Dreieinhalb Kilometer Regalfläche – so viele Akten aus dem Landratsamtgeschehen und historische Relikte aus Privatnachlässen und Gemeindearchiven lagern im Kreisarchiv in Albbruck. „Und jedes einzelne Blatt Papier, jede Akte und jedes Buch ging durch meine Hände“, sagt Cornel Hirth (64) ein wenig wehmütig. 33 Jahre lang war er der Kreisarchivar des Landkreises Waldshut. Zum 1. Dezember wird er sich nun endgültig in den Ruhestand verabschieden.

1991 entsteht das Kreisarchiv

Es war der 1. Juni 1991 als Hirth seinen ersten Arbeitstag antrat. Mit einer Änderung des Landesarchivgesetzes im Juli 1987 wurden Kreise und Gemeinden in Baden-Württemberg dazu verpflichtet, eigene Archive zu unterhalten. Und im Sommer 1991 war es in Albbruck so weit: „Dieses Gebäude bot vorher einer Recyclingfirma Platz und war von der Statik her so stabil, dass hier Hunderte Tonnen Papier gelagert werden können“, sagt Hirth.

Doch erst mal war hier ganz viel Platz: „Als ich hier ankam, war das komplette Kellergeschoss leer“, erinnert sich Cornel Hirth. Zuvor war er im Staatsarchiv in Freiburg, wo ein Großteil der Waldshuter Kreisakten bis dahin landete, für eben jene zuständig gewesen. „Als dann die Kreisarchivar-Stelle für Waldshut ausgeschrieben wurde, war es ein logischer Schritt, mich darauf zu bewerben“, sagt der Archivar, der in Mittelbaden aufgewachsen ist.

Mit der Eröffnung des Archivs wurden alle Akten aus Freiburg seit dem Jahr 1952 zurück in den Landkreis verfrachtet – und Cornel Hirth war der, der alles sortieren, bewerten, katalogisieren und archivieren durfte. „Mal mit Halbtagsunterstützung, aber ganz oft als Einzelkämpfer – wie das in Archiven eben so ist“, sagt er stolz.

Das Kreisarchiv in Albbruck

Über die Jahre kamen nach und nach Heimathistoriker, die ihre Sammlungen stifteten, Angehörige, die Nachlässe vorbeibrachten und unzählige Kisten und Stapel voller Akten aus verschiedenen Ämtern des Landratsamtes: „In Spitzenzeiten wurden auch mal 800 Umzugskartons voller Dokumente innerhalb von zwei Wochen geliefert“, sagt Hirth, „das hat mich dann erst mal drei Monate samt Wochenenden beschäftigt.“

Das Kreisarchiv verwahrt Dokumente, Urkunden, Akten, Bände, Karten, Pläne, Karteien, Datenträger, Bild- und Tongut.
Das Kreisarchiv verwahrt Dokumente, Urkunden, Akten, Bände, Karten, Pläne, Karteien, Datenträger, Bild- und Tongut. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Das Kreisarchiv war von Stunde Null an sein Archiv. Er war über drei Jahrzehnte Ansprechpartner Nummer Eins, wenn es um geschichtliche Recherchen ging – für Landratsamt-Angestellte, Forschende und Privatpersonen. Wie fühlt sich der Abschied an?

„Das Kreisarchiv ist schon ein Stück weit mein Lebenswerk, mein Baby – aber jetzt wird es das Baby meiner jungen, engagierten Nachfolgerin – sie wird das toll machen“, sagt Hirth. Im Ruhestand bleibt er Albbruck treu, möchte sich viel Zeit für seinen frisch geborenen Enkel nehmen und sich intensiver seinem Ehrenamt als Vorsitzender des Bundesverbandes Glaukom-Selbsthilfe widmen.

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Digitalisierung wird Herausforderung

Hirths Nachfolgerin ist die 29-jährige Carolin Weber. In Blumberg aufgewachsen absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten in ihrer Heimatstadt. „Danach hat es mich zufällig als Angestellte in das Kreisarchiv Konstanz verschlagen“, erinnert sie sich, „und weil ich schon immer geschichtsinteressiert war, hat mir die Arbeit richtig viel Spaß gemacht.“

Vom Archivwesen als Datenspeicher der Vergangenheit begeistert, entschied sie bald, an der Hochschule für Archivwissenschaften in Marburg zu studieren. Wie schon ihr Vorgänger vor mehr als 40 Jahren, lernte sie dort die Theorie, während sie in der Praxis im Landesarchiv im Stuttgart tätig war. Und mit dem Diplom in der Tasche machte sie sich auf Stellensuche. „In diesem Bereich herrscht Fachkräftemangel, man kann sich die Stellen quasi aussuchen“, sagt Weber. „Der Kreis Waldshut hat mich gereizt, weil er nicht allzu weit entfernt von meiner Heimat liegt, ich Bräuche und Mentalitäten der Menschen kenne und die Natur einfach wunderschön ist!“

Carolin Weber hat ihr Amt als neue Kreisarchivarin am 1. Oktober angetreten.
Carolin Weber hat ihr Amt als neue Kreisarchivarin am 1. Oktober angetreten. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Mittlerweile wohnt Weber in Waldshut und hat ihr Amt am 1. Oktober angetreten. Die ersten zwei Monate wurde sie von Cornel Hirth in seine heiligen Hallen der Geschichte eingewiesen. Und welche Herausforderungen warten auf die neue Kreisarchiv-Chefin? „Erst Mal ankommen, mich einfinden und dann Schritt für Schritt in den kommenden Jahren die Digitalisierung des Archivs angehen“, sagt sie, „das wird ein Riesenschritt für die Zukunft!“

Erste Ämter arbeiten bereits mit digitalen Akten

Weil mehr als 1000 Landratsamt-Mitarbeiter täglich Akten produzieren, wird das sicher eine Mammutaufgabe. Laut Landratsamt-Pressesprecherin Julia Fohmann-Gerber arbeiten erste Ämter bereits ausschließlich mit digitalen Akten, wie etwa das Amt für Wirtschaft und Mobilität, die Kommunalaufsicht, das Personalamt, das Versorgungsamt, das Ausländeramt. Und auch beim Jobcenter werden seit 2021 neue Akten ausschließlich digital angelegt. „Das schafft die Voraussetzungen dafür, irgendwann auch das Archiv und Register zu digitalisieren“, sagt Carolin Weber, „also warten viele spannende Aufgaben, auf die ich mich richtig freue!“

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