Dass die Corona-Krise auch die Zahnärzte vor erhebliche Herausforderungen stellt und zu Einschränkungen im Behandlungsangebot, ist kein Geheimnis. Gerade kleinere Praxen haben Sprechstundenzeiten teilweise drastisch reduziert, auch Kurzarbeit ist im Praxisbetrieb längst Realität. Zwischenzeitlich ist sogar per Anordnung der Landesregierung vom 9. April nur noch die Behandlung von Notfällen erlaubt. Und nach der Grenzschließung ist für die Praxen entlang des Hochrheins ein wichtiges wirtschaftliches Standbein weggefallen.

Die Rahmenbedingungen sind aktuell also alles andere als einfach, wie eine Umfrage bei Praxen in der Region zeigt. Doch ungebrochen ist die Bereitschaft, für Patienten da zu sein und ihnen die bestmögliche Versorgung zu bieten.

„Als Zahnärzte haben wir auch in Krisenzeiten einen Versorgungsauftrag. Diesen nehmen wir so lange wahr, bis uns der Betrieb der Praxis per Dekret untersagt wird“, schildert Matthäus Marques Hager, Leitender Zahnarzt der Clinius Zahnärzte in Rheinfelden. Und dass dies geschehe, glaubt weder er, noch seine Kollegen Andreas Dorow, Chefarzt und ärztlicher Direktor der Dorow Clinic, und Hans Hugo Wilms von der Zahnarztpraxis Wilms und Knecht in Laufenburg. Der Vorsitzende der Kreiszahnärztevereinigung Waldshut, Martin Jablonka, möchte sich dagegen zur aktuellen Situation und den damit verbundenen Herausforderungen für die Zahnmediziner nicht äußern.

Andreas Dorow: Chance für neue Angebote

„Wir haben uns anfangs bewusst eine Pause zur Orientierung genommen“, schildert Andreas Dorow, dessen Dorow-Clinic an drei Standorten in den Landkreisen Waldshut und Lörrach vertreten ist. Wichtig sei es in dieser Phase gewesen, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen für Mitarbeiter und Patienten umzusetzen.

Dazu zählen auch neue Angebote wie Video-Sprechstunden, so Dorow: „Beratungsgespräche, egal ob für Schönheitsoperationen oder geplante Zahnbehandlungen, lassen sich ohne weiteres auf diesem Weg durchführen.“ Es ließen sich gezielte Vorbereitungen treffen und Fragen klären, so dass der Patient wirklich nur noch zur eigentlichen Behandlung in die Praxis kommen müsse.

Ansonsten gelte die Devise, dass begonnene Behandlungen in der jetzigen Situation abgeschlossen werden. Ansonsten werden nur Schmerzpatienten und Notfälle behandelt. „Wir behandeln zum Beispiel grundsätzlich mit Gesichtsvisier und Mundschutz, um jegliche Gefahr von Tröpfcheninfektion zu vermeiden“, schildert Dorow. Zudem habe die Dorow-Clinic allenthalben reichlich Platz, so dass sich die Vorgaben im Hinblick auf räumliche Trennung und Abstandsregelungen problemlos umsetzen lassen.

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Was die Ausstattung mit Schutzausrüstung anbelangt, befinde sich die Dorow-Clinic auf einem guten Stand: „Wir haben uns frühzeitig um Materialbeschaffung gekümmert“, schildert Dorow. Dass sich die Dorow-Clinic zusammen mit ihren Partnerpraxen einen eigenen kleinen Verbund bilde, biete bei der Nachschubbeschaffung gewisse Vorteile.

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Unterm Strich biete die Krise aus Andreas Dorows Sicht durchaus auch Chancen, neue Erfahrungen zu sammeln und beispielhafte Möglichkeiten auszuprobieren: „Sicherlich sind auch Aspekte dabei, die sich in normalen Zeiten fortsetzen lassen.“

Hans Hugo Wilms: „Kein Patient muss Angst haben“

Auch in Krisenzeiten gelte der Grundsatz, dass jeder Patient behandelt werde, der eine Behandlung benötige. Das stellt der in Laufenburg praktizierende Zahnarzt Hans Hugo Wilms ohne Umschweife klar. Dies sei auch eine Entscheidung, die die Zahnärzte der Praxis Wilms und Knecht in enger Abstimmung mit dem gesamten Team getroffen haben, so Wilms weiter.

Denn: „Die hygienischen Standards in einer Zahnarztpraxis sind in der Regel so hoch, dass sie im Grunde mit einem Krankenhaus-OP vergleichbar sind“, so Wilms. Das gelte im Übrigen immer, nicht nur in Zeiten einer Pandemie. Insofern müsse kein Patient Angst vor einem Zahnarztbesuch haben.

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Und dennoch bringt die aktuelle Corona-Pandemie erhebliche Beeinträchtigungen des Praxisbetriebs mit sich. Die Sprechstundenzeiten wurden um 40 Prozent reduziert, Patienten seien extrem verunsichert, das Behandlungsspektrum beschränkte sich bereits vor der Verschärfung der Richtlinien durch das Land weitestgehend auf Notfälle.

Für zusätzliche Herausforderungen sorge die Knappheit an Schutzmaterial: „Die Kassenzahnärztliche Vereinigung und die Landeszahnärztekammer bemühen sich zwar um die Beschaffung von Schutzausrüstung“, so Wilms. Allerdings gebe es zwischenzeitlich eine Priorisierung bei der Verteilung der knappen Güter, wobei verständlicherweise Krankenhäuser den Vorzug erhielten.

Wie viele anderer seiner Kollegen habe auch die Praxis Wilms und Knecht inzwischen Kurzarbeit angezeigt: „Dennoch können wir den Betrieb gut gewährleisten und die Einnahmeausfälle sind noch einigermaßen im Rahmen.“

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Matthäus Marques Hager: Notfalls auch Sicherheitsdienste einsetzen

Der Schutz der Mitarbeiter wie auch des Personals habe in der aktuellen Situation oberste Priorität. Aber das gelte im Grunde immer, nicht nur in Zeiten einer Pandemie, betont Matthäus Marques Hager, Leitender Zahnarzt der Clinius Zahnärzte Rheinfelden: „Abgesehen von der jetzt akuten Gefahr, haben wir es ja immer wieder mit Patienten zu tun, die möglicherweise ansteckende Krankheiten oder Infektionen haben.“ Auch diese müssten natürlich behandelt werden, zumal: „Ein Zahnarztbesuch erfolgt in der Regel immer aus medizinischen Gründen. Und im Zweifel kann auch eine nicht erfolgte Behandlung gefährlich sein.“

Entsprechend seien Hygienevorkehrungen in einer Zahnarztpraxis generell hoch. Spezielle Schutzmasken gehören ebenso zum Standard wie starke Absauganlagen, die gewährleisten sollen, dass beim Einsatz von Aerosolen keine Krankheitserreger übertragen werden.

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Generell sei aber eine große Verunsicherung bei den Patienten feststellbar, schildert Hager. Das habe auch damit zu tun, dass augenscheinlich immer mehr Zahnarztpraxen ihren Betrieb einstellen oder Sommerurlaube vorziehen. Daraus resultiere ein erheblicher Behandlungsstau, und möglicherweise erhebliche Probleme für die Praxen, die weiterarbeiten: „Es steht durchaus zu befürchten, dass sich eine Bugwelle bildet, die sich dann bei einem Notdienst oder am Wochenende zum Tragen kommt.“

Im Fall der Clinius Zahnärzte führe das unter anderem dazu, dass sie sich für den regulären Notdienst am Wochenende speziell vorbereitet, um für einen Patientenansturm gewappnet zu sein. Dabei komme auch in Betracht, einen Sicherheitsdienst zu beauftragen, der den Zugang zu den Praxisräumen reglementiert, und zugleich dafür sorgt, dass auch etwaige Wartende vor der Tür die geltenden Abstandsvorgaben einhalten.

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Aber neben dem Schutz der Patienten sei jeder Zahnarzt auch verpflichtet, für den Schutz seines Personals zu sorgen. Das tun die meisten Praxen, indem sie schon vor Zutritt von Patienten die Einhaltung der standardmäßigen Sicherheitsmaßnahmen einfordern – von der Handdesinfektion bis zum Ausfüllen eines speziellen Fragebogens.

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Unterm Strich bewähren sich die Maßnahmen relativ gut, sagen die Zahnärzte. Allerdings bringen die Corona-bedingten Einschränkungen für die Praxen durchaus wirtschaftliche Herausforderungen mit sich. Bislang ließen sich die Einnahmeausfälle durchaus kompensieren und aushalten.

Wie lange die Praxen die aktuelle Krisensituation unbeschadet überstehen können, lasse sich dagegen schwer vorhersagen, denn es sei ja nicht absehbar, wann wieder zu einem Normalbetrieb übegegangen werden könne.

Insofern sei es rundheraus unverständlich, warum ausgerechnet Zahnärzte bei allen beschlossenen Hilfspaketen vergessen wurden, kritisiert Hans Hugo Wilms: „Wir sind ebenso wie Hausärzte als systemrelevant eingestuft worden und halten die Versorgung der Bevölkerung aufrecht.“ Insofern müssten auch Zahnärzte Zugang zu einem Rettungsschirm haben. In diesem Punkt müsse die Politik dringend nachbessern.

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So läuft die Notdienstregelung bei der zahnmedizinischen Versorgung

Grundsätzlich gilt: Kein Zahnarzt darf einfach ohne Vorwarnung und vor allem ohne Benennung einer anderen Praxis, die für Patienten als Ansprechpartner zur Verfügung steht, seine Praxis schließen, wie Florian Wahl, Pressesprecher der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) Baden-Württemberg, betont. „Wer seine Praxis schließt, muss vom ersten Tag an einen Notdienst organisieren“, so Wahl.

Wer die Vertretung übernimmt, ist in der Regel auf eine Bandansage der Praxis vermerkt, oder über die Internetseite der KZV abrufbar.

Bleibe die Praxis länger als eine Woche geschlossen, müsse eine offizielle Meldung an die KZV erfolgen. Tut dies ein Zahnarzt nicht, erfolge eine Untersuchung, an deren Ende möglicherweise empfindliche Konsequenzen stehen.