Die Kunden aus der Schweiz sind zurück in der Grenzregion. Zwar lässt sich die Schweizer-Frequenz in den Läden nicht exakt messen, doch auf den Parkplätzen vor den Läden sind wieder viele Schweizer Autokennzeichen zu sehen. Und Martin Schmidt, Geschäftsführer der bei den Schweizer beliebten Schmidt‘s Märkten, sagt:
„Vom Gefühl her liegen wir aktuell auf dem Vor-Pandemie-Niveau.“Martin Schmidt
Verändert habe sich allerdings das Kundenverhalten teilweise. Viele kämen nicht mehr zweimal die Woche, vielmehr werde „nur einmal, aber gezielt eingekauft“. Schmidt ist entsprechend zufrieden – weiß aber auch um die Unsicherheiten, welche die Pandemie mit sich bringt. „Wir haben aufgehört, in einer Pandemie längerfristig zu planen beziehungsweise Prognosen zu machen.“
Rückgang im einstelligen Bereich
Für einen Vergleich mit 2019, dem letzten Vor-Pandemie-Jahr, fehlen Rainer Weber, Marktleiter des E-Centers in Laufenburg, zwar die Zahlen. Er schätzt aber, dass das vergangene Jahr – trotz der drei Monate, in denen die Grenze nahezu geschlossen war – umsatzmäßig ähnlich gut war wie 2019. Dies lag auch daran, dass viele – auch Schweizer – im Sommer nicht verreist sind und entsprechend Lebensmittel benötigten. Zur aktuellen Situation sagt Weber:
„Der Rückgang der Schweizer Kunden gegenüber 2020 dürfte im einstelligen Bereich liegen.“Rainer Weber
Er ist aber zuversichtlich, dass das Umsatzniveau der Schweizer Einkaufstouristen „in ein bis zwei Monaten wieder das Niveau von 2020 erreicht haben wird“. Er ist sich aber auch bewusst: „So, wie es vor Corona war, wird es kaum mehr werden – es sei denn, der Wechselkurs geht wieder in Richtung 1:1.“ Schmidt definiert als Ziel für die nächsten Wochen, das aktuelle Niveau zu halten.
Zahl der Ausfuhrscheine brach ein – auch wegen der Bagatellgrenze
Kaum einen Einfluss haben laut Schmidt und Weber die aktuellen Corona-Schutzbestimmungen; sie sind ähnlich wie in der Schweiz. In den Läden gilt eine Maskenpflicht und Kunden aus der Schweiz dürfen ohne Test und ohne Impfung einreisen, sofern sie Deutschland innerhalb 24 Stunden wieder verlassen. Die Kunden würden sich gut an die Regeln halten, sagt Weber. Dies bestätigt Schmidt, der zudem beobachtet hat:
„Viele Schweizer rufen an und fragen, ob sie etwas Bestimmtes beachten müssen.“Rainer Weber
Das E-Center in Laufenburg und die Schmidt‘s Märkte, die unter anderem zweimal in Bad Säckingen vertreten sind, sind klassische Einkaufszentren, in die auch viele Fricktaler gehen. Sie dürften deshalb in Sachen Schweizer Kunden bereits wieder besser aufgestellt sein als der Durchschnitt der Läden.
Studie sieht Rückgang noch bei 16 bis 30 Prozent
Dies legt auch eine Studie der Credit Suisse zum Einkaufstourismus nahe, die am 21. Juli erschienen ist. Darin kommt Tiziana Hunziker zum Schluss, dass der Einkaufstourismus im Non-Food-Bereich noch um 16 bis 30 Prozent unter dem Vor-Krisen-Niveau liegt.
Etwas besser sieht es im Food-Bereich aus, wo Hunziker den Umsatzverlust noch mit rund 16 Prozent beziffert – mit sinkender Tendenz. In den letzten 30 Tagen dürfte sich diese Lücke gegenüber der Vor-Corona-Zeit weiter geschlossen haben. Hunziker ist aber auch überzeugt:
„Solange wir nicht zur vollständigen Normalität zurückkehren, wird auch der Einkaufstourismus sein Vor-Krisen-Niveau nicht erreichen, wovon der Schweizer Detailhandel weiterhin profitieren dürfte.“Tiziana Huziker
Einen abrupten Einbruch der Detailhandelsumsätze aufgrund des Einkaufstourismus erwartet die Analystin denn auch nicht. Was weiter auffällt: Die Zahl der Bankkarten-Ausgaben von Schweizern in Deutschland hat seit Mai markant zugenommen. Die sei aber auch auf ein verändertes Bezahlverhalten zurückzuführen: Zahlten früher viele Schweizer bar, greifen sie heute vermehrt zur Debitkarte.
Produkte in der Schweiz im Preis gesenkt
Aldi Suisse beispielsweise hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr bei rund einem Drittel der Produkte in der Schweiz die Preise dauerhaft gesenkt und gibt die Einkaufspreisvorteile wöchentlich an ihre Kunden weiter. Die Medienstelle schreibt dazu auf Anfrage: „Es ist uns wichtig, dass unsere Kundschaft erkennt, dass sich der Gang ins Ausland nicht mehr lohnt.“
Aldi ist mit der Entwicklung der Kundenfrequenz und den Verkaufszahlen „sehr zufrieden“. Man habe viele neue Kunden gewonnen. Ähnlich tönt es bei Mitbewerber Lidl, der während der Lockdown-Zeit in allen Filialen eine erhöhte Nachfrage festgestellt hatte. „Bei den grenznahen Filiale war die erhöhte Nachfrage aber noch deutlicher.“
Coop bestätigt die erhöhte Nachfrage für 2020 und zwar in allen Grenzregionen der Schweiz. Vor allem Produkte des täglichen Bedarfs waren stärker nachgefragt. „Bei unseren Kundinnen und Kunden waren insbesondere Frischprodukte wie Früchte und Gemüse, Bioprodukte und auch regionale Spezialitäten beliebt“, sagt Mediensprecherin Melanie Grüter.
Sie bestätigt aber auch, dass sich das Einkaufsverhalten wieder geändert hat: „In den Grenzregionen spüren wir eine Rückkehr zum Einkaufsverhalten vor der Pandemie.“ Man freue sich über jeden Kunden, „den wir während der Grenzschließung unter anderem durch unsere hohe Qualität nachhaltig überzeugt haben und weiterhin bei uns begrüßen dürfen“, so Grüter – ein Satz, dem alle Detaillisten zustimmen können.