Wegen Körperverletzung in mehreren Fällen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte musste sich ein heute 22-Jähriger Ende Februar dem Amtsgericht St. Blasien verantworten. Am ersten Tag standen die Körperverletzungen im Mittelpunkt, am zweiten Verhandlungstag sollte es um die Widerstandshandlungen gehen. Insoweit wurde das Verfahren jedoch eingestellt. Richterin Susanne Lämmlin-Daun verwarnte den Angeklagten, er muss 600 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen.
Bei der Hoorige Mess‘, der Tiengener Straßenfasnacht, war es vor zwei Jahren zu einem Zwischenfall gekommen, bei dem der Angeklagte seine Ex-Freundin gepackt und gewürgt, zwei weitere Frauen geschlagen oder getreten haben soll. Die am ersten Verhandlungstag vernommenen Zeugen berichteten teilweise, dass der Angeklagte seine Ex-Freundin am Hals gepackt habe, von Würgen wollte aber niemand sprechen. Ein Schlag ins Gesicht der einen Zeugin und ein Tritt in den Unterleib einer anderen wurden bestätigt .
Zeugin: Angeklagter war sehr aggressiv
Bevor die Widerstandshandlungen zur Sprache kamen, wurde eine weitere Zeugin zu den Vorwürfen der Körperverletzung gehört, sie hatte sich am ersten Verhandlungstag entschuldigt. Sie sagte, der Angeklagte sei sehr aggressiv im Umgang mit seiner Ex-Freundin und den Personen gewesen, die ihr zu Hilfe gekommen waren. Sie selbst sei dazwischen gegangen und habe im Gerangel einen Schlag an die Lippe bekommen. Ihre Cousine, die einen Tritt in den Unterleib abgekommen habe, erzählte ihr später, der Angeklagte habe seine Ex-Freundin am Hals gepackt, aber nicht gewürgt.
Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung sollten die Widerstandshandlungen des Angeklagten zur Sprache kommen. Dazu kam es jedoch nicht, denn auf Antrag von Amtsanwältin Natalie Basler stellte Richterin Lämmlin-Daun das Verfahren zu diesem Vorwurf ein.
Die Einstellung sei erfolgt, da die zu erwartende Strafe nicht ins Gewicht falle, erklärte sie auf Frage des Angeklagten. Im Jugendrecht, das vorliegend zur Anwendung komme, würde nicht für jede einzelne Handlung eine Strafe verhängt, sondern das Geschehen als ein Sachverhalt mit nur einer Strafe behandelt.
Verletzungen in Kauf genommen
Amtsanwältin Basler sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte die ehemalige Freundin an den Armen gepackt, aber nicht gewürgt, um sich geschlagen und getreten und dabei eine Frau an der Lippe getroffen und einer anderen in den Unterleib getreten habe. Es habe sich zwar nicht um gezielte Schläge und Tritte gehandelt, aber durch das Um-sich-schlagen und -treten habe er die Verletzungen in Kauf genommen. Aufgrund der Situation seien die Zeugen zum Eingreifen berechtigt gewesen.
Eine Lage, die die Zeuginnen zur Nothilfe berechtigt hätte, sah Verteidiger Mandic als nicht gegeben an. Die Ex-Freundin seines Mandanten habe den Eingreifenden ausdrücklich erklärt, es sei alles gut, die Zeuginnen hätten die Sache zunächst aufklären müssen mit dem Ergebnis, dass ein Eingreifen nicht erforderlich sei. Der Angeklagte habe daher in Notwehr gehandelt und sei das eigentliche Opfer.
Durch eine Verurteilung würde das Vertrauen des jungen Mannes in den Rechtsstaat massiv beeinträchtigt werden, sagte der Verteidiger. Bei der Kostenfrage müsse berücksichtigt werden, dass ein Großteil der Vorwürfe eingestellt worden sei, so der Verteidiger weiter, seinem Mandanten könnten im Falle der Verurteilung nicht die gesamten Verfahrenskosten auferlegt werden.
Verwarnung für den Angeklagten
Eine Notwehrsituation des Angeklagten sah Richterin Lämmlin-Daun nicht. Der Angeklagte habe selbst erklärt, für die Zeugen hätte es so aussehen können, als habe er seine Ex-Freundin gewürgt, so die Richterin in der Urteilsbegründung, deren Eingreifen sei nicht falsch gewesen. Wenn man sich gegen neutrale Streitschlichter wehre, müsse man damit rechnen, dass andere verletzt würden.
Richterin Lämmlin-Daun verwarnte den angeklagten jungen Mann, er muss 600 Euro an den Verein Frauen für Frauen zahlen. Außerdem muss der 22-Jährige die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Es könne nur eine einheitliche Kostenentscheidung geben, erklärte sie an Verteidiger Mandic gewandt. Der sah das jedoch anders und kündigte daher Berufung an.