Auch die Narren am Hochrhein wollen im nächsten Jahr endlich wieder richtig Fasnacht feiern. Allerdings schwankt die Stimmung wegen der andauernden Corona-Pandemie mit steigenden Fallzahlen aktuell zwischen Hoffnung, Optimismus und Unsicherheit. Die meisten großen Narrentreffen sind bereits abgesagt. Die Vereine scheuen das finanzielle Risiko, und der Aufwand unter den Corona-Auflagen ist den meisten zu hoch. Der Fokus richtet sich auf die traditionelle Fasnacht vor Ort. Wir haben bei den Narrenverbänden, unter deren Dach die Zünfte in der Region organisiert sind, nachgefragt.
Rahmenbedingungen für eine sorgenfreie Fasnacht
Laut der neuesten SÜDKURIER-Berichten arbeiten Gremien auf höchster Ebene im Land in Zusammenarbeit mit Vertretern der Narrenvereinigungen an den Voraussetzungen für eine sorgenfreie Fasnacht. „Niemand ist gewillt, etwas absagen zu müssen“, wird Roland Wehrle, Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) zitiert. Der Städte- und Gemeindetag gehe schriftlich auf die Bürgermeister der Kommunen zu und bitte um bestmögliche Unterstützung für die Fasnachtsvereine durch die örtlichen Polizeibehörden.
Wehrles Vorschlag zu einer stichprobenartigen Überprüfung der Feiernden an Umzugsstrecken und auf närrisch bespielten Plätzen auf die Einhaltung der 3G-Regeln werde geprüft. Laut dem VSAN-Präsidenten sei bis dato klar, dass es bei Saalveranstaltungen nach der 2G-Regel uneingeschränkt hoch hergehen könne. Wehrle sendet ein positives Signal: Das Land sei gewillt, die Narretei zu unterstützen.
Gesundheitsministerium verweist auf Corona-Verordnung
Das Landesgesundheitsministerium bestätigt auf Nachfrage schriftlich: „Für die Straßenfasnacht erarbeitet momentan eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Narren- und Karnevalsverbände, des Städte- und Gemeindetags und des Gesundheitsministeriums den Rahmen eines Hygienekonzepts.“ Bei der Frage nach den Voraussetzungen und Auflagen für die Narretei verweist die Landesbehörde auf die üblichen Vorgaben der Corona- Verordnung für Veranstaltungen, die auch für Fasnachtsveranstaltungen gelten.
Grundsätzlich sind laut der Verordnung Veranstaltungen auch mit mehreren Tausend Besuchern zulässig. Aber im schlimmsten Fall, in der Alarmstufe, würden Ungeimpfte von allen Veranstaltungen ausgeschlossen.
Das regelt die aktuelle Landes-Corona-Verordnung bei Veranstaltungen:
Hochrheinnarrentreffen drei Jahre in Folge
Dennoch: Am Hochrhein gibt es 2022 kein großes Narrentreffen. Wie die Umfrage unter den Verbänden ergab. Das große Hochrheinnarrentreffen der VSAN, das 2021 hätte in Tiengen stattfinden sollen, ist bereits auf 2023 neu angesetzt. Wie Ralf Siebold, Zunftmeister der Bürger- und Narrenzunft Tiengen, am Telefon berichtet. Die Tiengener übernehmen den Termin der Narro-Altfischerzunft Laufenburg, die ihrerseits das Treffen 2024 ausrichtet, 2025 ist die Narrozunft Waldshut dran. Normalerweise gibt es das Hochrheinnarrentreffen alle zwei Jahre im Wechsel bei einem der Zünfte der Landschaft Hochrhein des VSAN (Bad Säckingen, Laufenburg Baden und Schweiz, Waldshut und Tiengen). Jetzt drei Mal hintereinander. Siebold: „Corona bringt alles durcheinander.“
Unter den Umständen hält er solche Narrentreffen in der kommenden Fasnachtszeit für unnötig. „Viel wichtiger ist, dass unsere Fasnacht vor Ort stattfindet“, bekräftigt Siebold. Die soll nach seinem Wunsch in Tiengen so gut es möglich ist, durchgezogen werden – mit Wecken, Narrengericht, Kinderfasnacht, Ämterschließen und so weiter.
Verband Oberrheinischer Narrenzünfte mahnt zur Vorsicht
Ähnlich sieht es Klaus-Peter Klein (Weil), Narrenmeister des Verbands Oberrheinischer Narrenzünfte (VON). Dem Verband gehören unter anderem Zünfte aus der Vogtei Dreiländereck im Landkreis Lörrach von Grenzach-Wyhlen bis Schönau und Todtnau sowie der Vogtei Hochschwarzwald-Albgau mit Zünften vom Hotzenwald bis Titisee und Neustadt an. „Wir haben den Zünften schon vor Wochen beim Konvent geraten, vorsichtig bei der Planung zu sein“, erklärt Klein.
Große Treffen im Verbandsgebiet mit den 80 Mitgliederzünften und 30.000 Mitgliedern in sechs Vogteien gebe es ohnehin seit einiger Zeit nicht mehr. Klein: „Wir wollen zurück zur traditionellen Ortsfasnacht.“ Wenn 12.000 bis 15.000 Narren auf der Straße seien – das zu stemmen, sei gewaltig. Vogteitreffen seien eher zu bewältigen. Laut Klein war in Titisee ein Vogteitreffen geplant, das abgesagt worden ist.
Klein meint, dass ungeachtet der Warnstufe sicher mehr laufen würde als in diesem Jahr. Aber, es sei schwierig, Veranstaltungen im Freien durchzuführen, wenn sich die 2G-Regel durchsetze. Das zu kontrollieren sei fast unmöglich. Klein: „Zunftabende sehe ich für machbar. Aber wir müssen abwarten, was passiert.“ An größere Umzüge glaubt er mit Blick auf die Entwicklung der Corona-Zahlen Stand jetzt nicht.
Narrenzunft Karsau verschiebt VHN-Treffen erneut
Schon zum zweiten Mal hat die Narrenzunft Karsau das Narrentreffen der Vereinigung Hochrheinischer Narrenzünfte (VHN) verschieben müssen. Wie Präsident Hans-Jürgen Dietrich (Murg) am Telefon bestätigt. Zur VHN gehören neben Karsau die Zünfte in Murg, Öflingen, Schwörstadt, Todtmoos und Ryburg/Schweiz. Sie wechseln sich als Ausrichter der jährlichen Narrentreffen des VHN ab. Laut Dietrich kommen in der Regel 15.000 Zuschauer, 2500 bis 3000 Hästräger. „Es ist schwierig, die Corona-Regeln zu kontrollieren“, meint er. Das Problem sei, alles müsse geplant werden. Dietrich: „Und was ist, wenn vier Wochen vorher alles nicht mehr gilt?“ Das Risiko sei den meisten Veranstaltern zu groß. Salopp sagt er: „Jede Zunft macht ihr Ding, so wie es möglich ist.“
Auch 2022 kein Kleggau-Narrentreffen
Auch die Narrenvereinigung Kleggau mit ihren 27 Mitgliedszünften hat das Narrentreffen für 2022 abgesagt. „Der Aufwand ist zu groß, es ist auch eine Geldfrage. Security und so weiter kosten einiges“, sagt Präsident Hans-Peter Weber (Lauchringen). Große Veranstaltungen bräuchten Vorlauf. Weber: „Bevor man das große Geld ausgibt, sollte man lieber die Reißleine ziehen.“ In den Dörfern soll Fasnacht gefeiert werden. „Was im Rahmen des Konzepts eben möglich ist“, sagt Weber.
Und die Hoorige Mess‘ ist schon abgesagt
Für das kommende Jahr ist bereits auch die Hoorige Mess‘, die große von der Aktionsgemeinschaft organisierte Straßenfasnacht in Tiengen, abgesagt, wie Geschäftsführerin Nicola Kögel auf Nachfrage bestätigt: „Sie ist im normalen Rahmen unter den Bedingungen nicht durchführbar. Für 2023 sind wir aber optimistisch.“ Darin ist sie sich mit Weber einig. Er klingt fast schon trotzig: „Irgendwann muss es ja mal vorbei sein.“
Die Narrenzunft Wurzelsepp Berau, Mitglied der Schlüchttalnarrenvereinigung, ist entschlossen, das Schlüchttalnarrentreffen am 19. und 20. Februar durchzuziehen.