Verstöße gegen Corona-Maßnahmen, vor allem auch die Ausstellung falscher Gesundheitsbescheinigungen, etwa zur Befreiung von der Maskenpflicht, bringen zunehmend Arbeit für die Ermittlungsbehörden mit sich. Die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen ermittelte in den vergangenen zwei Jahren allein gegen sechs Mediziner, weitere 130 Verfahren laufen wegen gerichtlichen Einsprüchen gegen Bußgelder infolge von Verstößen gegen die Corona-Verordnungen.

Arzt legt Einspruch gegen Strafbefehl ein

Erst vor wenigen Wochen hatte die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen einen im Landkreis Lörrach ansässigen Mediziner erlassen, der vom Amtsgericht Schönau erlassen wurde. Dem Mediziner werde vorgeworfen, im Jahr 2020 in 22 Fällen 'unrichtige Gesundheitszeugnisse' ausgestellt zu haben. Dabei soll er den jeweils Betroffenen „entgegen seiner ärztlichen Pflicht“ attestiert haben, vom Tragen einer Mund-Nase-Bedeckungen nach den Corona-Regeln aus gesundheitlichen Gründen befreit zu sein, so die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung.

Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt die Leitende Oberstaatsanwältin Iris Janke, dass der Mediziner gegen diesen Strafbefehlt Einspruch eingelegt habe: „Das weitere Verfahren wird vom Gericht bestimmt. Wenn der Einspruch gegen den Strafbefehl aufrechterhalten wird, wird das Gericht voraussichtlich die Hauptverhandlung anberaumen und nach einer durchzuführenden Beweisaufnahme ein Urteil fällen“, so Janke weiter.

Geld- oder Freiheitsstrafe

Das Gesetz sehe für das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse gemäß Paragraf 278 Strafgesetzbuch in der zu den Tatzeiten gültigen Fassung die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor, stellt Janke dar.

Aber es könnte für den Arzt noch dicker kommen. Gemäß Paragraf 70 des Strafgesetzbuches kann das Gericht im Fall einer Verurteilung auch ein befristetes Berufsverbot von einem bis fünf Jahren neben der Strafe anordnen – wenn es zu der Auffassung gelangt, der Angeklagte habe die Taten unter Missbrauch seines Berufs oder unter grober Verletzung der mit ihm verbundenen Pflichten begangen.

Das sei auch dann möglich wenn die Gesamtwürdigung des Angeklagten und der Tat die Gefahr erkennen lasse, „dass der Angeklagte bei weiterer Ausübung des Berufs erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird“, so Janke. Hierfür gebe es aber derzeit keine Anhaltspunkte.

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Seit 2020 Ermittlungsverfahren gegen sechs Mediziner

Bei dem Mediziner aus dem Kreis Lörrach handelt es sich derweil keineswegs um einen Einzelfall. „Im hiesigen Bezirk gab es seit dem Jahr 2020 noch sechs vergleichbare Ermittlungsverfahren gegen Mediziner“, schildert die leitende Oberstaatsanwältin.

Dabei erging in einem weiteren Fall ein Strafbefehl, wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen, Rahel Diers, erklärt. Auch her sei Einspruch – dieses Mal beim zuständigen Amtsgericht in Waldshut-Tiengen – eingelegt worden.

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Ein weiteres Verfahren sei mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden, ein weiteres sei noch offen. Drei Verfahren wurden inzwischen an andere Staatsanwaltschaften übergeben.

„Eine Abgabe der Ermittlungsverfahren ist an die Staatsanwaltschaften in Baden-Baden, Lörrach und in Lüneburg erfolgt“, führt Diers näher aus. In diesen Fällen hätten die Tatorte – also die Orte, an denen sich die Praxen befinden, in der die mutmaßlich unrichtigen Gesundheitszeugnisse ausgestellt wurden – sowie der Wohnsitz der Beschuldigten nicht im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen liegen.

Immer mehr Verfahren wegen Bußgeldern oder gefälschten Impfnachweisen

Übrigens: Zunehmend werden auch die wegen Verstoßes gegen die Corona-Verordnungen erteilten Bußgelder zum Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen. Seit Pandemiebeginn seien etwa 130 Verfahren wegen Einsprüchen bei Gericht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden, so Iris Janke.

„In den vergangenen Monaten ist eine deutliche Zunahme von Strafverfahren im Zusammenhang mit der Fälschung oder Vorlage gefälschter Impfnachweise zu verzeichnen.“ Das Fallaufkommen von Straftaten bei Kundgebungen gegen die Corona-Verordnung ist hingegen bislang gering.

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