Es ist ein sonniger Frühlingstag. Bei einem Spaziergang kann man die ersten lila Leberblümchen am Wegesrand entdecken. Aber was ist das? Plötzlich liegt da ein türkis-blau bemalter Stein – ein weißer Sandstrand mit Palmen ist darauf zu erkennen. Auf der Rückseite prangt das Facebook-Logo und daneben steht „#Wandersteine – finden, freuen, posten“. Was hat es damit auf sich?

Corina Meier: Entspannender Ausgleich zum Job

Bemalt hat das kleine Kunstwerk Corina Meier (35) aus Hausen im kleinen Wiesental. „Vor circa vier Jahren habe ich begonnen, hobbymäßig Steine zu bemalen. Das ist ein entspannender Ausgleich zu meinem Job als Einzelhandelskauffrau“, sagt sie.

Was mit einer Hoffnungs-Steinschlange während der Corona-Pandemie in ihrem Dorf begonnen hat, ist heute ihre liebste Freizeitbeschäftigung. „Ich habe sicher schon zwischen 800 und 1000 Steine bemalt“, sagt sie und lacht. „Und irgendwann bin ich auf die Facebook-Gruppe Wandersteine aufmerksam geworden.“

Corina Meier aus dem Kleinen Wiesental verteilt ihre Steinkunstwerke in der Natur.
Corina Meier aus dem Kleinen Wiesental verteilt ihre Steinkunstwerke in der Natur. | Bild: Corina Meier/Privat

Das Prinzip: Kreative bemalen Steine nach Lust und Laune, verteilen sie in der Natur. Und Finder dürfen die Steine auf Facebook posten, behalten oder sie weiter wandern lassen. „Diese selbstlose Geste gibt mir ein gutes Gefühl“, sagt Maier, „außerdem wüsste ich gar nicht wohin mit meinen ganzen Steinen.“

Corina Meier aus dem Kleinen Wiesental verteilt ihre Steinkunstwerke in der Natur.
Corina Meier aus dem Kleinen Wiesental verteilt ihre Steinkunstwerke in der Natur. | Bild: Corina Meier/Privat

So könne sie mit Gute-Laune-Bildern und Mutmach-Botschaften Stammkunden, Freunden und auch völlig Fremden eine kleine Freude machen.

Diana Strohmeier hat immer Steine in der Jackentasche

Wenn man sich auf die Suche nach anderen Steinemalern am Hochrhein macht, wird man recht schnell fündig.

Diana Strohmeier aus Steinen im Landkreis Lörrach bemalt Steine mit Acrylfarben und verteilt diese in der Natur. Auf der Rückseite ...
Diana Strohmeier aus Steinen im Landkreis Lörrach bemalt Steine mit Acrylfarben und verteilt diese in der Natur. Auf der Rückseite verweist sie auf die Facebook-Gruppe #Wandersteine (Das Original), damit Finder die netten Gaben posten können. | Bild: Diana Strohmeier/Privat

Ebenfalls in der Wandersteine-Gruppe teilt zum Beispiel Diana Strohmeier (38) aus Steinen im Landkreis Lörrach ihre bunten Glücksbringer, die Schmetterlinge, Drachen oder zu Ostern lustige Hasen und bunte Eier zieren und auch regelmäßig von Findern auf Facebook gepostet werden.

Diana Strohmeier aus Steinen im Landkreis Lörrach bemalt Steine mit Acrylfarben und verteilt diese in der Natur. Auf der Rückseite ...
Diana Strohmeier aus Steinen im Landkreis Lörrach bemalt Steine mit Acrylfarben und verteilt diese in der Natur. Auf der Rückseite verweist sie auf die Facebook-Gruppe #Wandersteine (Das Original), damit Finder die netten Gaben posten können. | Bild: Diana Strohmeier/Privat

„Jedes gepostete Bild macht mich stolz“, sagt Strohmeier. Auch wenn in unserer Region noch nicht so viele Leute in den Gruppen in den Sozialen Netzwerken aktiv seinen.

Diana Strohmeier aus Steinen im Landkreis Lörrach bemalt Steine mit Acrylfarben und verteilt diese in der Natur. Auf der Rückseite ...
Diana Strohmeier aus Steinen im Landkreis Lörrach bemalt Steine mit Acrylfarben und verteilt diese in der Natur. Auf der Rückseite verweist sie auf die Facebook-Gruppe #Wandersteine (Das Original), damit Finder die netten Gaben posten können. | Bild: Diana Strohmeier/Privat

„Menschen ein Lächeln in Gesicht zu zaubern ist etwas sehr Schönes“, sagt die Malerin. Deshalb habe sie fast immer ein paar Marienkäfer-Steine in der Jackentasche. „So kann ich jederzeit spontan Trost und Zuversicht schenken.“ Und bei jedem Spaziergang in der schönen Natur zwischen Hochrhein und Südschwarzwald füllt sie ihren Rucksack mit neuen Rohmaterialien, die sie später bemalen kann.

Lya Brinkmann (9) hat Tipps für Steinemaler

Eine der jüngsten Steinemalerinnen der Region ist Lya Brinkmann (9) aus Waldshut. Schon mit vier Jahren hat sie angefangen, Steine mit Filzstiften zu bemalen: „Am liebsten ganz bunt, mit kleinen Mustern oder Regenbogen“, sagt die Viertklässlerin.

Lya Brinkmann (9) aus Waldshut bemalt gerne Steine mit Filzstiften. „Am liebsten ganz bunt“, sagt sie.
Lya Brinkmann (9) aus Waldshut bemalt gerne Steine mit Filzstiften. „Am liebsten ganz bunt“, sagt sie. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Mit Sozialen Medien hat sie noch nichts am Hut, verteilt die kleinen Kunstwerke aber trotzdem gerne an Familie, Freunde oder am Wegesrand auf dem Aarberg. „Weil ich anderen gerne damit eine Freude mache und es richtig viel Spaß macht zu malen“, sagt sie.

Lya Brinkmann (9) aus Waldshut bemalt gerne Steine mit Filzstiften. „Am liebsten ganz bunt“, sagt sie.
Lya Brinkmann (9) aus Waldshut bemalt gerne Steine mit Filzstiften. „Am liebsten ganz bunt“, sagt sie. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Und sie hat auch einen Tipp für Neu-Steinemaler: „Möglichst flach und glatt müssen die Steine sein, damit man gut darauf malen kann.“ Im Wald, an Flussufern oder auf Baustellen wird die Steinemalerin fündig.

Ramone Griesser häkelt bunte Würmchen gegen Sorgen

Ein in Deutschland noch recht neuer Trend, der wohl aus England zu uns herübergeschwappt sein soll, sind sogenannte Glücks- oder Sorgenwürmchen (Englisch: Worry Worms). Bunte Wollwürmchen wurden in Großbritannien wohl während der Corona-Zeit an Kinder verteilt, sollten Sorgen aufsaugen und glücklich machen.

Ramona Griesser (61) aus Klettgau-Weisweil häkelt und strickt schon seit ihrer Kindheit und hat diesen Trend auch an den Hochrhein gebracht: „Ich habe die Würmli im Internet gesehen und fand die Idee toll“, sagt sie. Also hat sie im vergangenen Jahr losgehäkelt.

Bunte Glücklichmacher: Ramona Griesser aus Klettgau-Weisweil hat schon hunderte „Glückswürmli“ gehäkelt, die sie im ...
Bunte Glücklichmacher: Ramona Griesser aus Klettgau-Weisweil hat schon hunderte „Glückswürmli“ gehäkelt, die sie im Krankenhaus in Waldshut an Patienten verschenkt. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Weil sie als Reinigungskraft im Klinikum Hochrhein in Waldshut putzt, war es naheliegend, dass sie ihre „Glückswürmli“ an Pfleger, Schwestern und Patienten verteilt. „Man bekommt so viel Leid im Krankenhaus mit – es war mir eine echte Herzensangelegenheit, den Menschen mit dieser kleinen Geste Ängste und Sorgen zu nehmen und ein Lächeln zu entlocken.“

Ihre Würmli sind nicht nur kunterbunt, tragen Hüte und Schleifen und Perlen mit den unterschiedlichsten Gesichtsausdrücken – sie kommen auch mit einer von Hand geschriebenen Botschaft bei ihren Empfängern an:

„Mein Mann schneidet mir die Karten zurecht. Und jeden Sonntag schreibe ich Briefchen, die Mut machen sollen“, erklärt die 61-Jährige. Zu lesen ist darauf zum Beispiel: „Ich bin ein kleiner Wurm, begleite Dich stets bei Regen und Sturm“ oder „Lass uns den Weg gemeinsam gehen, denn ich werde Dir immer zur Seite stehen“.

Bunte Glücklichmacher: Ramona Griesser aus Klettgau-Weisweil hat schon hunderte „Glückswürmli“ gehäkelt, die sie im ...
Bunte Glücklichmacher: Ramona Griesser aus Klettgau-Weisweil hat schon hunderte „Glückswürmli“ gehäkelt, die sie im Krankenhaus in Waldshut an Patienten verschenkt. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Viele Freunde und Bekannte würden ihr mittlerweile dazu raten, die Glückswürmli zu verkaufen. „Aber das will ich nicht. Die strahlenden Gesichter und die Dankbarkeit der Beschenkten sind einfach unbezahlbar!“ Ihre nächste Idee: „Glücks-Schnecken – die habe ich im Internet gesehen und möchte ich jetzt mal ausprobieren!“

Darum macht schenken glücklich

Wissenschaftler der Universitäten Zürich und Lübeck fanden 2023 in einer MRT-Studie heraus, dass unsere Gehirnaktivität zunimmt und das Belohnungssystem anspringt, wenn wir schenken. Das heißt: Schenken macht nicht nur den Beschenkten glücklich, sondern trägt auch messbar zum Wohlbefinden und Glücksempfinden des Schenkenden bei.

Ob nun ein bunt bemalter Stein, ein mit Zeit und Liebe gehäkelter Wollwurm oder ein nettes Kompliment an der Supermarkt-Kasse an einen völlig fremden Menschen – das alles kann also allen beteiligten Freude schenken. Schon der römische Dichter Ovid wusste: „Welches auch die Gaben sein mögen, mit denen du erfreuen kannst, erfreue!“

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