Herr Mutzke, haben Sie heute Morgen schon Schnee geschippt?
Ja. Wir haben jetzt über einen Meter Schnee zuhause. Das ist wirklich unglaublich. Man kann keinen Schritt mehr aus dem Haus machen, wenn es nicht geräumt ist. Man steht bis zu den Oberschenkeln drin. Heute morgen saß ich schon um halb sieben im Pistenbully, denn seit zwei Wochen engagiere ich mich beim Loipenverein in Bernau. Wir halten die Wanderwege, Langlaufloipen und Rodelpisten für Kinder frei, damit die Menschen die Möglichkeit haben, sich hier im Schwarzwald die Beine
Sie leben mittlerweile in Todtmoos?
Ich lebe hier oben um den Schluchsee rum. Ich sage nicht genau, wo ich lebe, aber es ist in der Nähe von Todtmoos.
Warum haben Sie Ihrer Heimatstadt Waldshut-Tiengen den Rücken gekehrt?
Oh, das habe ich gar nicht. Den Rücken zukehren klingt, als gäbe es einen emotionalen Grund von dort wegzugehen, aber den gibt es überhaupt nicht. Ich bin ja in dem wunderschönen Dorf Krenkingen aufgewachsen, und das Dorfleben war immer mein Leben. Als meine Familie entstanden ist, habe ich gesagt, das Leben im Städtchen macht schon sehr viel Sinn. Und ich habe das Leben in Waldshut-Tiengen auch total genossen, weil alles fußläufig ist und weil die Kinder dort selbstverständlich zur Schule gehen können, weil man nicht für alles fahren muss. Das hat einen ganz großen Vorteil. Aber mir war damals schon klar, dass ich maximal ein Jahrzehnt in der Stadt leben will und dann möchte ich unbedingt wieder aufs Land. Weil das Haus meiner Kindheit in Krenkingen nicht mehr im Familienbesitz ist, musste ich mir was Eigenes suchen und wurde hier fündig.
Welchen Vorteil hat ihr neuer Wohnort noch – abgesehen davon, dass es ein Dorf ist?
Ich wollte immer über der Nebelgrenze wohnen. Leute, die beispielsweise in Berau, Ühlingen, Remetschwiel oder Grafenhausen wohnen, die haben einfach mindestens drei Sonnenwochen mehr im Jahr. Das ist richtig viel. Wenn mich jetzt Menschen besuchen, die mich lange kennen, sagen sie: Max, du lebst genau so, wie du es immer wolltest.
Sie sind seit vielen Jahren erfolgreich als Sänger und Musiker. Demnächst moderieren Sie Ihre erste eigene Fernsehsendung. Wie ist es dazu gekommen?
Ursprünglich bin ich als Sidekick (engl. für Begleiter einer Hauptfigur, Anm. d. Red.) angefragt worden. Es war geplant, dass ein Moderator oder eine Moderatorin die Gäste befragt und ich sollte nur die Songs singen. Die Pilotsendung ist dann durchs Raster gefallen. Die ARD wollte die Sendung aber unbedingt machen und hat mich gefragt, ob ich in der Sendung sowohl als Gastgeber als auch auch als Künstler auftrete. Ich habe zunächst abgelehnt, denn ich wollte nie Fernsehmoderation machen. Aber, ich muss dazu sagen, die haben so lange gedrängt und gesagt: „Komm‘, Max, wir glauben, du kannst das.“ Und dann habe ich mich überreden lassen und gesagt: Ok, ich probiere das. Im Nachhinein hat sich bestätigt, dass es genau das Richtige war. Die Sendung wurde zwar in der Corona-Zeit produziert, aber die Planungen liefen schon viel länger. Deshalb war ich dann ganz froh, dass in einer Zeit, in der ich mehr oder weniger arbeitslos war, die Sendung hatte. Und sie hat mir darüber hinaus enorm viel Spaß gemacht.
In der Sendung „Lebenslieder“ geht es um Musiktitel, die Ihre Gäste geprägt haben. Welcher Song hat Sie persönlich ganz besonders geprägt?
Mein wichtigstes Lebenslied ist der Soundtrack zu Pippi Langstrumpf (er summt die Melodie). Wenn ich das höre, geht mir das Herz auf. Es erinnert mich an meine Kindheit. Mein Leben ist eine Mischung aus Michel von Lönneberga und Pippi Langstrumpf. Meine Villa Kunterbunt stand in Krenkingen. Diesen ganzen Schabernack, den man als Junge auf dem Dorf macht, das ist total wie bei Michel von Lönneberga.
Ihre Gesprächspartner in den vorerst vier Folgen sind Annette Frier, Bülent Ceylan, Barbara Schöneberger und Daniel Hope. Haben Sie die Gäste selbst ausgesucht und wenn ja, warum gerade diese Gäste?
Ja, ich hatte zur Bedingung gemacht, dass die Gäste Freunde von mir sind. Bülent Ceylan, Annette Frier und Barbara Schöneberger sind alles Leute, die ich lange oder gut kenne oder beides. Bei denen ich weiß, dass ein großes Wohlwollen und Vertrauen auf beiden Seiten da ist, und deswegen war es auch möglich, sie persönlich anzurufen und zu fragen. Sie haben am Telefon auch gleich zugesagt, was mich sehr gefreut hat. Wen ich nicht kannte war Daniel Hope. Er ist einer der erfolgreichsten Geiger der Gegenwart, der von Kontinent zu Kontinent hüpft, wie andere innerhalb des Landkreises. Er ist einfach ein Weltstar. Er leitet das Zürcher Kammerorchester und das New Century Chamber Orchestra in San Francisco. Wir haben uns vor der Sendung privat getroffen, haben uns innerhalb von Sekunden verstanden und sind mittlerweile befreundet.
Die erste Folge läuft am 26. Januar. Können Sie schon etwas aus der Sendung verraten, womit die Zuschauer vielleicht nicht rechnen?
Ich kann sagen, dass die Zuschauer ein Format sehen, das es bislang nicht gibt, und dass sie die Leute, die sie da sehen, so noch nie gesehen haben.

Bülent Ceylan offenbart beispielsweise in der Sendung seine Liebe zu Schubert.
Genau. Das ist ein solcher Moment, der die Sendung ausmacht. Wir beide singen tatsächlich zusammen ein Opernstück von Schubert, und das ist etwas total Besonderes. Denn, mich haben Sie noch nie so singen gehört, aber Bülent Ceylan definitiv auch nicht.
Ein Großteil der Show wurde vor dem Teil-Lockdown unter Corona-Bedingungen in Berlin aufgenommen. Wie hat man sich das vorzustellen?
Die Bülent-Ceylan-Sendung haben wir vor Corona aufgenommen. Deswegen ist es auch ein bisschen verwirrend, dass Bülent und ich uns so oft umarmen oder anfassen. Die anderen drei Sendungen wurden in Corona-Zeiten produziert. Deshalb haben wir bei diesen Aufzeichnungen viel weniger Publikum im Studio. Die Begrüßung mit Umarmung ist natürlich weggefallen. Wir haben in der Show Corona aber nicht zum Thema gemacht. Weil wir wollten, dass die Sendung zeitlos ist und dass man sie in drei Jahren noch ausstrahlen kann. Wir haben auch nicht diese krüppeligen Zeremonien mit Faust oder Füße aneinander. Wir waren sehr vorsichtig. Die Menschen wurden zum Teil getestet. Und dann war es auch im Sommer. Da waren die Bestimmungen noch andere. Wir haben uns immer an die aktuellen sinnvollen und vorgegebenen Bestimmungen gehalten.
In Ihrer Sendung treten Sie mit Ihrer Band „monoPunk“ auf. Gab es dafür Präsenzproben oder proben Sie einzeln und schalten sich im Internet zusammen, wie es unter anderem die Stadtmusik Tiengen macht?
Nein, das gab es nicht. Denn da wir eh eineinhalb Wochen zusammen im Studio verbrachten, konnten wir uns direkt in den Proberaum begeben. Wir wurden außerdem vorher getestet. Wie gesagt, es war Sommer, damals gab es andere Bestimmungen. In unserer Branche wird Corona generell sehr ernst genommen. Das ist erstaunlich, weil unsere Branche mit Sicherheit am Härtesten betroffen ist. Weil wir die Ersten waren, die sozusagen schließen mussten. Ich war am 11. März mit dem WDR-Funkhausorchester auf Tour in Hamburg und wir wussten bis sieben Uhr abends nicht, ob wir die Zuschauer hineinlassen dürfen. Es war dann auch das letzte große Konzert in Hamburg. Danach wurde die komplette Tour deutschlandweit abgesagt. Wir sind auch die, die keine Kurzarbeit fordern dürfen. Und wir kriegen keine Unterstützung. Wir bekommen Novemberhilfen, die sehr schwer zu beantragen sind. Man muss dazu sagen, dass die Ausnahmeregelungen, die verhindern, das Geld zu bekommen, so vielfältig sind, dass ganz viele Menschen durchs Raster fallen. Viele Milliarden werden nicht abgeholt, weil die Künstler sie nicht beanspruchen dürfen. Viele Künstler fallen direkt auf Hartz 4. Das ist psychologisch eigentlich nicht zumutbar.
Wie verbringen Sie die Zeit während des Lockdowns?
Wir arbeiten zum einen am neuen Album. Zum anderen promoten wir die Sendung „Lebenslieder„. Das nimmt schon viel Zeit in Anspruch. Und den Rest genieße ich sehr mit meiner Familie. Ich liebe es, dass meine Kinder bei mir sind. Das Homeschooling funktioniert einigermaßen. Ich habe noch nie so viel Zeit mit meinen Kindern verbringen können. Das ist totaler Luxus. Und wie gesagt, ich engagiere mich jetzt ehrenamtlich im Loipenverein.
Sie haben als Schlagzeuger angefangen. Nutzen Sie die Zeit jetzt, um wieder mehr Schlagzeug zu spielen?
Nein, ich bin inzwischen so weit vom Schlagzeugspielen weg. Ich kann zwar noch einige Grooves spielen, aber die Fingerfertigkeit ist so weit zurückgegangen. Ich spiele mittlerweile mit den besten Schlagzeugern unseres Landes und Europas, dass es für mich wenig Inspiration gibt, selber Schlagzeug zu spielen. Ich bin auch einer, der zuhause wenig Musik macht.
Wann erscheint das neue Album?
Ich denke, im Sommer ist es soweit. Die Veröffentlichung der ersten Single wird im Frühjahr sein, und das Album kommt dann im Sommer heraus.

Sie haben vier Kinder und fünf Geschwister, sind also eine große Familie. Wie haben Sie die Weihnachtsfeiertage unter den Corona-Einschränkungen verbracht?
Das haben wir total entzerrt. Wir wären dieses Jahr 31 Leute gewesen, wenn alles normal gegangen wäre. Ich habe dann nur mit meiner Kernfamilie, also mit meinen Kindern, gefeiert. Meine Eltern, meine Geschwister sowie meine Tanten und Onkel haben jeweils separat gefeiert. Wir haben es sehr ernst genommen. Wir haben Mediziner in der Familie – mein Onkel ist Anästhesist in einer großen Klinik – und die sagen ganz klar: „Leute, das ist kein Spaß.“ Ich kann es auch nicht mehr hören, wenn mir gegenüber jemand sagt: „Das ist nur eine Grippe.“ Das ist für mich totaler Blödsinn. Ich finde es total schlimm, wenn man Videos aus Krankenhäusern sieht, wie junge und alte Leute an Sauerstoffgeräten hängen, mit Todesangst in den Betten liegen und nicht wissen, ob sie die Nacht überleben, und Leute dann sagen, das sei alles ein Fake. Vor solchen Leuten verliere ich den Respekt.
Ich höre aus Ihren Worten, dass Sie sich impfen lassen, sobald es möglich ist?
Selbstverständlich. Man lässt seine Kinder doch auch gegen Zeckenbisse impfen. Warum soll ich mich dann nicht gegen die gefährlichste Krankheit impfen lassen, die wir momentan haben? Ich kann es nur jedem ans Herz legen: Lasst euch impfen und gebt der Gesellschaft eine Chance. Und gebt den Musikern, Künstlern, Gastronomiebetrieben, Hotels und Schwimmbädern die Möglichkeit, dass die Menschen sich wieder versammeln dürfen. Das geht nur, wenn wir geimpft sind.
Restaurieren Sie immer noch ihren Oldtimer-Lastwagen oder ist er inzwischen fertig?
Der ist leider noch nicht fertig. Ich habe das die letzten zwei Jahre schleifen lassen. Das liegt unter anderem an meinem Umzug und weil ich sehr viel auf Tour war und weil ich sehr viel an meinem Haus selber gemacht habe, um letztendlich auch Kosten zu sparen. Deswegen habe ich nicht am LKW gearbeitet, aber das kommt auch wieder. Aber wann und wie, das weiß ich jetzt noch nicht.
Was machen Sie denn an Ihrem Haus selbst?
Ganz vieles. Ich habe gerade einen großen Holzschuppen gebaut. Ich mache alles selber – vom Dachbau bis zur Elektrik. Und wenn ich mal nicht weiter weiß, habe ich immer Freunde, die mir helfen. Ich baue auch Möbel selber und schweiße meine eigenen Regale zusammen.
Welche Schlagzeile würden Sie gerne einmal über sich in der Zeitung lesen?
Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn das Feuilleton die Besonderheit meiner Rolle bei „Lebenslieder„ genauso sehen würde wie ich. Sowas ist ja immer sehr subjektiv. Ich hoffe, dass die Sendung und meine Rolle darin von der Presse honoriert werden. Aber so eine richtige Schlagzeile formuliert will ich gar nicht.