Aktuelle Lage weit unter Vorjahresniveau

Die Corona-Krise im Frühjahr hat einen Knick in der Entwicklung des Handwerks gebracht, von dem sich die Betriebe erst allmählich erholen. Zudem sind die Auswirkungen je nach Branche höchst unterschiedlich.

„Dramatisch ist die Lage nicht“, lautet die generelle Einschätzung der Handwerkskammer Konstanz. Immerhin 58,4 Prozent der Mitgliedsunternehmen seien mit der aktuellen Auftragslage zufrieden. Das sei natürlich unter dem Niveau der Vorjahre. Allerdings erwarte laut Handwerkskammer angesichts der Rahmenbedingungen „Höhenflüge“ sondern bestenfalls eine Fortsetzung der Geschäftsentwicklung der vergangenen Wochen.

Es sei absehbar, dass alle Branchen einen langen Atem benötigen, um die Krise und ihre Folgen zu bewältigen. Der Präsident der Handwerkskammer, Werner Rottler, ist sich aber sicher, dass dies machbar sei, sofern nicht ein neuer Lockdown oder andere Maßnahmen die Arbeitsmöglichkeiten der Firmen beschränkten.

Baubranche (noch) obenauf, Nahrungs- und Gesundheitsbranche mit massiven Einbrüchen

Klar ist: Das Auftragsniveau des Vorjahres konnte keine Branche halten, allerdings gab es im Lauf der vergangenen Monate durchaus krasse Unterschiede, was Umsatzeinbrüche anbelangt.

Die Bau- und Ausbaubranche ist am besten durch die vergangenen Krisen-Monate gekommen. Das ist das Ergebnis einer Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Konstanz für das 2. Quartal. Dies sei vor allem den Modernisierungs- und Sanierungsaufträgen zu verdanken, die bereits vor Beginn der Corona-Krise vorlagen, wie Kammer-Sprecherin Petra Schlitt-Kuhnt darstellt. Jedoch zeigte sich im Lauf des dritten Quartals ein deutlicher Rückgang bei den Aufträgen. Wie langfristig diese Entwicklung ist, lässt sich allerdings noch nicht abschätzen.

Auch die Betriebe des gewerblichen Bedarfs haben demnach die Krise bisher gut bewältigt.

Eine regelrechte Talfahrt erlebte die Gesundheits- und Dienstleistungsbranche. Hier hätten insbesondere Corona-bedingte Schließungen etwa bei Friseurbetrieben und Kosmetikstudios zu massiven Einschnitten geführt. Auch das Kfz-Gewerbe landete laut Handwerkskammer in Sachen Aufträgen im negativen Bereich. Allerdings rechnet man in diesen Geschäftsbereichen mehrheitlich mit einer baldigen Verbesserung der Lage. Die Stimmung sei durchaus optimistisch.

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Fotografen verzeichneten Umsatzeinbrüche wegen weggefallener Events, ebenso der Nahrungsmittelbereich, wo wegen Veranstaltungsabsagen kein Catering benötigt wurde und Gastronomiebetriebe wegen Schließung nicht beliefert wurden, so Schlitt-Kuhnt.

Die Handwerkskammer verzeichnet derweil insgesamt betrachtet seit März sogar einen leichten Zuwachs von einem Prozent bei Neuanmeldungen von Betrieben. „Allerdings bleibt abzuwarten, inwiefern es zu Insolvenzen kommen wird, sobald die Übergangsregelungen zur Insolvenzpflicht auslaufen“, bremst Schlitt-Kuhnt allzu große Euphorie.

Kleine Handwerksbetriebe scheuen Aufträge in der Schweiz

Die Erfahrungen von Grenzschließung und Lockdown haben indes durchaus nachhaltige Spuren hinterlassen. Eine Konsequenz sei laut Handwerkskammer, dass kleinere Unternehmen mittlerweile Aufträge in der Schweiz eher scheuen, da die bürokratischen Hürden ohnehin hoch seien – und angesichts steigender Infektionszahlen beidseits der Grenze ein gewisses Risiko neuerlicher Maßnahmen besteht. „Durch die vergangenen Coronaeinschränkungen und die aktuell nach wie vor unsichere Lage überlegen sich die Unternehmen nun noch stärker, ob sich der Aufwand für sie lohnt“, schildert Petra Schlitt-Kuhnt.

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Einige größere Unternehmen unterhalten Filialen in der Schweiz und konnten so auch während der Grenzschließung vor Ort problemlos weiterarbeiten.

Rund 70 Prozent der baden-württembergischen Handwerksbetriebe mit Auslandskontakten gaben in einer Umfrage an, dass die Schweiz ihr wichtigster Zielmarkt sei.

Kurzarbeit gibt es bisher nur vereinzelt

Bei den meisten Handwerksbetrieben spielt das Thema Kurzarbeit unterdessen keine Rolle, so Schlitt-Kuhnt weiter. Dies sei bei Beratungsgesprächen vor allem bei Friseursalons, Fotografen oder Betrieben des Nahrungsmittelhandwerks ein Thema gewesen, die am stärksten von Geschäftsschließungen betroffen waren.

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Generell sei der Fachkräftebedarf im Handwerk nach wie vor groß, weswegen die meisten Betriebe an ihren Mitarbeitern festgehalten hätten. „Nur knapp sieben Prozent meldeten eine Verkleinerung ihres Personals, fünf Prozent der Betriebe haben sogar neue Mitarbeiter eingestellt“, schildert Schlitt-Kuhnt.

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Perspektiven: Hier gibt es viele Fragezeichen

Bei der Frage nach der weiteren Entwicklung zeigt sich die Handwerkskammer vorsichtig. Grund zu überhöhtem Optimismus gebe es nicht, auch wenn die Kurve sich in einigen Branchen durchaus wieder nach oben entwickelt. Denn es gibt einige Unwägbarkeiten und Faktoren, die in den nächsten Monaten noch für erhebliche Probleme sorgen könnten. Es sei durchaus wahrscheinlich, dass die bitteren Folgen, die sich in anderen Bereichen der Wirtschaft schon jetzt Bahn brechen, im Handwerk einfach nur zeitverzögert auftreten, möglicherweise erst kommendes Jahr.

So hat die Bau- und Ausbaubranche ihre zumeist noch aus Vor-Corona-Zeit „übervollen Auftragsbücher“ weitgehend abgearbeitet. Nun müsse abgewartet werden, wie es mit dem Privatkundengeschäft und mit den Auftragsvergaben der öffentlichen Hand weitergehe, gibt Petra Schlitt-Kuhnt zu bedenken. Hier seien durchaus Stornierungen zu erwarten.

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Auch bei den handwerklichen Zulieferern könnte verzögert mit einer Konjunkturdelle gerechnet werden, abhängig davon, wie sich die Schlüsselindustrien im Land und hier vor allem die Automobilbranche weiterentwickelt: „Generell könnte es im nächsten Jahr zu vermehrten Insolvenzen kommen, sobald die Übergangsregelungen zur Insolvenzpflicht auslaufen.“

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