeden Fall eine kontinuierliche Trinkwasserversorgung zu gewährleisten.
Vorgesehen seien auch jeweils zentrale Treff- und Aufenthaltsmöglichkeiten, wo sich Bürger aufwärmen oder akkubetriebene Geräte aufladen könnten. Eine entsprechende Detailplanung wird allerdings von den Krisenstäben der Gemeinden gemäß individueller Voraussetzungen vorgenommen.