Acht Stunden am Schreibtisch sitzen und durch das Homeoffice fallen auch noch die Schritte zur Arbeitsstelle weg? Das kennen viele. Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge 24 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von zu Hause – also fast jeder Vierte.
Katharina Michael (52) ist Fitnesstrainerin und Übungsleiterin im Turnverein Tiengen. Für die SÜDKURIER-Leserinnen und -Leser hat sie sich ein Workout ausgedacht, das speziell für das Homeoffice gedacht ist. „Pausen am Arbeitsplatz sind wichtig, um zu regenerieren“, sagt die Trainerin, „sie entspannen und geben uns Kraft für kommende Aufgaben.“
Körperliche Beschwerden sind vermeidbar
Denn das Problem ist: Mangelnde Bewegung und falsche Körperhaltung, etwa weil eine ordnungsgemäße Arbeitseinrichtung wie ein richtiger Bürostuhl fehlen, verursacht bei rund der Hälfte der Heimarbeiter (48 Prozent) körperliche Beschwerden.
Für Katharina Michael steht außer Frage: Schon leichtes Recken und Strecken, kurzes Aufstehen, den Blick aus dem Fenster in die Ferne schweifen lassen sowie eine kleine Runde ums Haus oder durch den Garten würden die ständig gleiche Haltung unterbrechen und uns aktivieren. „Ich empfehle ein mal pro Stunde eine Mini-Auszeit, um Energie zu tanken“, so Michael. Weil das aber viel zu wenige Menschen in ihren Alltag integrieren würde, hier fünf konkrete Übungstipps:
1. Augen entspannen
„Beim angespannten Blick auf den Bildschirm bewegen sich unsere Augen kaum“, weiß Michael, „statt zehn bis 15 Mal pro Minute schließen und öffnen wir die Lider nur ein bis zwei Mal.“ Das sei anstrengend, die Augen trockenen aus, würden rot und jucken. Ihr Tipp: Augengymnastik.
Dazu ein Auge mit einer Hand zuhalten, die andere Handfläche circa 25 Zentimeter vor dem Gesicht halten und dann abwechselnd die Hand fokussieren und in die Ferne Blicken. Das Ganze mit dem anderen Auge wiederholen. Um auch die Gesichtsmuskulatur zu entspannen, kann es helfen, anschließend abwechselnd Augen und Mund weit auf zu machen und wieder zu schließen. Das Gute ist ja, dass uns im Homeoffice keiner sieht, da müssen die Übungen nicht schön aussehen, nur gut tun!
2. Schultern und Nacken lockern
„Auch unsere Schultern und der Nacken sind am Schreibtisch in der ständig gleichen Haltung und neigen dazu zu versteifen und zu schmerzen“, sagt Katharina Michael, „deshalb sind kleine Oberkörperübungen besonders wichtig.“
Dazu Schultern zehn mal parallel nach vorne kreisen lassen, danach nach hinten kreisen lassen. Für die Nackenübung tief durchatmen, Schultern ganz entspannt lassen, die Augen schließen und das rechte Ohr zur rechten Schulter kippen lassen; über vorne den Kopf sanft zur anderen Seite kreisen und das linke Ohr zur linken Schulter kippen lassen. „Es darf knacken, das heißt, dass wir die versteiften Körperteile mobilisieren“, sagt sie.
3. Muskulatur der Beine stärken
„Die Deutschen sitzen im Schnitt siebeneinhalb Stunden täglich – das verkürzt die Beinmuskulatur und macht und unbeweglich“, warnt die Übungsleiterin, „deshalb sollten wir auch im Homeoffice stehend leichte Beinübungen machen.“
Dazu die Beine hüftbreit stellen und Kniebeugen machen – „das aktiviert Knie, Beine und Po“, so Michael. Um die Oberschenkelmuskeln zu dehnen anschließend das linke Bein mit dem linken Arm greifen und nach hinten halten, nach rund zwei Minuten dasselbe mit dem rechten Bein wiederholen.
4. Rücken strecken
„Rückenschmerzen sind die Volkskrankheit Nummer ein, deshalb ist es auch wichtig, die Rückenmuskeln fit zu halten“, sagt die Expertin.
Dazu stehend erst die Arme weit nach oben strecken und abwechselnd links und rechts nach oben greifen, dann die Arme weit nach links und rechts vom Körper weg strecken und abwechselnd greifen. Dann die Hüfte kreisen lassen, um den unteren Rückenbereich zu mobilisieren. Anschließend hüftbreit vor den Schreibtisch stellen und den Oberkörper in L-Form auf dem Schreibtisch ablegen – „das dehnt die hintere Muskelkette“.
Für Körper und Seele
Was immer gut tue: Ein Spaziergang im Grünen. „Dabei atmen wir nicht nur frische Luft, tanken das Sonnenvitamin D und bewegen uns, sondern bekommen auch den Kopf frei“, sagt Katharina Michael, „jenseits der virtuellen Computerwelt entdecken wir vorbeihuschende Eidechsen, sehen wunderschöne Wildblumenwiesen – das lässt uns für kurze Zeit den Alltag vergessen.“
Ob durch kleine Sportübungen oder einen Mini-Spaziergang, bei körperlicher Betätigung setzt der menschliche Körper Glückshormone frei – das hilft auch gegen Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Corona-Blues. Die gute Nachricht: „Auch zehn Minuten am Tag zählen, sind besser als keine Bewegung und für den inneren Schweinehund leicht umsetzbar“, sagt Katharina Michael, „aus meiner Erfahrung als Trainerin kann ich sagen, dass viele kleine Workouts mehr bringen, als ein langes, überanstrengtes. So werden Spaß und Motivation aufrecht erhalten – das gibt Glücksmomente statt Frust!“